Sintflut
stamme aus einem ungarischen Adelsgeschlecht.«
»Sie sind also nicht hier gebürtig?«
»Nein, Panna. – Ich stamme aus der Ukraina und besitze dort ein kleines Gut, das aber jetzt vom Feinde besetzt ist. Von Kind auf, kann ich behaupten, diene ich dem Heere. Meine eigenen Angelegenheiten interessieren mich bei weitem nicht so als die öffentlichen.«
»Ach, wenn doch alle Ihnen glichen!« seufzte die Panna.
»Sie denken wohl an jenen Elenden, der es wagte, Hand an Sie zu legen, Panna?«
Panna Alexandra senkte die Augen und antwortete mit keiner Silbe.
»Nun, er hat seinen Lohn erhalten,« fuhr Wolodyjowski fort. – »Man erzählt zwar, es ginge ihm besser, aber der gerechten Strafe wird er nicht entgehen. – Man sagt auch, er sei zum Feinde übergetreten, um von ihm Hilfe für seine Sache zu holen; doch das ist Unsinn, barer Unsinn. Die Leute, mit denen er Sie überfiel, hat er einfach von der Straße aufgelesen.«
»Woher wissen Sie das?« fragte Alexandra lebhaft und sah mit ihren blauen Augen Wolodyjowski an.
»Einer seiner Leute, die damals in die Gefangenschaft abgeführt worden sind, hat es mir erzählt. Ein merkwürdiger Mensch ist er doch, dieser Kmicic! – Und was für einen unbändigen Stolz er besitzt, Er hielt es unter seiner Würde, sich auf mein Wort »Verräter« zu verteidigen.«
»Und haben Sie auch den anderen erzählt, daß er kein Verräter ist?«
»Nein, das tat ich nicht, weil ich es bisher selbst nicht wußte. Aber ich werde es jetzt tun; auch dem schlimmsten Feinde darf man ungerecht solchen Schimpf nicht antun!«
Alexandras Augen sahen zum zweitenmal auf den kleinen Ritter mit einem unverkennbaren Ausdruck der Sympathie und Dankbarkeit.
»Was für ein ehrlicher, guter Mensch Sie sind!«
Pan Wolodyjowski wurde dadurch von neuem ermuntert. »Zur Sache, Michail,« sagte er zu sich selbst, und dann begann er laut:
»Ich muß Ihnen noch mehr gestehen, Panna. – Ich zolle Kmicic' Handlungsweise keinen Beifall: aber ich finde es begreiflich, daß er so danach strebte, Sie zu besitzen, Sie, in deren Gegenwart alle Reize der Welt verblassen. Die Verzweiflung trieb ihn zu dieser Tat, und sie wird ihn wieder dazu bringen, wenn die Verhältnisse günstiger liegen. – Und dann – wie können Sie mit Ihrer Schönheit einsam und ohne Schutz bleiben? – In der Welt gibt es viele Kmicic'. Sie, Panna, werden viele Herzen entzünden, Sie werden vielen Gefahren ausgesetzt sein. Gott helfe mir, Sie vor diesen Gefahren zu retten. Aber die Kriegstrompete kann mich stündlich ins Feld rufen, und wer will Sie dann hüten? O, Panna! Man sagt uns Soldaten nach, daß wir unbeständig sind; aber es ist nicht wahr, Panna. – Mein Herz ist nicht von Stein; es konnte nicht still bleiben beim Anblick all Ihrer Schönheit!«
Pan Wolodyjowski fiel vor Alexandra in die Knie.
»O, Panna!« rief er, »ich habe das Banner nach Ihres Großvaters Tode geerbt, lassen Sie mich auch seine Enkelin besitzen. Schenken Sie mir die schöne Pflicht, Sie zu behüten und zu beschützen, und Sie werden unbesorgt und glücklich leben. Selbst wenn ich in den Krieg ziehe, so wird Ihnen mein Name schon genügend Schutz geben.«
Alexandra sprang von ihrem Platze auf und hörte verständnislos der Rede Pan Wolodyjowskis zu. Er aber fuhr fort:
»Ich bin nur ein armer Soldat; aber ein Edelmann. Und ich schwöre Ihnen, Sie werden weder in meinem Wappen noch auf meinem Namen je einen Fleck finden. Es ist vielleicht nicht recht, daß ich Sie jetzt schon bestürme; – aber Sie wissen, mich ruft das Vaterland, und ich darf es selbst Ihretwegen nicht im Stiche lassen. Geben Sie mir nur eine kleine Hoffnung; – sagen Sie mir wenigstens ein gutes Wort!«
»Sie fordern Unmögliches von mir! – Mein Gott! – Niemals, – niemals kann das geschehen!« antwortete die ganz verwirrt gewordene Panna.
»Von Ihnen allein hängt doch alles ab!«
»Und deshalb sage ich Ihnen auch: »Nein!«
Alexandra runzelte die Brauen und fuhr fort:
»Pan Wolodyjowski, ich weiß, ich bin Ihnen sehr verpflichtet – ich verstehe das wohl. – Verlangen Sie von mir alles, was Sie wollen, – nur nicht meine Hand!«
Wolodyjowski stand auf.
»Sie wollen also meinen Antrag nicht annehmen?«
»Ich kann nicht.«
»Panna, ist das Ihr letztes Wort?«
»So ist es; mein letztes, entschiedenes Wort.«
»Vielleicht mißfällt es Ihnen, daß ich mir meinen Lohn so schnell einfordere? – Lassen Sie mir doch eine Hoffnung!«
»Pan Wolodyjowski, – ich
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