Sintflut
noch das Bett hütete, ging seiner Herstellung entgegen.
Pan Kmicic erkannte Wolodyjowski sofort bei seinem Eintreten. Er erblaßte unwillkürlich und griff mit seiner abgemagerten Hand zum Säbel, der über seinem Bette hing, dann zog er sie schnell wieder zurück und streckte sie seinem Gaste entgegen.
»Ich danke Ihnen für Ihren Besuch,« sagte er.
»Ich komme her, um zu fragen, ob Sie mir noch zürnen?« erwiderte Pan Michail.
»Keineswegs, – denn ich bin nicht vom ersten besten besiegt, mich hat ein Fechtmeister reinsten Wassers geschlagen. Kaum bin ich am Leben geblieben.«
»Und wie steht es jetzt mit Ihrer Gesundheit?«
»Sie wundern sich wohl, daß ich nach Ihrer Bewirtung noch lebe? – Ich wundere mich selbst darüber.« Pan Kmicic lächelte. »Nun, Ihre Sache ist noch nicht verloren, Sie können Ihr Werk, wenn es Ihnen beliebt, zu Ende führen.«
»Mit dieser Absicht bin ich nicht hierher gekommen.«
»Wahrhaftig, ich glaube, Sie haben Ihre Seele dem Teufel verschrieben oder besitzen sonst irgend welchen Talisman,« unterbrach ihn Kmicic. – »Bei Gott, ich bin kein Prahlhans, aber bisher glaubte ich immer, ich sei, wenn nicht der erste, so doch der zweite Fechtmeister in der Republik. Und jetzt –, ich hätte nicht 'mal Ihren ersten Hieb parieren können, wenn Sie es gewollt hätten. – Wo haben Sie denn das gelernt?« »Einesteils durch meine natürlichen Anlagen, dann aber spornte mich mein Vater dazu an. Er sagte: »Gott hat dich durch den kleinen Wuchs benachteiligt, die Welt wird sich über dich lustig machen, wenn du sie nicht zwingst, dich zu fürchten.« Nachher, als ich beim Wojewoden diente, habe ich mich noch in der Kunst vervollkommnet. Dort gab es Leute, die es getrost mit mir aufnehmen konnten.«
»Konnte es solche geben?«
»Ja, gewiß. – Ein Herr Podbipienta, ein Litauer Adliger, der bei Zbaraz gefallen ist. – Gott gebe seiner Seele Ruhe! – Das war ein Mann von Hünenkraft. Dann war noch ein Skrzetuski, mein Freund, von dem Sie wohl schon gehört haben?«
»Natürlich! Er schlich sich aus Zbaraz mitten durch das Heer der Kosaken. – Wer sollte von ihm nicht gehört haben! – Diese Herren also waren Ihre Kameraden! – Sie selbst waren Wohl auch in Zbaraz? Meine Hochachtung! Ach ja! Ich habe von Ihnen auch schon durch den Wilnaer Wojewoden gehört. – Ihr Vorname ist doch Michail? Nun, von so einem eins über den Kopf zu kriegen, das ist keine Schmach. – Ich möchte wohl Ihre Freundschaft gewinnen. Aber Sie haben mich Verräter genannt, doch hatten Sie unrecht damit.« – Kmicic runzelte die Brauen, als wenn seine Wunde ihn von neuem schmerzte.
»Ich gestehe, ich habe mich geirrt,« erwiderte Wolodyjowski, »aber ich erfahre dies nicht erst jetzt, Ihre Leute haben mir das selbst schon gesagt. Sie müssen wissen, sonst wäre ich nicht hierher gekommen.«
»Und wie hat man mich verleumdet!« sagte Kmicic bitter. »Mag sein, mehr als eine Sünde bedrückt mein Gewissen; aber bedenken Sie, wie hat man mich hier empfangen?«
»Am meisten haben Sie sich durch das Inbrandstecken von Wolmontowicze und durch die Entführung der Panna geschadet.«
»Dafür droht man mir schon mit Prozessen. Bei mir liegen schon einige Gerichtsvorladungen. Es ist wahr, ich habe Wolmontowicze niedergebrannt, auch Menschen sind dabei umgekommen; aber Gott möge mich richten, wenn ich das aus Blutgier getan habe! – In der Nacht vor dem Brande habe ich mir zugeschworen, mit allen in Eintracht zu leben, die hiesige Schlachta für mich zu gewinnen, ich wollte mich sogar mit den Leuten von Upita aussöhnen, denn denen habe ich wirklich unrecht getan.– Ich kehre nach Hause zurück, und was finde ich da? Meine Kameraden alle tot, abgeschlachtet wie Vieh! Als ich erfuhr, daß es die Butryms getan hatten, erfaßte mich blinde Wut, der Teufel nahm mich in seine Krallen, – und ich nahm furchtbare Rache! – Und wissen Sie auch, warum man sie ermordet hat? Ich habe es später erfahren. Weil sie in der Schenke mit den Frauen der Edelleute tanzen wollten. Wer an meiner Stelle hätte da nicht Rache genommen!«
»Pan Kmicic,« erwiderte Wolodyiowski, »ich muß zugeben, an Ihren Kameraden hat man schlecht gehandelt; aber die Schuld an allem liegt in dem schlechten Ruf, den Sie aus weiter Ferne mit hierher brachten.«
»Diese Unglücklichen!« fuhr Kmicic, hingerissen von seinen Erinnerungen, fort, »als ich im Fieber lag, kamen sie alle Abende zu mir, – da aus jener Tür. Sie stellten sich um
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