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Sintflut

Sintflut

Titel: Sintflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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mein Bett, blau, blutüberströmt, stöhnend: »Laß für unsere armen Seelen beten; wir leiden große Pein!« Glauben Sie mir, das Haar stand mir zu Berge bei ihrem Anblick. – Was die Entführung des Fräuleins anbetrifft, so wissen Sie wohl nicht, daß sie mir das Leben rettete, als sie mich vor der mich verfolgenden Schlachta versteckte. – Dann aber hieß sie mich fortgehen mit dem Befehle, nie wieder unter ihre Augen zu kommen. – Was blieb mir da zu tun übrig?«
    »Trotzalledem haben sie gehandelt wie ein Tatar.«
    »Sie sprechen, als wüßten Sie nicht, was Liebe heißt, und bis zu welchem Grade von Verzweiflung man kommen kann, wenn man sein teuerstes Wesen verliert.«
    »Ich weiß nicht, was Liebe heißt!« brauste Wolodyjowski auf. »Seitdem ich einen Säbel zu tragen begann, war ich immer verliebt. – Leider in sehr viele, das ist wahr; denn meine Liebe wurde nie erwidert.«
    »Eine schöne Liebe, die immerzu die Person wechselt,« warf Kmicic ein.
    »Ich werde Ihnen 'mal erzählen, was ich mit meinen eigenen Augen gesehen habe. – Es war zu Anfang des Aufstandes von Chmielnicki, da entführte Bohun, derselbe, der nach Chmielnicki den größten Einfluß unter den Kosaken hatte, Skrzetuskis Braut, die junge Fürstin Kurcewicz. Sie müssen wissen, was das für eine Liebe zwischen den beiden war. Skrzetuski war verzweifelt, die ganze Armee wurde angesichts seiner Verzweiflung mit fortgerissen. Skrzetuski ergraute vor Gram in seinem siebenundzwanzigsten Lebensjahre. – Und wissen Sie, was er tat?«
    »Woher soll ich das wissen?
    »Weil das Vaterland in Not war, weil Chmielnicki triumphierte, verzichtete er darauf, das Mädchen zu suchen. Er brachte seine Liebe dem Vaterlande zum Opfer und vertraute sie Gott an. Er kämpfte unter dem Fürsten Jeremias in allen Schlachten und erwarb sich einen Ruhm, daß sein Name noch heute weithin gepriesen wird. – Und jetzt vergleichen Sie Ihre Handlungsweise mit der seinigen, – sehen Sie den großen Unterschied?«
    Kmicic schwieg und biß auf seinen Schnurrbart. Wolodyjowski fuhr fort:
    »Gott belohnte Skrzetuski, er gab ihm die Braut zurück. Bald nach der Schlacht von Zbaraz heiratete er, jetzt hat er schon drei Kinder, aber er hat nicht aufgehört, dem Vaterlande zu dienen. – Sie aber haben noch mehr Unruhe ins Land gebracht und dadurch dem Feinde geholfen. Kaum sind Sie selbst dem Tode entronnen, und das Fräulein konnten Sie vor mehreren Tagen ganz verlieren.«
    »Wieso?« fragte Kmicic, sich im Bette aufrichtend. »Was ist mit dem Fräulein geschehen?«
    »Geschehen ist ihr nichts, – nur, es fand sich ein Mann, der das Fräulein zum Weibe begehrte.«
    Kmicic wurde ganz blaß, in seinen eingesunkenen Augen entzündete sich ein unheimliches Feuer, er sprang hoch und rief:
    »Wer war dieser Hundsfott? Um Gottes willen, sagen Sie es mir!«
    »Ich,« sagte Pan Wolodyjowski.
    »Sie? – Sie?« fragte erstaunt Kmicic.
    »Ja, ich.«
    »Treuloser! Das wird Ihnen vergolten werden! – Und sie, die Panna? Sagen Sie doch schon alles! Hat sie Ihren Antrag angenommen?«
    »Behüte Gott, – ohne zu überlegen, wies sie mich sehr entschlossen ab.«
    Wieder wurde es still im Zimmer. Kmicic atmete schwer und sah fest in Wolodyjowskis Augen.
    »Warum nennen Sie mich einen Treulosen? Bin ich Ihr Freund, Ihr Bruder? Ich habe Sie im Zweikampf besiegt, es stand mir frei zu tun, was mir beliebte! – – Doch wissen Sie eigentlich, warum die Panna meinen Antrag abgelehnt hat?«
    »Warum?« wiederholte Kmicic wie ein Echo.
    »Darum, – weil sie Sie liebt.« Das war mehr als die schwachen Kräfte des Kranken ertragen konnten. Kmicic' Kopf fiel in die Kissen zurück, seine Stirn bedeckte sich mit Schweiß. Er lag mehrere Minuten ganz ruhig.
    »Ich fühle mich furchtbar schwach, sagte er etwas später. »Aber, sagen Sie nur, – woher wissen Sie denn, – daß sie – mich liebt?«
    »Weil ich Augen habe und sehe, – und weil ich Verstand habe und denke. – Nachdem ich meinen Korb weg hatte, ist mir im Kopfe alles klar geworden. Als ich nach dem Zweikampf zu ihr ging, ihr zu sagen, daß sie frei sei, und daß ich Sie verwundet habe, runzelte sie die Augenbrauen, und anstatt mir zu danken, würdigte sie mich keines Blickes. Dann später stützte sie Ihren Kopf so liebevoll wie eine Mutter bei ihrem Kinde, und als ich ihr meinen Antrag machte, nahm sie ihn so auf – kurz gesagt, – sehr schlecht auf, – Das alles sollte Ihnen als Beweis genügen.«
    »Wenn es nur wahr wäre,

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