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Sintflut

Sintflut

Titel: Sintflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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bereits begannen, sich in den erleuchteten Sälen zu versammeln. Im Zeughause traf er Wolodyjowski an, der ihn mit den anderen Offizieren bekannt machte.
    »Ich bin hocherfreut, Sie und Ihre berühmten Freunde hier zu treffen,« sagte Kmicic und drückte warm die Hand des kleinen Ritters. »Es ist mir, als ob ich meinen eigenen Bruder wiedersähe. Sie können mir das getrost glauben, denn ich verstehe es nicht, mich zu verstellen. Ich wiederhole hier vor aller Ohren, ohne Sie säße ich längst schon hinter Schloß und Riegel. – Gebe Gott dem Vaterlande mehr solche Männer wie Sie sind!«
    Die Tür öffnete sich und ins Zimmer trat Harasimowicz.
    »Erlauchtigster Pan Fahnenträger von Orsza!«
    »Was gibt's?« fragte Kmicic.
    »Der Pan Hetman läßt Sie zu sich bitten. Der Pan Hetman!«
    »Sofort, ich kleide mich nur noch um. – He! die Kleider her! aber schnell, zum Teufel!«
    In einigen Minuten war Kmicic mit seiner Toilette fertig.
    Er sah außergewöhnlich schön aus in seinem Brokatkaftan, der mit silbernen Sternen reich bestickt war und auf der Schulter von einem großen Saphir zusammengehalten wurde. An der Seite hing ein mit Saphiren geschmückter Säbel, und im Gürtel trug er als Abzeichen seiner Würde den Rittmeisterstab.
    Pan Michail sah ihn seufzend an, und als Kmicic hinter der Tür des Zeughauses verschwunden war, sagte er:
    »Natürlich, jedes Weib muß ihm den Vorrang geben.«
    »Oho! Wälzen Sie nur von meinen Schultern dreißig Jahre herunter,« meinte Zagloba.
    Der Fürst war schon in voller Toilette, als Kmicic sein Zimmer betrat.
    »Ich danke Ihnen, daß Sie sich beeilten, hierher zu kommen,« sagte der Fürst.
    »Ich bin stets bereit, Eurer Durchlaucht zu dienen.«
    »Und das Banner?«
    »Erwartet Ihre Befehle.«
    »Können Sie sich auf Ihre Leute verlassen?«
    »Sie gehen ins Feuer für Sie.«
    »Das ist gut. Solche Leute kann ich gut gebrauchen. Und auch solche wie Sie, die zu allem bereit sind. – Ich wiederhole Ihnen immer wieder, daß ich auf niemanden rechne außer auf Sie.«
    »Meine Verdienste, Euer Durchlaucht, können sich mit denen erfahrener Krieger nicht messen. Aber, wenn wir gegen die Feinde des Vaterlandes ziehen werden, weiß Gott, so werde ich nicht hinter den anderen zurückbleiben.«
    »Ich will die Verdienste der alten Soldaten nicht gering schätzen, aber die Verhältnisse können sich so zuspitzen, daß selbst die Treuesten schwanken werden.«
    »Möge Gott den verderben, der Sie in der Minute der Gefahr verläßt!«
    Der Fürst sah Kmicic scharf in die Augen.
    »Und Sie – werden Sie mich nicht verlassen?«
    Der junge Ritter fuhr empor.
    »Durchlaucht!«
    »Was wollen Sie sagen?«
    »Durchlaucht, ich habe Ihnen alle meine Sünden gebeichtet: es waren ihrer viele, so viele, daß nur Ihr gütiges Vaterherz mir Verzeihung gewähren konnte. Aber unter all diesen Sünden war eine nicht vertreten: die Undankbarkeit.«
    »Und die Treulosigkeit? – Sie haben mir gebeichtet, wie man einem Vater beichtet, und ich habe Ihnen nicht nur verziehen, wie ein Vater dem Sohne verzeiht, ich habe Sie liebgewonnen wie einen Sohn, den Gott mir versagte. – Seien Sie mir ein Freund!«
    Der Fürst reichte ihm seine Hand: der junge Ritter ergriff sie, und ohne zu schwanken, drückte er sie an seine Lippen.
    Danach trat eine lange Pause ein. Plötzlich sagte der Fürst:
    »Panna Billewicz ist hier!«
    Kmicic erblaßte und sagte leise einige unverständliche Worte.
    »Ich habe extra nach ihr geschickt, um diesen Mißverständnissen zwischen euch ein Ende zu machen. Sie werden Sie heute noch sehen; die Trauerzeit um den Großvater ist schon abgelaufen. Und ich habe bereits, obgleich ich nicht weiß, wie mir der Kopf vor lauter Arbeit steht, mit dem Miecznik gesprochen.«
    Kmicic griff an seinen Kopf.
    »Wie kann ich das alles Eurer Durchlaucht je vergelten?«
    »Ich habe dem Pan Miecznik nachdrücklich gesagt, daß es mein Wille ist, daß Ihr Euch trauen laßt, und er wird nichts dagegen einwenden. Das Mädchen wird er allmählich darauf vorbereiten, noch ist die Zeit dazu da. Von Ihnen allein hängt jetzt alles ab, und ich werde glücklich sein, wenn Sie diese Belohnung aus meinen Händen erhalten werden. Und dies wird nicht die letzte sein, denn Sie können es weit bringen. – Nun ja, Sie haben gesündigt, weil Sie jung sind. – Sie haben aber schon Ihren Namen auf dem Schlachtfelde mit Ruhm bedeckt; die ganze Jugend ist bereit, Ihnen zu folgen. Ich schwöre es Ihnen, Sie werden es weit

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