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Sintflut

Sintflut

Titel: Sintflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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»Es gibt keinen größeren in der Republik! Hört! hört!«
    »Hört, Panowie! Wohl gelüstet es meinen alten Knochen nach Ruhe. Es wäre für mich angenehmer, jetzt Erbsen mit saurer Sahne zu essen oder mit den Händen auf dem Rücken den Schnitterinnen auf dem Felde zuzusehen. Der Feind würde mich in seinem eigenen Interesse schon in Ruhe lassen; denn die Schweden und auch die Kosaken kennen meine schwere Hand!«
    »Was ist denn das für ein alter Hahn, der da so laut kräht?« rief plötzlich eine Stimme aus der Menge.
    »Meine Herren, verzeiht diesem Küken,« schrie der alte Schlachtschitz, »er weiß noch nicht einmal den Kopf vom Schwanz zu unterscheiden!«
    Die Schlachta brach in ein schallendes Gelächter aus, und der Opponent beeilte sich, vor dem allgemeinen Hohn in der Menge zu verschwinden.
    »Zur Sache,« fuhr Zagloba fort. »Also, ich wiederhole. Mir täte Ruhe not. Da aber das Vaterland in Not ist, feindliche Armeen unser Land überschwemmen, so bin ich hergekommen, um mit euch, Panowie, gegen den Feind zu ziehen. Wir wollen unsere Mutter Heimat, die uns alle groß gezogen hat, verteidigen. Wer jetzt nicht sein Leben für sie opfert, der ist nicht wert, ihr Sohn zu heißen, der ist ihrer Liebe nicht würdig. Ihr habt die zwei Räuber gesehen, die in einem vergoldeten Wagen hier ankamen. Sie wissen, daß mit dem Fürsten Radziwill nicht zu scherzen ist, sie werden nicht von ihm ablassen, sie werden ihm die Schultern küssen, damit er sie in Frieden läßt. Aber der Fürst, von dem ich soeben herkomme, versicherte mir im Namen ganz Litauens, daß er keine Unterhandlungen, keine Pergamente wolle, sondern nur den Krieg, den Krieg!«
    »Krieg! Krieg!« echoten die Zuhörer.
    »Je kühner ein Führer handelt, desto sicherer ist er seiner Soldaten,« fuhr Zagloba fort. »Panowie! Wir wollen hingehen und dem Fürsten unsere Gesinnung zeigen. Wir wollen unter den Fenstern des Hetmans laut rufen: »Krieg den Schweden!« Panowie, folgt mir!«
    Zagloba sprang von seinem Platze herunter und führte die Schlachta unter die fürstlichen Fenster mit dem Rufe: »Krieg den Schweden! Krieg den Schweden!«
    Da stürzte aus dem Flur Pan Korf heraus. Er war ungewöhnlich verlegen; hinter ihm kam der Oberst der fürstlichen Reiter, Pan Ganchoff. Beide redeten der Schlachta gut zu, ruhig auseinander zu gehen.
    »Wie kann man nur den Gesandten mit solcher Mißachtung begegnen,« flehte Pan Korf. »Sie geben ja den Soldaten das schlechte Beispiel der Zügellosigkeit. Wer hat Sie zu alledem angestiftet?«
    »Ich,« sagte Zagloba. »Sagen Sie dem Fürsten in unserer aller Namen, daß wir ihn bitten, fest zu bleiben, daß wir bis zu unserem letzten Blutstropfen treu zu ihm stehen werden.«
    »Ich danke Ihnen im Namen des Pan Hetman. Aber nun gehen Sie ruhig auseinander. Mehr Besonnenheit, Panowie, sonst werden Sie das Vaterland ganz ins Verderben stürzen. Einen schlechten Dienst erweist der Republik, wer heute die Gesandten beleidigt.«
    »Was gehen uns die Gesandten an, wir wollen kämpfen, aber nicht unterhandeln!«
    »Nun wohl, Ihre Tapferkeit erfreut mich. Aber heute ist noch nicht der rechte Augenblick da; er wird bald kommen. Bevor Sie ins Feld ziehen, ruhen Sie sich aus. Es ist Zeit, einen guten Imbiß und Trunk zu sich zu nehmen.«
    »Er hat wirklich recht, bei Gott!« gab als erster Zagloba zu.
    »Es ist wahr! Es ist wahr! Wenn der Fürst unsere Meinung kennt, so haben wir jetzt weiter nichts zu tun.«
    Man zerstreute sich; die meisten gingen zu den Seitenflügeln, wo zahlreiche Tische mit Speisen standen. Pan Zagloba spazierte sehr zufrieden mit sich selbst an der Spitze der Ritter zu den gedeckten Tischen.
    »Habt ihr es gesehen,« redete er Skrzetuski und Wolodyjowski an, »kaum hatte ich mich der Menge gezeigt, so weckte ich gleich in allen die Liebe zum Vaterlande. Ganz sicherlich bekomme ich eine Auszeichnung, wenn ich auch der Ehre halber diene. – Was seid Ihr denn stehen geblieben, Pan Michail, und könnt Eure Augen gar nicht von dem einfahrenden Wagen abwenden?«
    »Sie ist es,« sagte Pan Michail. »Bei Gott, sie selbst ist es!«
    »Wer ist sie denn?«
    »Panna Billewicz.«
    »Jene, die Ihnen den Korb gab?«
    »Ja, seht sie bloß an, seht! Muß ich ihretwegen nicht vor Kummer dahinwelken?«
    »Na, Geduld,« sagte Zagloba. »Lassen Sie mal sehen.« In dem Wagen saß ein stattlicher Edelmann mit grauem Schnurrbart, an seiner Seite Panna Alexandra, wie immer ruhig und ernst.
    Pan Michail sah sie traurig an

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