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Sintflut

Sintflut

Titel: Sintflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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bringen! Ihr Geschlecht ist nicht dazu geschaffen, um geringe Stellungen einzunehmen. Wissen Sie eigentlich, daß Sie mit dem Hause, dem meine Frau entstammt, verwandt sind? – Junger Mann, Sie müssen nur gesetzter werden, und die Heirat ist das beste Mittel dazu. Freien Sie das Mädchen, das Ihnen ans Herz gewachsen; aber vergessen Sie nicht, aus wessen Hand Sie Ihre Frau bekommen haben.«
    »Euer Durchlaucht, ich bin fast von Sinnen vor Freude. Mein Leben, mein Blut, – alles, alles gehört Ihnen. Was kann ich tun, um Ihnen meinen Dank abzustatten? Sagen Sie! Befehlen Sie!«
    »Vergelten Sie Gutes mit Gutem. – Vertrauen Sie mir, und seien Sie eingedenk, daß auch das, was ich dem Scheine nach vielleicht nicht tun sollte, stets im Interesse des öffentlichen Wohles geschieht. Verlassen Sie mich nicht, selbst wenn Sie Verrat und Abtrünnigkeit sehen sollten, wenn Bosheit und Niedertracht ihre Köpfe triumphierend erheben sollten und mich selbst –«
    Der Fürst brach plötzlich ab.
    »Ich schwöre,« sagte Kmicic begeistert, »ich schwöre bei meiner Ritterehre, daß ich Eurer Durchlaucht bis zum letzten Atemzuge treu bleiben werde.«
    Kmicic erhob seine leuchtenden Augen, aber erschrak, als er auf die veränderten Züge des Fürsten sah. Sein Gesicht war rot, große Schweißtropfen standen auf seiner Stirn, und in den Augen glühte ein unheimliches Feuer.
    »Was ist Ihnen?« sagte beunruhigt der Ritter.
    »Nichts, nichts.«
    Radziwill erhob sich, schritt schnell zum Betpult, ergriff das darauf stehende Kruzifix und begann mit keuchender Stimme:
    »Schwören Sie bei diesem Kreuze, daß Sie mich bis zum Tode nicht verlassen wollen!«
    Trotz all seiner Bereitwilligkeit sah Kmicic ihn doch verständnislos an.
    »So schwören Sie doch! Bei den Leiden Christi, schwören Sie!« wiederholte der Hetman.
    »Bei den Leiden Christi – ich schwöre!« sagte Kmicic und legte seine Hand auf das Kreuz.
    »Amen!« sagte feierlich der Fürst.
    Die Wände des weiten, hohen Gemaches gaben leise das »Amen!« zurück. Kmicic sah unverwandt und erstaunt dem Hetman ins Gesicht.
    »Nun sind Sie schon mein!« sagte der Fürst.
    »Ich habe immer Eurer Durchlaucht angehört,« antwortete eilig Kmicic. »Aber erklären Sie mir, Durchlaucht, um was es sich handelt. Warum zweifeln Sie an mir? Droht Ihnen irgend welche Gefahr?«
    »Die Stunde der Prüfung naht,« sagte finster der Fürst. »Wissen Sie denn nicht, daß Pan Gosiewski, Pan Judycki und der Witebsker Wojewod mich in den Abgrund stürzen wollen? Die Zahl der Feinde meines Hauses wächst, Verrat geht vor sich, und dem Vaterlande droht das Verhängnis. Daher sage ich, die Stunde der Prüfung naht.«
    Kmicic schwieg; aber die letzten Worte Radziwills vermochten nicht, die Dunkelheit zu klären, die ihn umgab. Vergeblich bemühte er sich zu erraten, welche Gefahr in diesem Augenblick dem Fürsten drohen konnte. War er denn nicht jetzt mächtiger denn je? Standen ihm nicht übergenug Truppen zur Verfügung? Gosiewski und Judycki hatte er in seiner Gewalt, und der Witebsker Wojewod war zu ehrenhaft und ein zu guter Patriot, als daß er angesichts des Feindes an inneren Zwiespalt und an Feindseligkeiten dachte.
    »Bei Gott! ich verstehe nichts!« rief Kmicic, der es noch nicht gelernt hatte, sich zu beherrschen.
    »Heute noch werden Sie alles begreifen,« sagte Radziwill. »Kommen Sie, jetzt wollen wir in den Saal gehen.«
    Sie durchschritten mehrere Zimmer. Aus der Ferne tönten ihnen die Klänge eines Orchesters entgegen, das ein vom Fürsten Boguslaw hergesandter Franzose dirigierte. Man spielte gerade ein Menuett, das damals am französischen Hofe sehr beliebt war. Die leisen Töne mischten sich mit den Stimmen der zahlreichen Gäste. Radziwill blieb einen Augenblick stehen und lauschte.
    »Verhüte Gott,« sagte er, »daß nicht alle, die ich jetzt als meine Gäste begrüße, morgen meine Feinde sein mögen.«
    »Euer Durchlaucht,« erwiderte Kmicic, »ich hoffe, daß unter ihnen keiner ist, der zu den Schweden übergehen wird.«
    Radziwill fuhr unwillkürlich zusammen und blieb stehen.
    »Was wollen Sie damit sagen?«
    »Nichts, Euer Durchlaucht, ich sehe nur ehrenhafte Krieger, die sich hier unterhalten.«
    »Gehen wir hinein. Die Zeit und Gott wird uns darüber belehren, wer ein ehrenwerter Ritter ist.«
    Vor der Tür standen zwölf wunderhübsche Pagen, die in Samt und Seide gekleidet waren. Beim Herannahen des Hetmans stellten sie sich in zwei Reihen auf.
    »Ist Ihre

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