Sintflut
fürchten. Ich habe mir zugeschworen, Sie stets zu achten. Haben Sie doch Vertrauen zu mir!«
Sie hob ihre Augen und sah zu ihm auf.
»Wie könnte ich zu Ihnen Vertrauen haben?«
»Es ist wahr, ich habe arg gesündigt; aber das ist alles gewesen und wird nie wieder vorkommen. – Als ich nach dem Zweikampf mit Wolodyjowski im Bette lag und dem Tode nahe war, da sagte ich mir: Du wirst sie dir nicht mit dem Säbel, nicht durch Gewalt, sondern durch gute Taten gewinnen. – Auch ihr Herz ist nicht von Stein; ihr Zorn wird verrinnen ... sie wird deine Besserung sehen und dir verzeihen. – Und da habe ich mir zugeschworen, mich zu bessern, und ich werde diesen Schwur halten. Auch Gott hat sich dann meiner erbarmt. Er sandte mir Wolodyjowski, der mir ein Schreiben des Fürsten brachte. Er brauchte mir den Brief nicht auszuhändigen; aber er tat es, – ein guter Mensch! – Da ich mich durch den Brief unter dem Schutze des Fürsten befand, brauchte ich mich den Gerichten nicht zu stellen. Ich habe dem Fürsten gebeichtet wie ein Sohn dem Vater; er hat mir nicht nur alles verziehen, sondern auch versprochen, alles in Ordnung zu bringen und mich vor der Bosheit der Menschen zu schützen. Gott segne ihn für dies alles! Alexandra, ich werde nunmehr kein Verbannter sein; ich werde alle für meine Ungerechtigkeiten entschädigen; ich werde mich mit den Menschen aussöhnen und mir Ruhm erwerben. – Panna Alexandra, was denken Sie darüber? Wollen Sie mir nicht wenigstens ein gutes Wort geben?«
Er faltete die Hände, als bete er zu ihr.
»Kann ich Ihnen glauben?« antwortete Alexandra.
»Sie können es! Ich schwöre bei Gott, Sie müssen es!« sagte Kmicic erregt. »Sehen Sie, der Fürst und Wotodyjowski glauben mir doch. Sie beide kennen alle meine Vergehen und doch glauben sie mir. – Warum sollten allein Sie mir nicht glauben?«
»Weil ich die Tränen sah, die durch Ihre Schuld vergossen wurden; – weil ich Gräber sah, die noch nicht mit Gras bewachsen waren.«
»Auf den Gräbern wird Gras wachsen, und die Tränen werde ich selbst trocknen.«
»Erst müssen Sie das getan haben.«
»Geben Sie mir nur die Hoffnung, daß Sie mir gehören werden, wenn ich meine Seele geläutert habe. – Sie haben es leicht zu sprechen: Erst müssen Sie das getan haben. Ich will ja alles tun, was aber, wenn Sie während dessen einen anderen wählen? Wahrhaftig, ich kann den Verstand über diesen Gedanken verlieren. Im Namen Gottes flehe ich zu Ihnen, versprechen Sie mir, daß ich Sie nicht verliere, solange ich mich nicht mit Ihrer Schlachta ausgesöhnt habe. Denken Sie daran, Sie haben mir selbst das geschrieben. – Ich bewahre diesen Brief auf, und jedesmal, wenn mir schwer ums Herz sein wird, werde ich ihn lesen. – Ich begehre nichts weiter: nur wiederholen Sie mir noch einmal, daß Sie warten, daß Sie keinen anderen heiraten werden!«
»Sie wissen ja selbst, daß ich das nach dem Testamente meines Großvaters gar nicht darf. Mir bleibt nur das eine, mich in ein Kloster zu vergraben.«
»O, das würde mein Tod sein! Bei allen Heiligen bitte ich Sie, denken Sie nicht mehr an das Kloster. Ich möchte Ihnen hier in Gegenwart aller zu Füßen fallen und Sie bitten, das nicht zu tun. Ich will Sie mir durch gute Taten erobern, denn ich liebe Sie wahnsinnig. Als Sie Wodokty verließen, habe ich angefangen, Sie zu suchen, bis ich schließlich hörte, daß Sie in Billewicz bei dem Pan Miecznik seien. Lange kämpfte ich mit mir: soll ich hingehen oder nicht? Aber ich wagte es nicht; denn noch hatte ich nichts getan, um mir Ihr Vertrauen wieder zu gewinnen. Da erbarmte sich der gute Fürst meiner und rief Sie hierher, damit ich Sie vor dem Auszuge ins Feld noch einmal sehen konnte. – Ich bitte Sie nicht, lassen Sie sich morgen mit mir trauen, ich bitte nur um ein gutes Wort, ehe ich in den Krieg ziehe. Ich will nicht umkommen; aber auf dem Schlachtfelde ist alles möglich, ich werde mich doch nicht hinter den anderen verstecken. Alexandra, du mußt mir verzeihen, wie man einem Sterbenden verzeiht!«
»Gott schütze Sie,« sagte das Mädchen weich.
Pan Andreas begriff gleich, daß seine Worte den gewünschten Eindruck gemacht hatten.
»Mein Herz, ich danke dir dafür. Und ans Kloster denkst du nicht mehr?«
»Fürs erste nicht.«
»Vergelt's dir Gott.«
Und wie im Frühling das Eis schmilzt, so begann allmählich zwischen ihnen das Mißtrauen zu schwinden, sie fühlten, daß sie sich einander wieder näherten. Es ward ihnen
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