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Sintflut

Sintflut

Titel: Sintflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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im Keller sind, herauf!« rief der Fürst laut.
    Der Marschall ließ sogleich den Befehl ausführen. Bald wurden viele Fäßchen mit Wein in den Saal gerollt. Die Stimmung der Gäste fing von neuem an sich zu heben; es wurde laut und lärmend in dem Saale, dessen Luft sich von den verschiedenartigen Ausdünstungen schon bedenklich verschlechtert hatte.
    »Mir ist schlecht,« wandte sich plötzlich Panna Alexandra an ihren Onkel. In der Tat war ihr Gesicht auffallend bleich und große Schweißtropfen perlten von ihrer Stirne.
    Gleichzeitig, wie mit Absicht, hörte man die Worte des Hetmans laut durch den Saal tönen:
    »Der ist mein Feind, der seinen Becher nicht bis auf den Grund leert! Heute wollen wir lustig sein, heute bin ich fröhlich!«
    »Hörst du?« antwortete der Miecznik Alexandra.
    »Onkel, ich kann es nicht mehr hier aushalten, mir ist schlecht!« wiederholte Alexandra mit flehender Stimme.
    »So geh allein!«
    Die Panna erhob sich vorsichtig, um die Aufmerksamkeit so wenig als möglich auf sich zu lenken. Aber ihre Kräfte verließen sie, sie strauchelte und griff schnell zur Lehne ihres Stuhles.
    Da umfaßte ein kräftiger Ritterarm ihre Taille und behütete sie vor dem Hinfallen.
    »Ich begleite Sie, Panna,« sagte Pan Andreas.
    Und ohne um Erlaubnis zu fragen, trug er Alexandra, die gleich darauf ohnmächtig wurde, aus dem Saale. – –

9. Kapitel.
    Noch an demselben Abend nach dem Mahle versuchte Kmicic den Fürsten zu sprechen, aber man wies ihn ab, da der Fürst eine wichtige Unterredung mit Pan Suchaniec hatte.
    Kmicic kam am nächsten Morgen wieder und wurde sofort beim Hetman vorgelassen.
    »Euer Durchlaucht,« begann Kmicic, »ich komme mit einer Bitte.«
    »Was willst du von mir?«
    »Ich halte es hier nicht länger aus. – Jeder Tag hier wird mir zur Qual. Ich bin in Kiejdane ganz überflüssig. Suchen Euer Durchlaucht für mich irgend welchen Dienst aus und schicken Sie mich, wohin Sie wollen!«
    »Fühlst du dich in Kiejdane wirklich so schlecht? Ist es so schlimm, in meiner Nähe zu leben?«
    »Durchlaucht, Sie sind stets gütig zu mir, und trotzdem ist es mir hier so unbehaglich, wie ich es gar nicht beschreiben kann. Ehrlich gesagt, ich glaubte, daß hier alles anders zugehen würde – ich glaubte, wir würden kämpfen, Tag und Nacht im Sattel sein. Statt dessen muß ich hier untätig sitzen oder Jagd auf die Eigenen machen, statt über den Feind herzufallen. – Das kann ich einfach nicht aushalten – das kann ich nicht! – Hundertmal zöge ich den Tod einem solchen Leben vor, wahrhaftig! Dies ist ja eine ewige Qual!«
    »Aber ich kann dir dein Banner nirgend mitgeben, ich brauche es hier gegen den inneren Feind.«
    »Das eben ist ja das Entsetzliche! Hinter einem Wolodyjowski herzujagen, der doch eigentlich ein Kamerad sein sollte!«
    »Höre, ich habe für dich einen Auftrag, einen sehr ehrenvollen Auftrag!«
    »Und um was handelt es sich?«
    »Du sollst eine weite Reise antreten.«
    »Ich bin auf der Stelle dazu bereit.«
    »Und auf eigene Rechnung, denn meine Kasse ist leer. Viel Geld haben mir die Feinde weggenommen, das andere läuft unpünktlich ein, und die Ausgaben sind jetzt sehr groß.«
    »Euer Durchlaucht, es lohnt sich nicht, darüber zu sprechen. Wenn ich den Auftrag übernehme, so tue ich das auf eigene Kosten.«
    Das Gesicht des Hetman erstrahlte. Er hatte tatsächlich jetzt wenig Geld, obgleich er erst vor kurzem Wilna geplündert hatte. Und da er von Natur sehr geizig war, so freute er sich, sparen zu können.
    »Höre gut zu. Zuerst mußt du nach Podlachien. – Das ist ein sehr gefährlicher Weg, doch das wirst du schon selbst einrichten. Gehe nach Zabludow zu Harasimowicz und sage ihm, er solle so viel wie möglich Gelder einziehen und mir herschicken. Dann soll er versuchen, die Konföderierten zu vernichten. Das nähere darüber schreibe ich lieber in einem Briefe, den du ihm übergeben sollst. Von Zabludow fahre dann nach Tykocin zum Fürsten Boguslaw.«
    Der Fürst machte jetzt eine Pause; das lange Reden schien ihn zu ermüden.
    »Du mußt dem Vetter alles lebendig und anschaulich erklären, was ich in dem Briefe, den ich dir für ihn mitgebe, nicht so ausführlich tun kann. Wisse, die gestrigen Nachrichten waren zwar gut; aber nicht ganz so, wie ich sie der Schlachta mitteilte. Es ist wahr, die Schweden sind in all ihren Unternehmungen jetzt erfolgreich. Bald werden sie Krakau belagern und nehmen. Festungen zu erobern, das verstehen sie, und für eine

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