Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sinuhe der Ägypter

Sinuhe der Ägypter

Titel: Sinuhe der Ägypter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
Vom Netzwerk:
sich allmählich im Lande legen würde. Deshalb war ihm nichts angenehmer als die Stadt Achetaton, die den Pharao fern von Theben hielt. Er tat sein möglichstes, um Mittel zum Bau und zur Verschönerung der Stadt zu beschaffen, und sandte unablässig neue, reiche Spenden hin, um die Stadt dem Pharao noch gefälliger zu gestalten. So hätte das Land wahrlich befriedet und mit Ausnahme der Macht Ammons alles wieder wie früher werden können. Aber Pharao Echnaton war ein Stock zwischen den Speichen seiner Räder und ein Stein, der seinen Wagen zum Umkippen brachte.
    Neben dem Priester Eje herrschte Harmehab in Memphis an der Grenze zwischen den beiden Reichen und trug die Verantwortung für Ordnung und Sicherheit des Landes. Er war die treibende Kraft hinter den Stöcken der Steuererheber und hinter den Hämmern der Steinhauer, wenn diese den Namen Ammons aus allen Inschriften und Bildern, ja von den Gräbern tilgten. Denn Pharao Echnaton ließ sogar das Grab seines Vaters öffnen, um den Namen Ammons aus dessen Inschriften entfernen zu lassen. Eje wehrte ihm nicht, solange er sich mit so harmlosem Zeitvertreib begnügte. Er hielt es für das beste, daß sich der Pharao mit religiösen Dingen abgab und sich nicht in das Alltagsgeschehen des Volkes einmischte.
    So glich Ägypten nach den Schreckenstagen Thebens eine Zeitlang einer von keinem Sturm bewegten ruhigen Wasserfläche. Der Priester Eje beauftragte die Kreishauptleute mit der Steuererhebung, wodurch er sich viel Mühe ersparte; die Kreishauptleute ihrerseits verpachteten das Einziehungsrecht an die Steuererheber der Städte und Dörfer und bereicherten sich mächtig; diese wiederum zogen Gewinne daraus, daß sie die Eintreibung zahlreichen Gehilfen und Unterbeamten überließen, die mit ihren Stöcken dafür sorgten, daß auch sie bei der Steuererhebung reichlich auf ihre Kosten kamen. Auf diese Weise blieb äußerlich alles eine Zeitlang genau wie früher, und wenn die Armen beim Besuch der Steuererheber bitter klagten und sich Asche ins Haar streuten, so hatten sie schließlich zu allen Zeiten das gleiche getan.
    In Achetaton aber bedeutete die Geburt einer vierten Tochter ein größeres Mißgeschick als der Fall Simyras in Syrien, und Königin Nofretete begann zu fürchten, ein Zauber zwinge sie, nur Mädchen zu gebären. Sie reiste daher nach Theben, um bei den Negerzauberern ihrer Schwiegermutter Rat und Hilfe zu suchen. Es ist wohl eine Seltenheit, daß eine Frau vier Mädchen hintereinander und keinen einzigen Knaben zur Welt bringt. Doch sollte es ihr Schicksal sein, dem Pharao Echnaton im ganzen sechs Töchter und keinen Sohn zu schenken. Dies bestimmte denn auch das Schicksal des Pharao Echnaton.
    Allmählich kam immer schlimmere Kunde aus Syrien. Jedesmal, wenn ein Kurierfahrzeug eintraf, begab ich mich ins königliche Archiv, um neue Hilferufe von den Lehmtafeln abzulesen. Beim Lesen vernahm ich das Schwirren der Pfeile und spürte den Brandgeruch der Feuersbrünste; durch die ehrfürchtigen Worte hindurch konnte ich die Todesschreie der Männer und die Hilferufe der verstümmelten Kinder hören. Denn die Soldaten Azirus waren rohe Gesellen, die in der Kriegskunst von Offizieren der Hetiter unterrichtet wurden, weshalb ihnen keine einzige Garnison in Syrien auf die Dauer standzuhalten vermochte. Ich las Lehmtafeln vom König zu Byblos und vom Fürsten zu Jerusalem: sie beriefen sich auf ihr Alter und auf ihre Treue, um Beistand vom Pharao zu erhalten. Sie beriefen sich auf das Andenken seines Vaters und auf ihre Freundschaft mit dem früheren Pharao, bis der Pharao Echnaton sich von ihren Hilferufen so gequält fühlte, daß er ihre Schreiben ungelesen geradenwegs in das Archiv sandte und die dortigen Schreiber und ich die einzigen waren, die sie lasen. Die Schreiber aber hatten kein anderes Interesse dafür, als sie in der Reihenfolge, in der sie eingingen, zu numerieren und in das Verzeichnis einzutragen.
    Nach dem Fall Jerusalems gaben auch die letzten Ägypten treuen Städte bis auf Joppe den Widerstand auf und schlossen ein Bündnis mit König Aziru. Da kam Haremhab von Memphis nach Achetaton, um eine Armee zur Kriegführung gegen Syrien zu verlangen. Er hatte bisher nur einen geheimen Krieg mit Schreiben und Gold geführt, um wenigstens einen Vorposten Ägyptens in Syrien zu retten. Er sprach zum Pharao Echnaton:
    »Laß mich wenigstens hundert mal hundert Speerwerfer und Bogenschützen und hundert Streitwagen besolden, und ich werde dir ganz

Weitere Kostenlose Bücher