Sitzen vier Polen im Auto: Teutonische Abenteuer (German Edition)

quicklebendig, denn ich hatte einen Freund. Ich war an einem Ort, wo ich sonst nur existierte, wenn ich mich in ein Buch vertiefte: gleichzeitig in der Wirklichkeit und im Reich der Fantasie. Ich war nicht nur eine nikotingelbe Gans, sondern auch eine mutige Kampf-Prinzessin. Dominik war ein gewöhnlicher Junge – und kam mir doch vor wie ein verwunschenes Einhorn.
    »Es wird Zeit«, stellte ich fest. Der Himmel war inzwischen violett wie ein Lavendelfeld. Wir taumelten über die Baumwurzeln zurück zum Fahrrad. Erst in der Dämmerung entdeckte ich, dass Dominik Blinkschuhe trug, die bei jedem Schritt rot aufleuchteten. Wir verließen den Wald als heimliche Helden. Die Fliederbäume flüsterten im Dunkeln, unsere Geschichte lebte, und Freundschaft hatte den Traum wahr gemacht. Obwohl wir weniger hatten, hatten wir mehr.

Nachwort
    Fiktion bringt uns die Wirklichkeit näher, als die objektive Wahrheit der Fakten es vermag. Diese Paradoxie habe ich genutzt, um eine Geschichte zu erzählen, die nicht nur von meiner Familie handelt, sondern von allen Familien mit Migrationshintergrund. Das Buch ist keine Autobiografie. Jeder, der eine vertraute Welt hinter sich gelassen hat, wird sich in den hier beschriebenen Erlebnissen und Gefühlen wiederfinden. Meine eigenen Erinnerungen waren eine Inspiration, genau wie die Anekdoten meiner Eltern und anderer polnischer Aussiedler, die mir geholfen haben, die komplizierten Zusammenhänge besser zu verstehen. Trotz aller erzählerischen Freiheiten, die ich mir genommen habe, war es mir wichtig, den Zeitgeist, Sozialfiguren der Ära und historische Ereignisse authentisch darzustellen. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen, Orten und Handlungen sind daher weder beabsichtigt noch zufällig, sondern unvermeidlich.