Skandal auf Sardinien (Julia Extra) (German Edition)
angenehm klimatisierte Innere des großzügigen Hauses. Ein älterer Mann mit eingefallenen Wangen empfing ihn. Er schickte Harding wie einen Dienstboten fort und musterte Angelo mit respektvoller Neugier, die an Ehrfurcht grenzte.
„Mr. Riccardi, es ist mir eine Ehre, Sie zu treffen“, sagte der Mann auf Italienisch. „Ich bin Salvatore Lenzi. Don Carmelo erwartet Sie.“
„Wie geht es ihm?“
Salvatore Lenzi verzog das Gesicht. „Im Moment ist sein Zustand stabil. Aber es ist unwahrscheinlich, dass ihm mehr als ein paar Monate bleiben.“
Angelo nickte. Er hatte lange darüber nachgedacht, ob er diesem Besuch zustimmen sollte. Der schlechte Gesundheitszustand des Dons hatte schließlich den Ausschlag gegeben. Carmelo Zanetti, Kopf einer der berüchtigtsten Mafiafamilien der Welt, war ein Fremder für ihn. Und doch konnte er nie vergessen, dass in ihren Adern dasselbe Blut floss.
Der alte Mann lag in einem Krankenbett, umgeben von medizinischen Geräten. Mit einem tiefen Atemzug richtete er seinen Blick auf Angelo und seufzte. „Du siehst deiner Mutter überhaupt nicht ähnlich. Fiorella, meine geliebte Tochter, war so zierlich.“
Der Gedanke an seine Mutter ließ Angelos Gesichtszüge fast unmerklich weicher werden. „ Si …“
„Dein Aussehen hast du von deinem Vater geerbt. Deine Eltern waren wie Romeo und Julia“, fuhr Don Carmelo sarkastisch fort. „Ein Sorello und eine Zanetti. Keine der beiden Familien war davon begeistert. Wenige Wochen nach der Hochzeit stritten die beiden schon nur noch.“
„Musste meine Mutter deshalb als Putzfrau arbeiten, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen?“
Der alte Mann reagierte nicht auf den Vorwurf. „Nein, sondern weil sie ihren Ehemann verlassen und ihre Familie verleugnet hat. Dabei habe ich sie so sehr geliebt.“
„Also war meine mamma eine echte Mafia-Prinzessin?“, warf Angelo unbeeindruckt ein.
„Spotte nicht über etwas, wovon du keine Ahnung hast.“ Carmelo Zanettis Blick wurde ungeduldig. „Die ganze Welt stand deiner mamma offen. Und was hat sie getan? Sie hat ihrer guten Erziehung den Rücken gekehrt und deinen Vater geheiratet. Verglichen mit uns, sind die Sorellos cafoni … eine ungehobelte Bande. Gino Sorello war ein gut aussehender Hitzkopf, immer auf der Suche nach Streit.“
„Was hast du in dieser Situation gemacht?“
„In dieser Familie mischen wir uns nicht in die Ehen unserer Angehörigen ein. Als Gino zum zweiten Mal zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wurde, hat deine Mutter ihn verlassen. Wie ein kleines Kind ist sie von ihrem Zuhause und ihrer Verantwortung davongelaufen.“
„Vielleicht glaubte sie, dafür einen guten Grund zu haben.“
„Und vielleicht stehen dir ein oder zwei Überraschungen bevor.“ Der schwer kranke Don sank gegen die Kissen zurück. Jedoch funkelten seine Augen jetzt amüsiert. „Fiorella war meine Tochter, und ich habe sie sehr geliebt. Aber sie hat mich enttäuscht und beschämt. In meiner Welt ist Loyalität nicht verhandelbar. Als Fiorella verschwand, haben sich einige Leute sehr nervös gefragt, was sie über bestimmte Aktivitäten wissen mochte. Letztendlich haben ihre eigene Ignoranz und ihr Verrat sie zugrunde gerichtet.“
Angelos Aufmerksamkeit war fest auf den alten Mann gerichtet. „Offensichtlich hast du meine Mutter nicht aus den Augen verloren und weißt, was nach ihrer Ankunft in England passiert ist.“
„Was ich dir zu sagen habe, wird dir nicht gefallen.“
„Ich kann damit umgehen“, entgegnete Angelo trocken.
Carmelo drückte auf einen Knopf neben seinem Bett. „Du wirst dich setzen und ein Glas Wein trinken, während wir reden. Dieses eine Mal wirst du dich wie mein Enkelsohn verhalten.“
Angelo wollte nichts lieber, als diese Verwandtschaft leugnen, aber das war unmöglich. Ein gewisses Maß an Höflichkeit war der Preis, den er für die lange gesuchten Informationen über seine Herkunft bezahlen musste. Er straffte seine breiten Schultern und nahm mit einer geschmeidigen Bewegung auf dem angewiesenen Sessel Platz. Ein Diener betrat das Zimmer, ein silbernes Tablett in Händen, auf dem ein einzelnes Glas Rotwein und ein Teller mit Mandelgebäck stand. Etwas Kaltes blitzte in den Augen des alten Mafiosos auf, als Angelo das Glas an die Lippen hob und einen Schluck trank.
Carmelo lachte. „ Dio grazia, ein Feigling bist du nicht!“
„Warum solltest du mir auch etwas antun?“
„Wie fühlt es sich an, jeden lebenden Verwandten verleugnet zu
Weitere Kostenlose Bücher