Skandal auf Sardinien (Julia Extra) (German Edition)
gekommen.“
„Jetzt wird mir klar, warum du noch Single bist. Du vergötterst deinen Vater“, seufzte die Joyce. „Ein anderer Mann wird ihm niemals das Wasser reichen können.“
Auf dem Weg zu dem Haus, in dem ihr Vater und ihre Stiefmutter lebten, dachte Gwenna über das Gespräch mit Joyce nach. Tatsächlich würde es ein Mann schwer haben, den Vergleich mit ihrem Vater zu bestehen. Donald Hamilton war etwas ganz Besonderes. Er hatte sie, seine illegitime Tochter, in sein Haus aufgenommen. Auch als seine erste Ehe darüber in die Brüche gegangen war, hatte er zu ihr gestanden. Natürlich war ihr Vater nicht fehlerlos. Als junger Mann hatte er eine ausgesprochene Schwäche für Frauen und hatte sich mehr als eine außereheliche Affäre geleistet. Ihre Mutter, Isabel Massey, war eine dieser Frauen gewesen.
Am nächsten Morgen beobachtete Gwenna, wie ihr Vater vor den Toren des vernachlässigten Massey-Anwesens für die Fotografen posierte. Er war sehr attraktiv und wirkte weit jünger als Mitte fünfzig. Silberblondes Haar fiel ihm in die gebräunte Stirn. Als Finanzchef und Repräsentant einer erfolgreichen Möbelfirma verfügte er über Erfahrung im Umgang mit den Medien. Seine kurze geistreiche Ansprache verlieh dem perfekten öffentlichen Auftritt noch weiteren Glanz. Ein lokales Fernsehteam filmte das Öffnen der Tore und führte ein Interview mit Donald. Gwennas Stiefmutter und ihre beiden Stiefschwestern Penelope und Wanda genossen es, im Rampenlicht zu stehen. Gwenna hingegen unternahm keinen Versuch, sich zu der Familie zu gesellen. Sie wusste, dass ihre Gegenwart nicht willkommen sein würde und wollte ihrem Vater die unterschwelligen Spannungen ersparen.
„Ich wusste gar nicht, dass die hohen Tiere der Polizei auch kommen“, bemerkte ein Mitglied des Gartenkomitees an Gwennas Seite. „Da ist Polizeichef Clarke.“
Gwenna blickte über ihre Schulter und sah zwei Männer in Uniform neben einem Polizeiwagen stehen. Ihre Mienen waren ernst. Ein weiterer Mann sprach mit ihrem Vater. Offensichtlich missfiel Donald Hamilton der Inhalt des Gesprächs, denn er wurde rot und sagte laut, dass etwas völliger Unsinn sei. Das Fernsehteam richtete seine Kameras auf die beiden. Lächelnd ging ihr Vater jetzt auf die beiden Männer neben dem Streifenwagen zu. Nach und nach verstummten die geladenen Gäste. So konnte Gwenna hören, dass der ältere der beiden Polizeibeamten von „sehr ernsten Anschuldigungen“ sprach. Fassungslos musste sie vernehmen, dass ihrem Vater seine Rechte vorgelesen wurden. Vor den Augen seiner Familie und der Medien wurde Donald Hamilton verhaftet.
Später an diesem Nachmittag sah sich Angelo Riccardi in seiner luxuriösen Suite in Peveril House die Aufnahmen des Fernsehteams an. Das Team hatte einen anonymen Tipp bekommen, in dem von einem aufregenden Finale der Veranstaltung die Rede war. Und so war auf Film festgehalten worden, wie Hamilton von seinem Podest der Ehrbarkeit fiel.
Angelo konnte mehr als zufrieden sein. Sein Plan war aufgegangen: Zuerst hatte er die Möbelfirma gekauft, in der sein Opfer arbeitete und dann seine Buchprüfer angewiesen, die Bilanzen durchzusehen. Tatsächlich war es fast zu einfach gewesen, Hamilton Betrügereien und unsaubere Abrechnungen nachzuweisen. Natürlich war eine öffentliche Bloßstellung erst der Anfang, überlegte Angelo. Hamilton musste einen angemessenen Preis für seine Sünden bezahlen. Er würde dem Mann, der seine Mutter im Stich gelassen hatte, Stück für Stück alles nehmen. Sein guter Name war nur der erste Schritt von vielen …
2. KAPITEL
Voller Verzweiflung blickte Gwenna sich in dem von Stimmen erfüllten Raum um. Sie versuchte die vielen Anschuldigungen, die an die zusammengesunkene Gestalt ihres Vaters gerichtet waren, auszublenden. Die Ereignisse der letzten Tage schienen ihm alle Lebenskraft geraubt zu haben.
Vor drei Tagen war die Welt, wie sie sie kannte, in tausend Scherben zersplittert.
Donald Hamilton war beschuldigt worden, sich des Betrugs, der falschen Buchführung und Urkundenfälschung schuldig gemacht zu haben. Man hatte sie informiert, dass möglicherweise noch weitere Verstöße zu dieser schrecklichen Liste hinzugefügt würden. Zunächst hatte das niemand glauben wollen. Nicht nur seine Familie, auch Freunde und Nachbarn hatten den beliebten Mann empört verteidigt. Lautstark hatte man sich darüber entrüstet, dass Donalds Arbeitgeber und seine Kollegen schwiegen und auf Distanz zu ihm gingen.
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