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Skandal im Ballsaal

Titel: Skandal im Ballsaal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
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Augenbrauen haben sollen oder wenigstens - verbesserte die unglückliche Autorin -, hätte er sich bemühen sollen, ihr gegenüber auf Lady Seflons Ball netter zu sein, statt leere Höflichkeitsphrasen von sich zu geben und sie mit kalten und gleichgültigen Augen anzublicken, die sie kaum zu sehen schienen. Dann wäre ihr nie eingefallen, ihn für teuflisch zu halten, denn wenn er lächelte, sah er nicht im Geringsten satanisch aus. In der Tat ganz anders, entschied sie, als sie mit leichter Überraschung bemerkte, dass sie, obwohl Sylvester sie während ihres Aufenthaltes im „Blue Boar" häufig in Wut gebracht hatte, seit seinem ersten Eintreten im Wirtshaus niemals etwas Schurkisches an seinem Aussehen bemerkt hatte.
    Diese Überlegung veranlasste sie, sich wieder ins Gedächtnis zu rufen, wie sehr sie in seiner Schuld stand, was einen Anfall von Niedergeschlagenheit zur Folge hatte, der schwer abzuschütteln war. Nur ein mildernder Umstand zeigte sich ihr: er brauchte nie zu wissen, wer ,The Lost Heir' geschrieben hatte. Das war jedoch nur ein geringer Trost, denn sie würde sich wegen seiner Unkenntnis nicht weniger tückisch fühlen.
    Hätten sie einander nicht schon zwei Tage später zufällig getroffen, hätte sich Janthes Wunsch, Phoebe näher kennenzulernen, wohl nicht so bald erfüllt: aber noch einmal griff das Schicksal in Phoebes Angelegenheiten ein. Als sie in Begleitung Mukers ausgesandt wurde, in der Bond Street einige Aufträge für ihre Großmutter zu erledigen, kam sie Seite an Seite mit einem Landauer zu stehen, der neben dem gepflasterten Weg anhielt, Janthe, ein Bild lieblicher Mütterlichkeit, half ihrem Kind gerade beim Hineinklettern. Als sie Phoebe sah, brach sie in einen Ruf aus und reichte ihr sofort die Hand. „Wie reizend das ist! Wenn Sie gerade nicht etwas sehr Wichtiges erledigen müssen, kommen Sie doch mit mir nach Hause! Mama ist nach Wimbledon ausgefahren, um eine meiner Schwestern zu besuchen, wir werden daher ganz allein sein und können gemütlich miteinander plaudern!" Janthe wartete kaum, dass Phoebe die Einladung annahm, nickte Muker bloß zu und sagte, Miss Marlow werde später in der Kutsche nach Hause gebracht. Sie veranlasste Phoebe, in den Wagen einzusteigen, und forderte Master Rayne auf, höflich guten Tag zu sagen.
    Master Rayne zog seine mit Quasten geschmückte Mütze und gab seine goldenen Locken dem Winde preis. Die Ähnlichkeit mit seiner Mutter war unverkennbar. Sein Teint war ebenso zart und hell, seine Augen ebenso riesig und tiefblau, und seine Locken so seidig wie ihre; aber ein kräftiger Körperbau und ein entschlossener Zug um Mund und Kinn bewahrten ihn davor, mädchenhaft zu erscheinen. Nachdem er Phoebe einer leidenschaftslosen Prüfung unterzogen hatte, beschloss er, ihr eine interessante Mitteilung anzuvertrauen.
    „Ich trage gerade Handschuhe", sagte er.
    „In der Tat! Und was für elegante!", erwiderte sie bewun-dernd.
    „Wäre ich zu Hause", sagte Master Rayne mit einem finsteren Blick auf seine Mutter, „müsste ich sie nicht tragen."
    „Nun, Edmund! "
    „Aber ich vermute, du freust dich über deinen Besuch in London, nicht wahr?", fragte Phoebe, indem sie diplomatisch das Thema wechselte.
    „In der Tat!", sagte Janthe. „Stellen Sie sich nur vor! Sein Großpapa hat versprochen, ihn eines Morgens zum Reiten in den Park mitzunehmen, nicht wahr, mein Lieber?"
    „Wenn ich brav bin", sagte Edmund mit unverkennbarem Pessimismus. „Ach, aber ich will mir nicht wieder meinen Zahn ziehen lassen!"
    Janthe seufzte. „Edmund, du weißt, Mama hat gesagt, du würdest dieses Mal nicht zu Mr Tilton gehen!"
    „Du sagtest auch, ich würde nicht gehen, als wir zuletzt nach London kamen", erinnerte er sie unerbittlich. „Aber Onkel Vester sagte, ich solle. Und ich ging. Ich will nicht, dass mein Zahn gezogen wird, auch wenn man mir erlaubt, ihn in einer kleinen Schachtel aufzuheben, und die Leute ihn nicht wegwerfen", sagte Edmund bitter.
    „Niemand tut das", mischte sich Phoebe ein. „Ich hoffe jedoch, dass du sehr tapfer warst."
    „Ja", gab Edmund zu. „Außerdem sagte Onkel Vester, ich würde es bereuen, wenn ich es nicht wäre, und ich mag Onkel Vesters Art nicht, Leute traurig zu machen. Es schmerzt!"
    „Sehen Sie!", sagte Janthe mit leiser Stimme und einem bedeutungsvollen Blick zu Phoebe.
    „Keighley sagte, dass ich tapfer war, als ich von meinem Pony fiel", eröffnete Edmund. „Nicht einen Schrei habe ich ausgestoßen! Regelrecht

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