Skandal im Ballsaal
schneidig war ich!"
„Edmund!", rief Janthe böse aus. „Ich sagte dir doch schon, ich will nicht, dass du diese vulgären Sachen wieder-holst, die Keighley zu dir sagt. Ich habe es dir hundertmal gesagt! Bitte Miss Marlow sofort um Entschuldigung! Ich weiß nicht, was sie von dir denken muss!"
„Oh nein, bitte, lassen Sie ihn das nicht tun!", bat Phoebe, die den störrischen Zug um Master Raynes Mund bemerkte.
„Keighley", stellte Edmund mit kriegerischem Blick im Auge fest, „ist ein prima Kerl! Er ist mein besonderer Freund."
„Ich wundere mich nicht darüber", erwiderte Phoebe, bevor Janthe diese Herausforderung aufnehmen konnte. „Ich bin selbst ein wenig mit ihm bekannt, weißt du, und ich bin sicher, er ist eine prächtige Person. Hat er dir beigebracht, dein Pony zu reiten? Ich möchte, dass du mir über dein Pony erzählst!"
Durchaus nicht abgeneigt, ließ sich Edmund auf ein Verzeichnis der Vorzüge seines Tieres ein. Bis sie Lord Elvastons Haus in der Albermarle Street erreichten, verstanden er und Miss Marlow einander ausgezeichnet, und er trennte sich mit beträchtlichem Widerstreben von ihr. Aber seine Mutter hatte von seiner Gesellschaft genug und schickte ihn in die Kinderstube. Sie erklärte Phoebe, wenn sie ihm erlaubte, einmal bei ihr zu bleiben, würde er das immer tun wollen und damit Lady Elvaston ärgern.
„Mama mag nicht, dass er im Wohnzimmer spielt, ausgenommen eine halbe Stunde, bevor er ins Bett gesteckt wird."
„Ich dachte, Sie sagten, sie wäre in ihn vernarrt!", sagte Phoebe, die vergaß, ihre vorschnelle Zunge zu zügeln.
„Oh ja! Nur glaubt sie, es sei für ihn nicht gut, wenn er zu viel im Vordergrund steht!", sagte Janthe mit lobenswer-ter Fassung. „Nun will ich Sie hinauf in mein Schlafgemach bringen, damit Sie Hut und Mantel ablegen können, denn ich will nicht, dass Sie mich gleich wieder verlassen!"
Tatsächlich waren einige Stunden verstrichen, ehe man nach der Kutsche schickte, um Phoebe in die Green Street zu bringen. Sie wurde in der Zwischenzeit ziemlich genau über alle Umstände von Janthes Heirat, Witwenschaft und beabsichtigter Wiederverheiratung informiert. Bevor sie sich vom Tisch erhoben hatten, auf dem ein leichter Imbiss angerichtet worden war, wusste sie, dass Sylvester das Kind seines Bruders nicht aufgebürdet haben wollte; und sie war durch eine Anzahl von Geschichten unterhalten worden, die seine harte Behandlung Edmunds erläuterten und die Bosheit, die ihn anspornte, Edmund zu ermuntern, der Autorität seiner Mutter zu trotzen. Graf Ugolino war kaum abstoßender als das gefühllose Individuum, das Janthe schilderte.
War er seinem Zwillingsbruder nicht zugetan gewesen? Oh, nun ja, vielleicht auf seine kalte Art! Aber nie würde die Witwe des liebsten Harry sein gefühlloses Benehmen vergessen, als Harry nach Tagen schrecklichen Leidens seinen letzten Atemzug getan hatte. „Vollkommen steif hielt er ihn in seinen Armen! Sie hätten geglaubt, er sei aus Marmor, meine liebe Miss Marlow! Nicht eine Träne, nicht ein Wort für mich! Sie können sich vorstellen, wie ich völlig außer Fassung war - nahezu von Sinnen! In der Tat, als ich Sylvester meinen geliebten Gatten niederlegen sah und seine Stimme sagen hörte, er sei tot - in brutalster Art! -, wurde ich in so grauenvolle Verzweiflung geworfen, dass die Ärzte um meinen Verstand bangten. Drei Tage lang litt ich an einem hysterischen Anfall, aber Sylvester kümmerte sich na-türlich nicht darum. Ich glaube, er wusste es nicht einmal, denn er ging direkt aus dem Zimmer, ohne einen Blick auf mich, und ich habe ihn Wochen hindurch nicht wiedergesehen!"
„Einige Leute, glaube ich", sagte Phoebe, die durch diese Erinnerungen sehr unangenehm berührt war, „bringen es nicht über sich, anderen ihre geheimsten Gefühle zu offen-baren. Es wäre ungerecht - entschuldigen Sie! - anzunehmen, sie hätten keine."
„Oh nein! Aber derartige Zurückhaltung ist mir höchst zuwider!", sagte Janthe ziemlich überflüssig. „Nicht dass ich glaube, Sylvester hat Gefühle dieser Art, denn ich bin sicher, ich habe nie jemanden mit weniger Zartgefühl kennengelernt. Die einzige Person, die er liebt, ist seine Mama.
Ich gestehe, er ist ihr ganz ergeben - ganz albern, meiner Meinung nach!"
„Aber Sie haben die Herzogin ebenfalls lieb, nehme ich an?", fragte Phoebe in der Hoffnung, Janthes Gedanken eine glücklichere Richtung zu geben. „Ist sie freundlich zu Ihnen?"
„Oh ja, aber nicht einmal sie
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