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Skandal im Ballsaal

Titel: Skandal im Ballsaal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
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setzte sich wie gelähmt und starrte Phoebe mit großer Bestürzung an. Sie war mit diesem Grafen wohlbekannt: in der Tat hätte man von ihr sagen können, sie sei bei seiner Geburt dabei gewesen, ein Ereignis, für das sie in gewissem Maße verantwortlich war, da sie sich mehrere Jahre hindurch zusammen mit Phoebe an den Abenteuerromanen ergötzt hatte, die die Erquickung ihrer eigenen Mußestunden waren. Ihr einziges „Laster" war ein Abonnement bei einer Leihbücherei in Bath. Ihre einzige bewusste Sünde bestand darin, dass sie Lady Marlow glauben machte, das Paket, das wöchentlich von einem Boten zugestellt wurde, enthielte nur Werke gelehrten oder erhebenden Inhaltes. Lady Marlow missbilligte Literatur derart, dass sogar Miss Edgeworths moralische Erzählungen für ihre Töchter verboten waren. Ihre Vorschrift lautete so entschieden, dass sie niemals Zweifel an ihrer getreuen Befolgung hegte: und da sie gleichermaßen mit Blindheit geschlagen wie despotisch war, war ihr nie der Verdacht in den Sinn gekommen, dass Miss Battery keinesfalls der lächerliche Zuchtmeister war, als der sie auftrat.
    An Lady Marlows eigenen Töchtern konnte Miss Battery die fantasievolle Denkart, die von Ihrer Ladyschaft so sehr missbilligt wurde, nicht feststellen: bei Phoebe war das sehr wohl der Eall, und Miss Battery, die sie liebte und zugleich tief bedauerte, förderte das, da sie wusste, wie sehr ihr eigenes freudloses Dasein durch Ausflüge in das Reich der Fantasie erhellt wurde. Von einem kleinen Mädchen, das zur Freude und zum Entzücken von Susan und Mary Märchen hinkritzelte, hatte sich Phoebe zu einer wirklichen Schriftstellerin entwickelt und darüber hinaus zu einer, die einen aufregenden historischen Roman geschrieben hatte, der wert war, veröffentlicht zu werden.
    Sie hatte ihn während ihrer Londoner Season geschrieben. Er war wie glühend aus ihrer flinken Feder geflossen, und Miss Battery hatte sofort erkannt, dass er ihren früheren Versuchen im Geschichtenschreiben weit überlegen war.
    Seine Fabel war so ausgefallen wie nur irgendwas aus der Minerva-Zeitung: das Verhalten der handelnden Personen war größtenteils sehr abenteuerlich geformt: der Schauplatz war in ein nicht feststellbares Land verlegt und die ganze Geschichte war reich an Ungereimtheiten. Aber Phoebes Feder war immer überzeugend gewesen, und sie ersann die Abenteuer ihrer Heldin so bezaubernd, dass sogar ein so strenger Kritiker wie der junge Mr Orde erst, als er das Ende des Buches erreicht hatte, sich auf die verschiedenen Ereignisse besann, die er rückblickend für unmöglich ansah. Miss Battery, eine scharfsichtige Kritikerin, erkannte nicht nur die volkstümliche Art der Erzählung, sondern auch das Blühen eines verborgenen Talentes darin. Phoebe hatte an sich die Gabe humorvoller Schilderung entdeckt und ihre Zeit in London nicht vergeudet. Tom Orde mochte bemängeln, dass eine Anzahl von unbedeutenderen Charakteren überflüssig war, aber Miss Battery wusste, dass diese knappen, unfehl-baren Skizzen ,The Lost Heir' über den Durchschnitt erhoben. Sie würde Phoebe nicht erlauben, eine davon herauszustreichen oder eine Zeile ihrer schalkhaft belustigenden Dialoge; sie überredete Phoebe stattdessen, alles gestochen sauber abzuschreiben. Phoebe seufzte über diese lästige Arbeit, aber da weder sie noch Miss Battery einen berufsmäßigen Abschreiber kannten und es ihnen schwergefallen wäre, die Dienste einer solchen Person zu honorieren, unterzog sie sich der Plackerei. Danach wurde das Buch verpackt und mit der Post an Miss Batterys Vetter, Mr Gilbert Otley, geschickt, der der jüngere Teilhaber in dem kleinen, aber aufstrebenden Verlag Newsham und Otley war.
    Mr Otley war unbeeindruckt, als er das Manuskript erhielt und den Begleitbrief von Miss Battery sorgsam las. Auf den ersten Blick hielt er ,The Lost Heir' für absolut kein Buch, mit dem er sich beschäftigen wollte: und die Mitteilung, dass es die Arbeit einer Dame von Rang war, entlockte ihm nur einen schweren Seufzer. Doch er nahm ,The Lost Heir' mit nach Hause und las es in einem Zug durch. Er brauchte nicht lange, um zu erkennen, dass es in gewisser Hinsicht ein Schlüsselroman war, denn obwohl er die Mitglieder der vornehmsten Gesellschaft nicht näher kannte, war er scharfsinnig genug, zu erkennen, dass die Autorin viele ihrer handelnden Personen nach dem Leben zeichnete.
    Der Erfolg von ,Glenarvon' - etwa achtzehn Monate vorher veröffentlicht - war noch lebhaft in

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