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Skandal im Ballsaal

Titel: Skandal im Ballsaal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
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Obwohl Großmutter mehrere Male bewiesen hatte, dass sie Mama überlegen war, als sie einander von Angesicht zu Angesicht gegenüberstanden, würde sich Mama aufgrund der Entfernung durchsetzen.
    Gerade als bei diesen Überlegungen ihr Mut sank, erinnerte sich Phoebe an Tom, der sie diesen Abend besuchen wollte. Hoffnung keimte auf, sie begann Pläne zu schmie-den; dadurch wurde sie so gefesselt, dass sie vergaß, Lady Marlow wie befohlen in ihrem Zimmer aufzusuchen, sobald sie angekleidet war. Stattdessen begab sie sich in die Galerie, wo sich die Familie vor dem Dinner nach ungemütlicher alter Sitte zu versammeln pflegte.
    Sylvester war allein in der Galerie und blätterte in einer Zeitschrift. Er stand vor dem Feuer, das lustlos brannte und hie und da eine Rauchfah-ne entließ. Er war mit seiner gewöhnlich lässigen Eleganz in schwarzen Rock und Pantalons und eine schlichte weiße Weste gekleidet. Eine einfache Uhrkette hing an seiner Weste, ein einziger Diamant glitzerte zwischen den Falten seines Halstuchs, und ein Ring, sein schweres Siegel, zierte seine Hand. Er nahm keine der Extravaganzen der Stutzerweit an, aber sein Auftreten war von entschiedener Vornehmheit, und der ausgezeichnete Schnitt seines Rockes brachte Phoebe zu Bewusstsein, wie altmodisch sie gekleidet war.
    Sie war erschrocken, ihn in der Galerie zu finden, und stockte auf der Schwelle, wobei sie unwillkürlich ausrief:
    „ Oh - ! "
    Er blickte mit leiser Überraschung auf. Nach einem Augenblick legte er die Zeitschrift nieder und sagte liebenswürdig: „Das ist ein schlechter Gast, nicht wahr, der vor seinem Gastgeber herunterkommt. Lassen Sie mich einen Sessel für Sie an das Feuer heranziehen! Es qualmt ein wenig, aber ich bin sicher, das hat nicht viel zu sagen."
    Sein ätzender Ton war kaum merklich, aber er entging ihr nicht. Sie kam zögernd die Galerie entlang, und sagte, als sie sich in den Sessel setzte, den er herangezogen hatte: „Alle Kamine auf Austerby rauchen, wenn der Wind im Nordosten steht."
    Auf die überflüssige Bestätigung dessen, was er sich ohnehin gedacht hatte, erwiderte er bloß: „Tatsächlich? Jedes Haus hat seine Besonderheiten, glaube ich."

„Raucht keiner der Kamine in Ihrem Haus?", fragte sie.
    „Ich glaube, sie taten es, aber man fand eine Möglichkeit, dem Fehler abzuhelfen", sagte er, völlig vergessend, wie oft er erbittert geschworen hatte, seine mittelalterliche Feuerstelle durch einen modernen Kamin zu ersetzen.
    „Wie günstig!", bemerkte Phoebe.
    Stille trat ein. Miss Marlow saß da und starrte zerstreut auf ein Elfenbeinkästchen; und Seine Gnaden von Salford, an solche Behandlung nicht gewöhnt, blickte sie mit wachsendem Groll an. Er war sehr geneigt, die Zeitschrift wieder aufzunehmen und wurde nur durch die Überlegung davon abgehalten, dass Widerwillen gegen ihren Mangel an Benehmen keine Entschuldigung war, sein eigenes Niveau an guten Manieren zu senken. Er sagte mit der Stimme eines Lehrers, der versucht, einem verschämten Schulmädchen die Schüchternheit zu nehmen: „Ihr Vater erzählte mir, Miss Marlow, dass Sie eine hervorragende Reiterin sind."
    „Hat er das?", erwiderte sie. „Nun, er erzählte uns, dass Sie ihn bei Heythrop hinter sich ließen."
    Er blickte rasch auf sie herunter, entschied aber nach einem Augenblick, dass diese Bemerkung ihrer Albernheit entsprang. „Ich glaube, ich brauche Ihnen nicht zu sagen, dass ich nichts dergleichen tat!"
    „Oh nein! Sie taten es nicht, da bin ich sicher", sagte sie.
    Er fuhr beinahe auf ; und da er nun die Überzeugung hegte, dass diese anscheinende Taktlosigkeit wohlüberlegt war, verspürte er gleichermaßen Interesse wie Unmut. Vielleicht war doch mehr an dieser kleinen Provinzlerin, als er angenommen hatte, denn warum sonst sollte sie boshafte Bemerkungen machen, die er nicht verstehen konnte? Ob sie sich wohl dafür rächen wollte, dass er sich nicht mehr erinnert hatte, bei welcher Gelegenheit er mit ihr getanzt hatte?
    Glaubte sie denn, er könne sich an jedes unbedeutende Mädchen erinnern, mit dem er zu einem Kontertanz hatte antreten müssen? Und was zum Teufel beabsichtigte sie, indem sie wieder in gleichgültiges Schweigen verfiel? Er versuchte es noch einmal: „Nun sind Sie an der Reihe, Miss Marlow, ein Thema für die Unterhaltung vorzuschlagen!"
    Sie wandte den Blick von dem Kästchen ab und sah den Herzog einen Moment lang unbefangen an. „Ich kann nichts zu einer Unterhaltung beisteuern", sagte sie.
    Er

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