Skandal im Ballsaal
wusste nicht, ob er belustigt oder verärgert sein sollte; er war allerdings verwirrt und kam gerade zu dem Schluss, dass es - obwohl er nicht die entfernteste Absicht hatte, diesem abscheulichen Mädchen einen Antrag zu machen - nicht wenig amüsant sein mochte, herauszufinden, was hinter ihrem seltsamen Benehmen steckte, da betrat Lady Marlow die Galerie. Als sie ihren Gast vorfand, machte sie ihn darauf aufmerksam, dass er zu früh war, was ihn zu der Antwort veranlasste: „Sie müssen den Wind dafür tadeln, dass er im Nordosten steht, Madam."
Der Pfeil verfehlte sein Ziel. „Sie irren, Herzog: es soll kein Tadel sein, dass Sie so früh da sind. In der Tat halte ich es für ein angenehmes Vergehen! Meine Tochter hat Sie unterhalten, wie ich sehe. Worüber haben Sie denn wohl miteinander gesprochen?"
„Man kann kaum sagen, wir hätten über irgendetwas gesprochen", erwiderte Sylvester „Miss Marlow hat mich informiert, dass sie nicht unterhaltend ist."
Er blickte Phoebe an, als er sprach, und begegnete einem so brennenden Blick des Vorwurfs, dass er es bereute und die Angelegenheit wieder in Ordnung zu bringen suchte, indem er mit einem Lachen hinzufügte: „In der Tat hat Miss Marlow eine knappe Minute vor ihnen, Madam, das Zimmer betreten, sodass wir wenig Gelegenheit zur Unterhaltung hatten."
„Meine Stieftochter ist scheu", sagte Lady Marlow mit einem Blick auf Phoebe, der baldige Rache verhieß.
Sylvester hatte den Eindruck, dass Phoebe nach den ersten Anzeichen von Überraschung überhaupt nicht scheu erschienen war. Er erinnerte sich, dass Lady Ingham gesagt hatte, sie wäre ein ungewöhnliches Mädchen, und er fragte sich, ob wohl noch mehr in ihr stecken mochte, als er bis jetzt entdeckt hatte. Da sie keine Anstrengung unternahm, sein Interesse zu wecken, schloss er, dass sie nicht wusste, mit welcher Absicht er nach Austerby gekommen war. Ein Versuch, sie aus ihrem zurückhaltenden Benehmen heraus-zulocken, war dadurch ziemlich ungefährlich. Er lächelte sie an und sagte: „Ich will jedenfalls hoffen, dass sie nicht zu scheu ist, sich mit mir zu unterhalten, wenn wir ein wenig besser miteinander bekannt sind."
Aber als er sich vom Dinner erhob, hatte ihn jeder Wunsch, mit Phoebe besser bekannt zu werden, verlassen, und er verlangte nach nichts anderem als einer Ausrede, um Austerby spätestens am kommenden Morgen den Rücken zu kehren.
Er war ein endloses Dinner hindurch dagesessen, hatte auf einer Seite den Monolog ertragen, der von seiner Gastgeberin höchst überheblich gehalten wurde, über so interessante Themen wie das Versagen des letzten Inhabers der Pfarrei, die Vortrefflichkeit des Bischofs, den Verfall der modernen Sitten und die Gebräuche, die im Haushalt ihres lieben Vaters herrschten; und auf der anderen Seite eine Reihe von Sporterinnerungen seines Gastgebers. Der Satyrblick zeigte sich immer stärker auf seinen Zügen. Niemals war er solch einer Behandlung ausgesetzt worden, wie er sie hier auf Austerby antraf! Wenn er Einladungen annahm, bei Freunden zu wohnen, wusste er, dass er sich in einer Gesellschaft finden würde, die aus angenehmen Leuten bestand, mit denen er gut bekannt war, und dass jede Art von Sport und Belustigung zu ihrer Unterhaltung vorbereitet wäre. Man jagte zu Pferd oder zu Fuß; und wenn das Wetter unfreundlich wurde, spielte man Whist und Billard, nahm an Theateraufführungen teil, tanzte auf improvisierten Bällen und flirtete verwegen mit den hübschesten Damen. So unterhielt auch er seine eigenen Gäste: es war so sehr die Art seiner Welt, dass er niemals auf den Gedanken kam, eine Reihe von Gastgeberinnen, die ihn sich für ihre Gesellschaften sicher-ten, könnten die größten Anstrengungen unternehmen, um ihn so großartig zu unterhalten. Aber als er sich als einziger Gast auf Austerby fand, war ihm von seinem Gastgeber eine abendliche Whistpartie mit zwei unbedeutenden Landedelmännern versprochen worden und von seiner Gastgeberin das Glück, den Bischof von Bath und Wells zu treffen; es drängte sich ihm der Gedanke auf, dass Lord Marlow einen gesellschaftlichen Verstoß begangen hatte, da er keine Vorsorge zu seiner Unterhaltung getroffen hatte.
Er war von einer Gastgeberin empfangen worden, die zu glauben schien, sie bereite ihm ein großes Fest. Er verachtete Schmeichelei, er verabscheute Schmarotzer, er erwartete nicht, bewusst mit Auszeichnung willkommen geheißen zu werden, aber dass man ihn mit Herablassung aufnahm, war eine neue
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