Skandal im Ballsaal
sein.
Komm dorthin, bevor Du zu Bett gehst. Übrigens traf die Postkutsche heute in Bath mit vier Stunden Verspätimg ein, wegen des Schnees bis Reading. Es würde mich nicht wundern, wenn ihr Deinen Herzog eine ganze Woche lang bei euch einquartiert hättet."
Auf Austerby genoss Phoebe nicht den Luxus einer Kam-merzofe, daher gab es niemand, der sie zwang, mehr Zeit als unbedingt notwendig für das Wechseln ihrer Kleidung aufzuwenden. Sie beeilte sich, aus ihrem Musselinkleid zu schlüpfen, und hüllte sich in etwas nachlässiger Art in das Abendkleid, das Lady Marlow vorgeschrieben hatte. Es war so unkleidsam für sie wie das Musselinkleid, aber außer dass sie ihre Locken kämmte und eine Perlenkette um den Hals legte, unternahm sie keinen Versuch, sich selbst ansehnlicher zu machen. Sie lauschte angestrengt, um den Klang männlicher Stimmen zu vernehmen. Als sie diese hörte und erkannte, dass ihr Vater den Herzog zu seinem Schlafzimmer geleitete, war ihre Toilette fertig. Sie warf einen Schal um die Schultern, schlüpfte aus ihrem Zimmer und durch die Halle in das Ankleidezimmer Lord Marlows.
„Papa, kann ich mit dir sprechen?"
Sein Kammerdiener war bei ihm, und er hatte schon seinen Rock angelegt; aber da er von Natur aus umgänglich war, schickte er sich an, seine Tochter willkommen zu heißen; als er sah, dass sie unter kaum unterdrückter Erregung litt, fühlte er sich auf einmal unbehaglich. Er sagte mit barscher Stimme: „Nun, wenn es nicht von unmittelbarer Wichtigkeit ist, meine Liebe ..."
„Es ist von unmittelbarer Wichtigkeit, Papa!"
Sein Unbehagen wuchs. „Oh, nun, dann -! Nun, ich kann dir fünf Minuten gewähren, möchte ich sagen!"
Sein Kammerdiener verließ das Zimmer. Kaum hatte er die Tür geschlossen, sagte Phoebe atemlos: „Papa, ich möchte dir sagen - ich kann den Herzog von Salford nicht leiden!"
Er stand da und starrte sie an, zuerst bestürzt, dann mit wachsendem Zorn, denn er fühlte sich schlecht behandelt.
Er sagte aufbrausend: „Nun, auf mein Wort, Phoebe! Einen schönen Augenblick hast du gewählt, um mir diese Neuigkeit mitzuteilen!"
„Wie konnte ich sie dir früher mitteilen? Wenn du mir nur gesagt hättest, was du beabsichtigst, bevor du nach Blandford Park gingst! Papa, du weißt, Mama hätte mir nie erlaubt, einen Diener mit einem Brief dorthin zu senden, um dich zu bitten, in dieser Angelegenheit nichts weiter zu unternehmen! Oh, bitte, Papa, sei mir nicht böse! Es ist tatsächlich nicht meine Schuld, dass du in Unkenntnis über - über meine Gefühle in dieser Angelegenheit gelassen wurdest!"
Die Färbe seiner glühenden Wangen vertiefte sich; er fand wirklich, dass er abscheulich behandelt worden war. Sein Stolz, er habe es fertiggebracht, den Herzog in Lady Inghams Netz zu ziehen, war groß gewesen; er war schon zu drei Vierteln überzeugt, dass es ganz allein sein eigener Plan gewesen war und dass er für seine Tochter beträchtliche Mühe auf sich geladen hatte. Nun schien es, seine Sorge sollte vergebens gewesen sein. Das war schlimm; und noch schlimmer wäre das Peinliche seiner Lage, wenn er Sylvester mitteilen müsse, Phoebe weise ihn zurück. Mit einem Versuch, ihren Widerspruch abzuwehren, sagte er: „Pah, Unsinn! Die reinste Nervenüberreizung, meine Liebe! Du bist schüchtern - ja, ja, du bist schüchtern, sage ich, und wer sollte das besser wissen als dein Vater? Du hast sehr viel Empfindsamkeit - ich habe immer gedacht, es wäre klüger, dir nicht zu sagen, was Salfords Absicht ist, wenn er uns besucht, aber deine Mama - nun, das tut nichts zur Sache, da das Unglück einmal geschehen ist! Deine Gefühle sind in Aufruhr! Ich leugne nicht, dass deine Lage nicht ganz einfach ist. Wahrhaftig, ich ärgere mich zu Tode, dass deine Mama ... Aber du wirst nicht darauf achten! Ich versichere dir, ich habe mir sehr viele Gedanken über diese Sache gemacht, und ich bin überzeugt, dass Salford dir ein liebevoller Gatte sein wird.
Du wirst zugeben, dass ich geeigneter bin, den Charakter eines Mannes zu beurteilen, als du! Nun, ich bin mit Salford zufrieden: er ist über jeden Tadel erhaben!" Er stieß sein herzhaftes Lachen aus und fügte hinzu: „Ich möchte wetten, der Tag ist nicht weit, an dem du dich fragen wirst, wie du so eine Gans sein konntest! Wie werde ich dich deshalb necken!"
„Papa, ich kann ihn nicht gern haben!", wiederholte sie.
„Um Gottes willen, Mädchen, sprich nicht so einen Unsinn!", sagte er jähzornig. „Du bist kaum
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