Skandal im Königshaus Meisterspionin Mary Quinn 3
Drang, ihn zu ohrfeigen, wuchs mit jeder Begegnung. »Was wollen Sie, Mr Jones?«
»Warum vermuten Sie nur immer, dass ich etwas von Ihnen will? Wie überaus geschmacklos.« Das war typischer Jones-Unsinn, dennoch lag in seiner heutigen Darbietung etwas Gezwungenes.
Sie blieb stehen. »Raus damit.«
»Möchten Sie nicht einen Ort mit mir aufsuchen, der etwas bequemer ist?« Ein Blick auf ihre Miene ließ ihn seufzen. »Na gut. Äh … es geht um Amy.«
»Das dachte ich mir schon.«
»Ah. Tja. Es ist nämlich so.« Beim Sprechen warf Jones ständig Blicke über die Schulter, als werde er verfolgt. »Sie, äh, scheint gewisse Erwartungen an mich zu haben. Nachdem man ihr gekündigt hat, hält sie es für angebracht, dass ich, äh, einspringe.«
»Das ist ja auch eine vernünftige Annahme. Immerhin machen Sie ihr den Hof.«
Jones’ Augen traten hervor und er stieß einen kleinen Schrei aus, mitten auf der Straße. »Nein, nein – da genau fängt das Missverständnis schon an! Glauben Sie denn wirklich, dass ich einer Hausangestellten den Hof machen würde?«
Mary neigte den Kopf zur Seite. »Amy hat es jedenfalls so aufgefasst.«
»Verdammt, verdammt, verdammt. Begreifen Sie nicht, Mary?«
»Miss Quinn.«
»Ich bitte um Verzeihung: Miss Quinn.« Jones holte ein paarmal tief Luft, um sich zu beruhigen. »Ich verstehe, dass Amy den Eindruck gehabt haben mag, mein Interesse sei ernst gemeint. Aber eine Dame wieSie – eine gebildete Frau, eine Journalistin, eine Dame von Welt – versteht doch gewiss, wie absurd so eine Erwartung ist. Es kommt nicht infrage. Das wäre ja – eine Allianz zwischen zwei füreinander ganz und gar ungeeigneten Parteien.«
»Prinzessin und Bettelknabe sozusagen«, sagte Mary.
Jones schien ihren Ton nicht zu bemerken. »Genau! Oder Neger und Engländerin – davor schreckt man zurück! Sie verstehen mich!«
»Ja, ich verstehe Sie bestens, Mr Jones.«
»Dann werden Sie mir auch helfen: Nur eine Frau kann Amy begreiflich machen, dass ihre Erwartun gen lächerlich sind.«
»Ich dachte, Sie sind der große Frauenflüsterer.«
»Das trotzige kleine Ding will nicht auf mich hören!«
»Aber wenn ihre Erwartungen so absurd sind, warum sind Sie die Beziehung dann eingegangen?«
Jones zögerte. »Ach so. Na ja. Sie wollte es einfach so sehr, wissen Sie. Es kam mir unritterlich vor, abzulehnen.«
»Das glaube ich nicht eine Minute. Schließlich habe ich Ihnen von dem Plan erzählt. Das wäre der Moment gewesen, abzulehnen.«
»Da haben Sie recht.« Ein verlegenes Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus, und er bemühte sich sehr, flehentlich zu wirken. »Ach kommen Sie, Miss Quinn – ich bin ein Mann im besten Alter. Erwarten Sie wirklich von mir, so ein dreistes Angebot abzulehnen?Ich versichere Ihnen, dass sich Amy genauso vergnügt hat wie ich.«
»Das tut doch absolut nichts zur Sache, Mr Jones. Sie halten sich für einen Mann von Welt. Wie konnten Sie nicht begreifen, welche Bedeutung dieses Angebot hatte?«
Er wirkte eingeschnappt. »Ich dachte, Sie verstehen mich.«
»Das tue ich; aber es heißt nicht, dass ich einer Meinung mit Ihnen bin.«
»Sie wollen mir also nicht helfen.« Er machte eine ärgerliche Handbewegung. »Verdammt, so lasse ich mich nicht hereinlegen. Hören Sie, wenn Sie Amy nicht überzeugen können, dass es zwar Spaß gemacht hat, dass ich aber nicht der Mann für sie bin, werden Sie es bereuen.«
Ah. Jetzt zeigte sich der wahre Octavius Jones endlich. »Eine leere Drohung, Mr Jones. Ist Ihre Lage tatsächlich so verzweifelt?«
»Ich könnte der Haushälterin erzählen, was Sie wirklich im Schilde führen.«
Mary tat so, als ließe sie sich das durch den Kopf gehen. »Das könnten Sie wohl, nehme ich an. Falls sie Ihnen ein Wort davon glaubt. Und falls Sie vor mir Gelegenheit haben, mit ihr zu reden.«
»Was meinen Sie?«
»Ich muss nur in den Palast zurückkehren und ihr berichten, warum Sie vorgegeben haben, Amy den Hof zu machen. Ich bin sicher, sie würde nur zu gerne hören, warum ein Klatschreporter wie Sie Geheimnisseaus einer Dienerin des Palastes herauslocken wollte.« Sie legte eine Pause ein. »So ungeschickt er sich dabei auch angestellt hat.« Zwei rote Flecken erschienen auf Jones’ Wange, doch sie ließ nicht ab von ihm. »Und was den Bruch des Eheversprechens angeht, bin ich sicher, dass es ein Leichtes ist, Zeugen zu finden. Alle weiblichen Dienstboten haben Ihre Valentinskarte gesehen, und ich habe
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