Skandal im Königshaus Meisterspionin Mary Quinn 3
mitbekommen, wie Sie die behütete, unschuldige Miss Tranter verführt haben. Und die Bettlaken werden für sich sprechen, nehme ich an … Wissen Sie, Jones, ich kann mir keine Geschworenen vorstellen, die nicht auf Seiten der armen Amy wären.«
Mit sichtbarer Anstrengung beherrschte er sich. Es dauerte jedoch eine Minute, ehe er wieder sprechen konnte, und seine Stimme war krächzend. »Sie sind eine vernünftige Frau, Miss Quinn. Glauben Sie, ich würde einen guten Ehemann abgeben?«
»Natürlich nicht. Aber das ist irrelevant. Amy würde eine beträchtliche Summe Schadensersatz für das gebrochene Eheversprechen bekommen. Zumindest so viel, dass sie davon leben kann, bis sie eine neue Stelle gefunden hat.«
»Dann kann ich sie ja auch so entschädigen. Den Vermittler ausschalten, sozusagen.« Sein Versuch, jovial zu klingen, scheiterte kläglich.
Mary lächelte freundlich. »Warum belästigen Sie mich dann?«
»Ach zum Teufel!«, rief er. Wieder durchbrach ein seltenes und entnervendes Beispiel echter Emotionenseine glatte Fassade. »Ich habe sie so satt! Ich möchte sie nie mehr sehen. Haben Sie doch Mitleid, Miss Quinn, bitte.«
Ah – jetzt kamen sie der Sache schon näher. Sie verschränkte die Arme. »Dann machen Sie mir ein Angebot.«
Er starrte sie wütend und ohne eine Spur seines Charmes an. »Fünf Guineen.«
Sie musste fast lachen. »Für Amy, sicher. Aber ich bin nicht hinter Ihrem Geld her.«
»Hinter was dann?«
»Informationen natürlich. Hinter dem, was Sie über Amy herauszufinden hofften.« Sie wagte nicht, direkter zu werden. Die Diebstähle waren so gut geheim gehalten worden, dass er Verdacht schöpfen würde, wenn sie ihre Kenntnis davon preisgab.
»Und als Gegenleistung verhindern Sie –«
»Als Gegenleistung«, unterbrach ihn Mary, »versuche ich mein Bestes, Amy zu überzeugen, dass eine Heirat mit Ihnen nicht gut für sie ist und dass sie lieber fünf Guineen für ihre Enttäuschung annehmen soll. Ich brauche dafür übrigens einen Scheck.«
»Und wenn es Ihnen nicht gelingt und sie mich anzeigt, weil ich das Eheversprechen gebrochen habe?«
»Das macht sie nicht. Und falls doch, werde ich nicht für sie aussagen.«
»Schön und gut, aber ich benötige schon etwas mehr Sicherheit.«
Mary zuckte die Schultern. »Ich habe Sie noch nie belogen. Was man von Ihnen nicht sagen kann.«
Es war ein Anzeichen für Jones’ Verzweiflung, dass er nur eine halbe Minute zögerte. Amy musste tatsächlich geschickt vorgegangen sein, dass er so am Boden war. »Na gut. Es ist allerdings nicht besonders pikant; irgendein Skandal im Zusammenhang mit dem Prinzen von Wales.«
»Doch nicht die absurden Gerüchte im Zusammenhang mit dem Tod von Beaulieu-Buckworth, hoffe ich«, sagte Mary mit gespielter Ungeduld.
»Wofür halten Sie mich«, sagte Jones unwirsch. »Natürlich nicht. Ich habe Amy seit Anfang Januar bearbeitet – viel zu lang, um von derlei halbgarem Klatsch abgelenkt zu werden. Nein, es handelt sich um etwas viel Hübscheres: eine königliche Romanze.« Er fing Marys ungläubigen Blick auf. »Er wirkt auf Sie vielleicht nicht besonders anziehend, aber immerhin ist er der Thronerbe. Der Prinz ist das eine oder andere Mal gesehen worden, wie er zu ungewöhnlichen Zeiten von Oxford nach London kam. Ein paar Briefe. Morgendliche Ausritte im Park, nach denen der Prinz für eine Stunde oder so verschwindet.«
»Wer ist die Dame?«
Jones schüttelte den Kopf. »Nicht ganz sicher. Es handelt sich um eine Familie mit vier Schwestern, alle zwischen sechzehn und zweiundzwanzig. Der Name ist Hacken.«
»Was für ein seltsamer Name.«
Jones’ Mund zuckte. »Nun, sie gehören nicht zur
feinen Gesellschaft
oder was es davon noch gibt; sonstwürden sie bestimmt wohlklingender heißen. Der Vater ist Juwelier. Ehrgeizig. Aufstrebend. Großen Grundbesitz in Mortlake, Kutsche mit Gespann und so weiter. Die älteren Mädchen arbeiten im Geschäft. So wird er sie wohl kennengelernt haben. Sie sind nicht unbedingt lupenreine Diamanten« – Jones grinste über seinen eigenen Witz – »aber ich denke, sie sind jung und gerade hübsch genug. Und nach dem, was Amy von dem Prinzen berichtet, ist er ein alberner Weichling. Denkt wahrscheinlich, dass er ein tolles romantisches Abenteuer hat und etwas erlebt, was sonst noch keiner erlebt hat.«
»Aber haben Sie denn Beweise, dass es sich um eine romantische Affäre handelt?«
»Was soll es denn sonst sein?«, fragte Jones.
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