Skandal In Belle Terre
kurz die Hand an die Wange. „Ich dachte schon, ich hätte das alles nur geträumt.”
„Nein, ich bin es wirklich, Liebste.”
„In dieser Welt der Verstellung und Lügen warst du immer mein einziger Halt.”
„Und trotzdem hast du mich verlassen.”
„Das war das Beste, was ich tun konnte. Was hätte aus mir hier werden sollen, was aus dir?” Sie setzte sich auf. Erst jetzt bemerkte sie die klaren Linien und gedämpften Farben des Raumes, typisch für einen Mann, der nach der Hektik des Tages Ruhe finden wollte. „Du bist schließlich ein Rivers und wusstest genau, was das bedeutete, auch für deine Zukunft. Ich dagegen bin eine Delacroix, und solange ich in Belle Terre lebte, war mir immer klar, dass ich nie etwas anderes sein würde als das Kind einer Ausgestoßenen, ein Mädchen mit dem Blut einer Hure in den Adern. Kaum besser als die Hure selbst, zumindest in den Augen von Belle Terres ehrenwerten Bürgern.
Dich zu lieben war ein Märchen, das einfach nicht wahr werden konnte. Das war mir besonders deutlich in der Nacht, als die Jungen mich überfielen, um mir deutlich zu machen, wo mein Platz war. Derjenige, der versuchte, mich zu vergewaltigen, war sicher der Meinung, dass er das Recht dazu hatte. Danach war mir vollkommen klar, was ich zu erwarten hatte, wenn ich hier blieb.”
„Diese verdammten Feiglinge”, stieß Jericho zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. „Was haben sie dir angetan, und was haben sie uns genommen!” Er erinnerte sich noch gut an die Nacht, als er sie auf der dunklen Straße gefunden hatte, wie sie um ihr Leben kämpfte. Ein junges Mädchen, umzingelt von jungen Männern mit Skimasken vor dem Gesicht, die sie umkreis ten wie ein Wolfsrudel. „Letzten Endes hast du dich von ihnen aus der Stadt vertreiben lassen. Du hattest nicht genug Vertrauen zu mir.”
„Aber du warst erst achtzehn, Jericho. Auch wenn der Name Rivers in Belle Terre Gewicht hatte und du tapfer und stark warst, gegen die Vorurteile dieser ganzen verlogenen Gesellschaft wärest du nie angekommen.” Maria strich ihm liebevoll die dunklen Strähnen aus der Stirn. „Und du kannst es auch heute nicht.”
„Das bedeutet, du verlässt die Stadt wieder?”
„Wir haben die Story im Kasten. Mehr gibt es hier für uns nicht zu tun.”
„Und was ist das hier?” Jericho ergriff sie beim Handgelenk.
„Was bedeutet das?” Ein goldener Ring, der an einem schmalen Armreifen befestigt war, blitzte im hellen Licht auf.
„Das hat etwas mit einer Erinnerung zu tun, die mir sehr kostbar ist.” Sie drehte das Handgelenk, so dass ihr Ring nun neben seinem lag, der ebenso aussah. „An etwas so Wunderbares, das wir beide nur als kostbare Erinnerung hüten können.”
„Und wenn du dich nun wieder verliebst? Was ist dann, Maria Elena Rivers?”
Als er den Namen aussprach, den sie in der Vergangenheit so oft beschwörend vor sich hingesagt hatte, stiegen ihr die Tränen in die Augen. Sie schüttelte heftig den Kopf. „Das wird nicht passieren.”
Er blieb hartnäckig. „Und wenn ich mich wieder verliebe?”
Ein scharfer Schmerz durchfuhr sie. Aber er verdiente ein Leben und eine Liebe, die sie ihm nicht geben konnte, und so sagte sie nur: „In dein Fall werde ich dir nicht im Wege stehen.”
Jericho Rivers lachte kurz und trocken auf. „Wir sind uns nach so vielen Jahren wieder begegnet und haben sofort wieder miteinander geschlafen. Das muss doch etwas bedeuten.”
„Ja, es bedeutet auch etwas. Unser Schicksal ist es, uns auf ewig zu lieben, und dennoch können wir nicht zusammenkommen. Belle Terre war der falsche Ort, und unsere Teenagerjahre waren die falsche Zeit.”
„Hast du dir jemals überlegt, was hätte sein können, wenn …”
Sie nickte. „Du meinst, wenn mein Vater nicht so sehr an Belle Terre gehangen hätte, dass er die Stadt damals nicht verlassen konnte, obwohl die Leute hier so altmodische Vorurteile hatten?
Wenn er sich nie in meine Mutter verliebt hätte und sie sich nicht in ihn? Wenn sie nicht dem Alkohol verfallen wären? Oder wenn wir beide uns erst auf dem College begegnet wären? Oder in einem anderen Leben?” Sie seufzte leise. „Oh ja, darüber habe ich oft nachgedacht. Aber …”
„Aber so war es nicht”, unterbrach Jericho sie sanft. „Stattdessen landeten wir in einer Ehe ohne Anfang und ohne Ende.”
„Eine Ehe, die uns Stunden wie diese schenkt.”
Jericho lächelte. „Stimmt. Was wollen wir also damit anfangen?”
„Der Tag ist ja noch
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