Skandalfilme - cineastische Aufreger gestern und heute
feststellen, dass die Ursachen für diese Erscheinungen von Unmoral und einer dem Sozialismus fremden Lebensweise auch in einigen Filmen […] bei uns zu sehen sind. Es häuften sich in letzter Zeit auch in Sendungen des Fernsehfunks, in Filmen und Zeitschriften antihumanistische Darstellungen. Brutalitäten werden geschildert, das menschliche Handeln auf sexuelle Triebhaftigkeit reduziert.» 1
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Manfred Krug
(*8.2.1937)
Nach der Scheidung seiner Eltern zieht Manfred Krug 1949 mit seinem Vater aus Duisburg in die DDR. Dort absolviert er zunächst eine Ausbildung zum Schmelzer und beginnt, nachdem er das Abitur nachgeholt hat, ein Schauspielstudium in Berlin, das er jedoch vorzeitig abbricht. Über das Berliner Ensemble kommt er dennoch zum Film, wo er in vielen Rollen den halbstarken Raudi verkörpert. Seinen ersten größeren Erfolg feiert Krug mit Frank Beyers F ÜNF P ATRONENHÜLSEN (1960). Für seine Darstellung des Nonkonformisten Balla in S PUR DER S TEINE wird er von der SED-Führung scharf kritisiert.
1976 setzt sich Krug mit anderen gegen die Ausbürgerung des regimekritischen Liedermachers Wolf Biermann ein. Nachdem er einen Stasi-Spitzel körperlich angegriffen hat, erhält er ein sechsmonatiges Teilberufsverbot . Desillusioniert verlässt Krug auf Antrag 1977 die DDR in Richtung Bundesrepublik, wo es ihm mit Fernsehserien wie A UF A CHSE , L IEBLING K REUZBERG und T ATORT gelingt, seine erfolgreiche Schauspielkarriere fortzusetzen, und er zu einem der beliebtesten und bekanntesten westdeutschen Schauspieler überhaupt aufsteigt. Nach seinem Abschied als Hamburger T ATORT -Kommissar Paul Stoever zieht sich Krug als Darsteller vor der Kamera weitgehend zurück. Als Sänger und Schriftsteller bleibt er jedoch weiterhin künstlerisch aktiv.
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In seiner Rede, in der er auch den regimekritischen Liedermacher Wolf Biermann scharf angriff, nannte Honecker als Beispiele besonders verderblicher Filme Kurt Maetzigs D AS K ANINCHEN BIN ICH und Frank Vogels D ENK BLOSS NICHT, ICH HEULE . «Ich brauche die Republik nicht» sagt darin ein rebellischer Schüler. Dass Honeckers Empörung nichts anderes bedeutete als einen Aufruf zur schärferen Zensur, gerade auch im Bereichdes Films, wurde schnell deutlich. Im Herbst 1965 beauftragte Walter Ulbricht den für Kultur und Erziehung zuständigen stellvertretenden Vorsitzenden des Ministerrats der DDR, Alexander Abusch, damit, jene DEFA-Filme zu sichten, deren Premieren kurz bevorstanden. «Er war pflichtgemäß entsetzt», erinnerte sich der damalige Kulturminister Hans Bentzien später, «und zeigte einen davon seinem Herrn und Meister. Ulbricht schäumte, Altmeister Maetzig und die jungen Regisseure bliesen alle in das gleiche Horn: Die Gesellschaft ist sehr verbesserungswürdig.» 2 Mitte November sorgte bei einer Politbürositzung, zu der auch Verantwortliche aus dem Filmbereich eingeladen waren, ein Foto von den Dreharbeiten zu S PUR DER S TEINE für Aufregung, das die Szene zeigte, in der ein Volkspolizist unfreiwillig baden ging.
Zehn Filme und etliche Theaterstücke wurden im Anschluss an das 11. Plenum des ZK abgesetzt und verboten. Auch bei S PUR DER S TEINE , der im Oktober 1965 im Rohschnitt vorlag, mussten Regisseur Beyer und sein Filmteam um die Früchte ihrer Arbeit fürchten. Um einem Verbot zu entgehen, überarbeiten sie das Material noch einmal. Dennoch stieß der Film bei einer Vorführung in der offiziell für Filmfreigaben zuständigen HV (Hauptverwaltung) Film, an der auch der neue Kulturminister Klaus Gysi teilnahm, auf Ablehnung. Dass er zunächst trotzdem nicht verboten wurde, hatte er wohl vor allem der Popularität seiner Vorlage, des gleichnamigen Romanbestsellers von Erik Neutsch, zu verdanken, der mit dem Nationalpreis der DDR ausgezeichnet worden war. Ein Verbot seiner Verfilmung hätte für öffentliches Aufsehen gesorgt.
Nachdem Beyer weitere Änderungen vorgenommen hatte, wurde S PUR DER S TEINE auf Betreiben von Kurt Hager, der im SED-Politbüro für Wissenschaft und Kultur zuständig war, dem Filmbeirat beim Ministerium für Kultur vorgeführt, der sich für seine Zulassung aussprach. Am 30. Juni 1966 sollte der Film, versehen mit dem Prädikat «besonders wertvoll», DDR-weit in den Kinos starten. Zudem wurde er für das Filmfestival in Karlovy Vary (Karlsbad, Tschechien) nominiert. Nach seiner Zulassung wurde der Film im großen Stile beworben und feierte am 15. Juni 1966 bei den Arbeiterfestspielen in Potsdam seine
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