Skin Deep - Nichts geht tiefer als die erste Liebe (German Edition)
Oh, und mich.
Damit ließ sich in unserem Rechtssystem nicht viel anfangen.
»Vielleicht verhören sie auch noch andere Leute«, sagte ich.
»Vielleicht.«
Als er sich verabschiedete, umarmte er mich ganz fest. »Ich hab dich lieb«, flüsterte er, bevor er davontrottete. Er wartete nicht darauf, dass ich ihm das Gleiche sagte.
Der Empfang zu Hause war frostig. In dem Moment, wo ich zur Tür reinkam, stand Dad auf. Mum weigerte sich, mich überhaupt anzusehen. »Geh sofort hoch auf dein Zimmer. Du hast Hausarrest. Und dein Handy kannst du gleich hierlassen.«
»Nein«, erwiderte ich und versuchte, möglichst gelassen zu klingen. »Ich gehe jetzt ins Bett, aber mein Handy bekommst du nicht.«
»Du tust, was ich dir sage! Ich dulde es nicht, dass eine Vierzehnjährige unter meinem Dach macht, was sie will.«
Vom Sofa aus wimmerte Charlie, wir sollten aufhören, doch keiner beachtete ihn.
»Ich habe Nein gesagt. Ich musste noch mal weg. Die Polizei hat Ryan verhört, und ich musste nachsehen, ob es ihm gut geht. Und deshalb gebe ich mein Handy nicht ab.«
Dad schlug mit der Hand auf den Tisch, der hinter dem Sofa stand. »Er wurde verhört? Jenna, mit was für Leuten gibst du dich eigentlich ab? Er steht unter Mordverdacht! Bist du völlig verrückt geworden?«
»Bist du ein Mörder? Dich haben sie auch verhört. Er war es nicht, du dämlicher, bescheuerter Idiot!«
So viel zum Thema Nerven behalten. Mum sprang auf und schob mich zur Tür. »Geh nach oben. Für heute Abend reicht es.«
Ich knallte die Tür hinter mir zu.
Sobald ich oben war, versteckte ich das Handy in meinem Kopfkissenbezug, falls einer hereinschleichen und versuchen würde, es mir wegzunehmen. Nachdem ich mich ausgezogen hatte, lag ich im Dunkeln da und schäumte vor Wut. Ich war wirklich bereit gewesen, mich mies zu fühlen, weil ich ihnen den Abend verdorben hatte, doch damit war es jetzt vorbei.
Einige Zeit später klopfte es leise an der Tür. Eine Stimme flüsterte: »Jen, darf ich reinkommen?«
Charlie.
Er tappte zu meinem Bett und kroch unter die Decke wie früher, als er noch kleiner war und einen Albtraum hatte.
»Steckt Ryan in Schwierigkeiten?«
Er klang weinerlich, vielleicht hatte er wieder geheult.
»Ich weiß nicht. Kann sein.«
»Du magst ihn wirklich, oder?«
»Ja.«
»Ich finde ihn auch ganz okay.«
»Weil er dich mit zum Feuerwerk genommen und mit dir Fußball gespielt hat?«
»Nein, auch so.«
»Charlie, was ist los?«
»Ich wusste nicht, dass die Polizei Dad verdächtigt hat.«
»Solltest du auch nicht. Und jetzt ist es sowieso egal. Sie haben erkannt, dass er es nicht war.«
»Du hättest es mir trotzdem sagen sollen, Jenna. Wirklich!« Seine Stimme überschlug sich fast.
»Wieso?«
Er antwortete nicht und zupfte mit seinen rauen kleinen Fingern am Bezug der Bettdecke.
»Charlie, was willst du? Ich bin echt nicht in Plauderstimmung.«
»Ist er nett zu dir?«
»Ryan? Natürlich.«
»Aber wie?«
»Was meinst du damit?«
Was war bloß los mit ihm?
»Wie ist er nett zu dir?«
»Äh, er bringt mich zum Lachen, wenn ich sauer bin. Und wir reden über Sachen … Sachen, die mir wichtig sind. Er lässt es nicht zu, dass ich traurig darüber bin, was die Leute denken oder sagen oder wie sie mich ansehen.« Ich verstummte – da war noch mehr, aber das wollte ich Charlie nicht erzählen. »Es ist einfach schön, mit ihm zusammen zu sein.«
»Hm, okay … ich gehe jetzt ins Bett.« Er wand sich unter meiner Bettdecke hervor und hielt dann plötzlich inne. »Wenn ich etwas wirklich Schlimmes getan hätte, würdest du mich trotzdem noch mögen?«
Wie bitte?
Charlie sagte sonst niemals so was. »Natürlich. Warum?«
»Einfach so. Ich hab nur darüber nachgedacht.« Er verließ mein Zimmer und schloss leise die Tür hinter sich.
Jetzt fühlte ich mich doch schuldig. Die ganzen Probleme bei uns zu Hause belasteten Charlie offenbar sehr. Ich musste mich mehr anstrengen und nett zu ihm sein.
An diesem Abend schlief ich nur schlecht ein.
Am Morgen erwachte ich davon, dass etwas an meinem Ohr rüttelte. Als es mir wieder einfiel und ich mit der Hand in den Kopfkissenbezug griff, hatte ich den Anruf schon verpasst.
Ryans Nummer.
»Mist!«
Ich drückte auf Rückruf.
Ein Mann ging ran. »Hallo?«
»Wo ist Ryan?«
»Bist du das, Jenna? Ich habe gerade versucht, dich anzurufen. Hier ist Cole.«
Panik kroch in mir hoch. »Was ist passiert?«
»Sie haben ihn heute Morgen verhaftet. Wir sind auf
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