Skin Deep - Nichts geht tiefer als die erste Liebe (German Edition)
Untersuchungen an der Leiche abschließen mussten. Der Abgleich mit meiner DNA ging viel schneller. Der Anwalt vermutet, dass sie Druck gemacht haben, um das Ganze zu beschleunigen.«
»Aber wie …« Ich verstummte, weil es mir zu dämmern begann.
»Die Schlägerei. Sie haben meine DNA-Spur an ihm nachgewiesen.«
»Aber –«
Er sah mich flehend an. »Ich habe ihn nicht umgebracht.«
»Ich weiß.« Ich küsste ihn. Wieder und wieder. Verteilte meine Küsse über sein ganzes Gesicht. Er saß da und ließ es geschehen wie unter Drogeneinfluss. »Aber sie haben dich gehen lassen, dann ist doch alles okay.«
Er schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht. Vielleicht auch nicht.«
»Was hast du erzählt?«
»Die Wahrheit. Die Sache mit der Prügelei und dass ich in deinem Stall meinen Rausch ausgeschlafen habe. Sie schienen nicht überrascht zu sein. Ich glaube, sie wussten, dass ich nicht bei Mum auf dem Boot war. Sie ist an dem Abend ein paarmal rausgegangen, um mich zu suchen. Vielleicht hat sie jemand gesehen. Sie haben einen Haufen Leute befragt.«
»Aber du hast ein Alibi.«
»Habe ich nicht.«
»Ryan, du hast doch gesagt, dass wir zusammen waren, oder?«
»Nein.«
»Ryan!«
»Es spielt keine Rolle. Ich hätte ihn töten können, bevor du mich gefunden hast.«
»Nein – der Mord ist später passiert. Sag es ihnen.«
»Das weißt du doch gar nicht genau und dein Vater ist jetzt schon total sauer.«
»Na und? Sei kein Idiot. Hier geht es um Mord. Im Vergleich dazu ist ein Wutanfall doch wirklich lächerlich.«
Die Tür ging auf und Karen kam die Stufen herunter. Hinter ihr ging ein Mann, der zwei Motorradhelme unter dem Arm trug.
»Ihr habt Feuer gemacht, prima«, sagte der Fremde, ließ sich neben dem Ofen in einen Stuhl fallen und streckte seine Beine aus, die in schweren Stiefeln steckten. »Mensch, Karen, hast du vielleicht Whisky da? Ich könnte wirklich einen gebrauchen.« Er nickte mir zu. »Alles in Ordnung?«
Männer wie ihn hatte ich schon mal gesehen. Im Sommer trafen sie sich in großen Gruppen draußen vor den Pubs in der Gegend. Sie rasten auf ihren Motorrädern über die Straßen, überholten die Autos mit ohrenbetäubendem Lärm, sodass Dad zusammenzuckte und fluchte, wenn sie vorbeischossen.
»Das ist Cole«, sagte Ryan und streichelte meinen Arm.
Oh
! Ich sah über die vielen Haare und die Tattoos hinweg und entdeckte freundliche Augen, die mich anschauten.
Er zwinkerte mir zu. »Wer du bist, kann ich mir denken.«
Karen gab ihm einen Becher mit Whisky und wandte sich dann zu uns. Sie öffnete den Mund, um über Ryan herzufallen. Cole packte ihre Hand. »Jetzt nicht, Kaz. Lass ihn. Er hat genug für heute.«
Zu meiner Überraschung wich sie zurück und setzte sich in den leeren Sessel neben Cole.
»Hallo, Jenna« war alles, was sie sagte.
Es war mir peinlich, vor ihren Augen auf Ryans Schoß zu sitzen, obwohl es sie anscheinend gar nicht kümmerte. Vielleicht spürte Ryan meine Anspannung, er stupste mich an und sagte: »Ich bringe dich nach Hause.«
Draußen auf dem Pfad legte er mir einen Arm um die Schultern. »Sie brauchen ein bisschen Zeit, um miteinander zu reden. Ist es okay, wenn wir ganz langsam gehen?«
»Ja, natürlich. Wenn morgen irgendwas passiert, rufst du mich an, ja? Oder du sagst deiner Mutter, dass sie es tun soll. Bitte, Ryan.«
Er drückte meinen Arm. »Einverstanden.«
»Wieso ist Cole hier? Sind sie wieder zusammen?«
»Nein. Ich habe ihn angerufen. Bei dem Verhör musste ein Erwachsener dabei sein. Cole … nun ja, Cole bringt so was nicht aus der Fassung. Ich brauchte jemanden, der nicht gleich ausflippt.«
»War es schlimm?«
Er antwortete nicht sofort. »Hm, schon, ein bisschen«, sagte er schließlich.
»Ich wünschte, ich wäre an deiner Stelle gewesen.«
»Du spinnst ja.«
»Ist aber so.«
»Tja, ich wünsche mir das nicht.« Er blieb stehen und küsste mich. »Ich will nicht, dass du da reingezogen wirst.«
Ich dachte immer, Ryan wäre stärker als ich. Nun wurde mir klar, dass das nicht stimmte. Mir hätte es nicht so viel ausgemacht, die Fragen und Beschuldigungen auszuhalten. Das, womit ich jeden Tag herumlaufen musste, war viel schlimmer. Außerdem würde mir mein Vater den besten Verteidiger besorgen, der für Geld zu haben war. Und das ganze Dorf würde hinter mir stehen und an meine Unschuld glauben. Und ich hatte Freunde. Er hatte keinen festen Wohnsitz, eine kranke Mutter, einen Biker, der sie schon einmal verlassen hatte.
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