Skin Deep - Nichts geht tiefer als die erste Liebe (German Edition)
sagte Ryan und sprang auf. Wir starrten ihn an und er zuckte mit den Schultern. »Sie war noch nie auf einem Hausboot. Jenna, nimm deinen Tee mit.«
Gehorsam stand ich auf. Er hatte sich bereits in Bewegung gesetzt und wartete auf mich. Seine Mutter lächelte in sich hinein und schwieg.
Die Küche war praktisch eingerichtet, auf wenig Raum war viel untergebracht, es gab sogar einen kleinen Herd. Hinter der Küche befand sich das Badezimmer, ebenfalls winzig, aber irgendwie passten trotzdem eine Toilette, ein Waschbecken und eine Dusche rein. Ich sah einen Rasierer auf der Ablage über dem Waschbecken.
Den brauchte er also.
Als Nächstes zeigte er mir das Zimmer seiner Mutter. Der Bettüberwurf war lila und schwarz gemustert, von der Decke hingen Ketten mit farbigen Kristallen. An der Wand standen dicht gedrängt Schränke und Kommoden, selbst unter dem Bett gab es Schubladen.
»Euer Aufbewahrungssystem ist absolut genial. Ich hätte nie gedacht, dass man auf einem Boot so viel unterbringen kann. Wie lebt es sich hier so?«
»Ich weiß nicht genau. Ich hab noch nie anders gewohnt. Trotzdem hätte ich lieber eure Küche als unsere.«
»Wieso, eure ist richtig süß.«
»Und eure ist riesig.«
»Als ob’s auf die Größe ankäme.«
Er wandte sich zu mir um und grinste. »Mmh, wer weiß?«
Ich brauchte einen Moment, bevor ich kapierte, was er meinte. »Sei still! Du weißt genau, dass ich das nicht sagen wollte.« Langsam hatte ich den Eindruck, es gefiel ihm, mich in Verlegenheit zu bringen.
In seinem Zimmer hingen keine Kristalle und an den Wänden standen vollgestopfte Bücherregale und Schränke. Sein Bett war zerwühlt, und am Kopfkissen sah man immer noch, wo er gelegen hatte. Er öffnete ein Schränkchen und grinste. »Wenn es dich zu sehr ablenkt, zieh ich gern ein T-Shirt an.«
»Du bist so was von eingebildet. Wie kommst du eigentlich mit dem Kopf durch die Tür?«
Ryan kicherte und warf sich aufs Bett, ohne die Sache mit dem T-Shirt weiterzuverfolgen. Ich drehte ihm den Rücken zu und betrachtete seine Bücherregale.
»Sind das alles deine?«
»Fast. Ein paar habe ich von Mum geklaut.«
Er hatte eine seltsame Mischung an Büchern – Romane, Bücher über Bootsmotoren, einen riesigen Stapel von Heften mit Eselsohren und alte Lehrbücher. Mir fiel wieder ein, dass seine Mutter ihn unterrichtet hatte.
Ich nahm ein Buch vom obersten Regalbrett. »
Im Schlachthaus Teil 5
– worum geht es da?«, fragte ich, um ihn zu testen.
»Es ist ein Roman über die Bombardierung von Dresden im Zweiten Weltkrieg. Der Typ kann durch die Zeit reisen und er trifft auf Aliens und –«
»Schon gut, du liest sie also.« Ich stellte das Buch zurück.
Er lachte. »Nein, ich lese nur die Rückentexte.« Er streckte die Arme über den Kopf und ließ die Knöchel knacken.
»Bah! Das ist ekelhaft.« Unbehaglich drückte ich mich vor dem Bücherregal herum. Ich wusste nicht, wie ich mich in diesem winzigen Raum verhalten sollte. Er hatte sich auf dem Bett so breitgemacht, dass ich ihn berühren würde, wenn ich mich danebensetzte. Sein Grinsen bewies, dass er ganz genau wusste, wie sehr er mich verunsicherte.
»Willst du mal den Maschinenraum sehen? Es ist total eng da drin, und ich quetsche auch noch mein Fahrrad mit rein, aber du kannst zumindest den Kopf durch die Tür stecken.«
Motoren interessierten mich nicht, aber alles, was mich aus diesem Zimmer befreien würde, bevor ich knallrot anlief, war gut. Also sagte ich Ja.
Er sprang vom Bett auf und führte mich zu einer Tür am Ende des Zimmers. Ich betrachtete irgendeine Maschine, deren Funktionsweise ich nicht verstand, und er schob mir den Kopf über die Schulter und zeigte mir verschiedene … Dinge. Ich konnte mich nicht darauf konzentrieren, was er sagte … irgendwas über den Motor … weil er sich gegen mich lehnte und sein Arm meinen berührte, während er mir die Technik erklärte. Der Gestank von Öl und Diesel konnte seinen Geruch nach Deo und Ingwer, warm und ganz nah, nicht überdecken.
Ja, er wusste, wie er auf mich wirkte. Ich war mir sicher. Er machte das absichtlich, um sein Ego aufzupolieren, dieser eingebildete Kerl.
»Ich geh jetzt besser. Bestimmt ist das Mittagessen bald fertig«, sagte ich und schob ihn kurzerhand aus dem Weg.
»Nochmals danke, dass du die Jacke zurückgebracht hast«, sagte er, als wir zurück in den Wohnraum gingen. In Gegenwart seiner Mutter benahm er sich sofort wieder wie ein Musterknabe. Es war komisch, seine
Weitere Kostenlose Bücher