Skin Game: Gefährliche Berührung (German Edition)
Minuten packen und war routiniert darin, aus dem Koffer zu leben. Als sie das Zimmer verließ, ärgerte sie sich über die nassen Haare, die ihr an den Wangen klebten. Darum flocht sie sie zu zwei ungekämmten Zöpfen und kramte schnell zwei Haargummis aus dem Rucksack.
Wie meistens trug sie ihre zerschlissene Jeans, die passende Jacke und eine karierte Bluse. Damit sah sie zu harmlos aus für eine Trickbetrügerin, besonders mit den Zöpfen, und darauf kam es an. Rey bestätigte das, als er von der Motorhaube ihres Wagens glitt. Normalerweise hätte sie ihm für diese Frechheit den Arsch aufgerissen, aber sie war zu gut gelaunt – und zu hungrig – , um Zeit mit Meckern zu verschwenden.
»Du siehst aus wie vierzehn«, sagte er mit seiner rauen Stimme.
Grinsend glitt sie hinters Steuer. »Kannst froh sein, dass ich’s nicht bin.«
»Das ist nicht zum Lachen«, brummte er. »Wir fahren also heute nach Pecos. Was hast du dort vor?«
Kyra zuckte mit den Schultern. »Das werd ich erst wissen, wenn ich mir einen Überblick verschafft habe.«
Überraschenderweise beließ er es dabei und wandte sich ab, um aus dem Fenster zu sehen. Ein anderer hätte nachgebohrt, ihr ihre Geheimnisse abgerungen, damit er es umso schneller auf eigene Faust versuchen konnte. Ihr neuer Partner aber sagte generell nicht viel. Sie hätte die friedliche Stimmung genießen können, doch stattdessen fragte sie sich immer wieder, was hinter seiner Schweigsamkeit stecken mochte.
Ein paar Meilen die Straße hinunter fanden sie ein Diner und machten zum Frühstück Halt. Eigentlich war es mehr eine Raststätte für Lkw-Fahrer, aber nach der Anzahl der Schwerlaster vor der Tür zu schließen, mussten Kaffee und Essen gut sein. Kyra parkte den Marquis zwischen zwei glänzenden Sattelzügen und stieg aus. Nachdem sie ihre Tasche vom Rücksitz genommen hatte, schaute sie übers Wagendach zu Rey hinüber.
»Hungrig?«
»Du ahnst nicht, wie«, murmelte er.
Sie schmunzelte im Bewusstsein ihrer Weiblichkeit. Zum ersten Mal machte er eine Andeutung, dass er die sexuelle Spannung spürte, die wie ein Feuer schwelte. Jeden Tag wollte sie ihn ein bisschen mehr, aber mit ihren Worten, er müsse sich eine Wiederholung verdienen, war es ihr ernst gewesen. Wenn sie bei ihm schon gegen ihr Prinzip verstoßen sollte, wollte sie sicher sein, dass er das Risiko auch wert war. Bislang schien er zu glauben, Abstinenz würde ihn ans Ziel bringen, ohne dass er sich anzustrengen brauchte. Aber da kannte er sie schlecht.
Das Restaurant war voll dickbäuchiger Männer mit karierten Hemden, Schnurrbärten und Baseballkappen. Das steigerte Kyras Vorfreude auf das Frühstück immens. Es war kein Laden, in dem einem der Platz angewiesen wurde, also wählten die beiden eine Sitznische mit orangebraunen Polstern und einer zerkratzten Tischplatte aus Resopal.
Sie zog eine Speisekarte aus dem Metallständer am Fenster. Im Lauf der Jahre hatte sie in vielen solchen Restaurants gegessen und irgendwie waren sie alle gleich. Nach dreißig Sekunden Lesen entschied sie sich für das Bauernfrühstück: gebratene Eier, Speck und Würstchen mit leckerer weißer Soße nach Béchamel-Art und natürlich mit süßen Brötchen. Ihr lief schon das Wasser im Mund zusammen.
Eine muntere blonde Kellnerin kam herbei. »Was kann ich euch bringen, Leute?«
»Obstsalat mit Joghurt«, sagte Rey. »Mit Müsli, wenn’s geht. Weizenvollkorntoast ohne Butter.«
Kyra sah ihn fragend an. »Auf dem Gesundheitstrip?«
Er zuckte mit den Schultern. »Bin bloß die Spiegeleier leid.«
»Du wirst es bereuen, wenn du erst meine süßen Brötchen siehst.«
»Die hab ich schon gesehen«, erwiderte er. »Aber ich hätte nichts dagegen, einen zweiten Blick drauf zu werfen.«
Flirtete er mit ihr? Ihr Lächeln wurde breiter. »Erzähl mir ein bisschen von dir. Wie wird man so alt wie du und bleibt ohne jede Verpflichtungen?«
Er blickte sie gelassen an. »Das Gleiche könnte ich dich fragen.«
»Könntest du, hast du aber nicht.«
»Stimmt.«
Die Kellnerin brachte die Getränke: Kaffee für sie, einen Kräutertee für ihn. Kyra fiel auf, dass er Koffein und Zucker nach Möglichkeit mied. Das war eine interessante Eigenart für einen Tramper. Mittellose Leute bestellten für gewöhnlich das Billigste, nicht das Gesündeste. Rey gab einen Spritzer Zitrone in seinen Tee, aber keinen Süßstoff, dann probierte er. Kyra glaubte fast, er hielte sie hin.
»Und?«, fragte sie.
»Schmeckt nicht schlecht.«
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