Skin Game: Gefährliche Berührung (German Edition)
ein Zuhause für ihn, aber ihm gehörten auch noch Wohnungen in New York und London. Man wusste schließlich nie, wann es einmal angebracht war, für eine Weile aus dem Land zu verschwinden.
»Ich habe im Zentrum ein Loft.« Es war seine erste Bemerkung seit Stunden.
Zu seiner Überraschung hatte sie keine Einwände. »Sehr praktisch. Es ist wahrscheinlich besser, wenn wir nicht ins Hotel gehen. Serrano soll nicht wissen, dass ich in der Stadt bin, bevor wir ihn nicht ausspioniert haben und wissen, wo Mia steckt.«
Kluge Entscheidung. Ihr Pragmatismus haute ihn regelrecht vom Hocker. Kyra würde ihren verletzten Gefühlen erst dann Beachtung schenken, wenn die Serrano-Sache erledigt wäre. Und dafür bewunderte er sie.
»Dann fahr an der nächsten Ampel links«, sagte er. »Danach geht’s erst einmal drei Meilen geradeaus.«
Sie erreichten das Haus, in dem sich das Loft befand, kurz vor eins, und Reyes dirigierte sie zu seinem Stellplatz in der Tiefgarage. Er war ein wenig besorgt gewesen, dass sie unterwegs Ärger mit Bikern hätten bekommen können, aber offensichtlich hatten die nach Dwights Tod das Interesse an der Vendetta verloren. Was in seinen Augen eindeutig eine clevere Entscheidung war.
Kyra fühlte sich in dem vergitterten Lastenaufzug, der sie in den fünften Stock brachte, sichtlich unwohl. Sie spähte immer wieder nach unten, als rechnete sie damit, dass etwas Schreckliches passieren würde. Reyes verkniff sich jedweden Kommentar, führte sie zu seiner Wohnungstür und schloss auf. Er hatte für jeden Namen, für jedes Leben ein extra Paar Schlüssel; nur die Wohnung in Cali gehörte ausschließlich Porfirio Ten-Bears Reyes.
»Etwas spartanisch«, entschied Kyra nach einem ersten Rundgang durch das Apartment.
Das Urteil erforderte keine Antwort. Er wusste, was sie meinte: ein Sessel, kein Fernseher, keine Bilder, keine Couch. Eine feine Staubschicht bedeckte nahezu alles, und es wirkte recht beengt. Wer etwas Zeit investierte und viel Vorstellungskraft besaß, hätte wahrscheinlich etwas daraus machen können; die Holzböden waren äußerst geschmackvoll und er mochte die Ziegelwand, die einen schönen Kontrast zu dem weißen Rauputz bildete. Eine schwarze Wendeltreppe führte hinauf ins Schlafzimmer, wo eine Luftmatratze lag. Zwar war es eine besonders gute, aber sie zeigte auch ganz klar, dass hier niemand für längere Zeit wohnte.
Kyra ging zur Balkontür und öffnete beide Flügel, um frische Luft hereinzulassen. Unter anderen Umständen wäre Reyes einkaufen gegangen und hätte sie wieder bekocht, aber sie würde dies sicher ablehnen. Kyra gehörte zu jenen Frauen, die aus ihren Fehlern lernten. Er hoffte, dass einmal eine Zeit kommen mochte, in der sie ohne Bedauern an ihn zurückdenken können würde.
Sie warf die fettdurchtränkten Fastfood-Tüten auf die grau-schwarze Granitarbeitsplatte der kleinen Küchenzeile. Reyes hatte noch nie etwas im Kühlschrank gehabt und konnte sich nicht daran erinnern, einmal mehr als eine Woche in dieser Wohnung verbracht zu haben. Nach der ganzen Geschichte würde er sie wohl ohnehin verkaufen müssen. Er würde sie nicht mehr nutzen können, ohne Kyra umrahmt von den Lichtern der Stadt am Balkon stehen zu sehen. Der Wind wehte Abgasgeruch herein und strich ihr sanft durch die Locken.
»Iss auf«, sagte er.
Doch sie rührte sein Essen nicht an. Vor Kurzem noch hätte sie die Tüte aufgerissen und die Pommes wie auf teurem Porzellan neben dem Burger arrangiert. Es war faszinierend, wie solche Kleinigkeiten in der Summe zu etwas Bedeutsamem wurden. Dieses Mal jedoch ließ sie die Fritten in der Tüte, und er wollte sie nicht. Der Geruch von angebranntem Fleisch und fettdurchtränktem Brot machte ihn nicht besonders an.
»Das Bad ist dort hinten.« Er deutete nach rechts auf eine Tür. »Du kannst oben schlafen. Ich kampiere hier unten.«
Kyra nahm einen großen Bissen von ihrem Burger, kaute, schluckte und zeigte mit einer Fritte auf ihn. »Mit Ritterlichkeit wirst du bei mir nicht punkten. Aber ich werde mich nicht wehren, das Bett zu nehmen. Du verdienst es, wie ein Hund auf dem Boden zu schlafen.«
Er hatte eine zweite Luftmatratze im Schrank, sodass sie es beide gleich bequem haben würden, wies aber nicht extra darauf hin. Während Kyra das letzte Stück Burger kaute, fiel ihm auf, dass sie von Schweigen zu Stichelei übergegangen war, was besser sein musste. Es fühlte sich zumindest besser an, obwohl er diesen Eindruck vielleicht auch nur
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