Skiria: Am Berg der Drachen (German Edition)
Konkurrenz herangezogen, obwohl natürlich ohnehin niemand jemals seine exquisiten Fähigkeiten erlangen würde.
Hätte der Jungmagier seine Lektionen besser gelernt, so wüsste er jetzt, dass die vielen Zauberer um ihn herum aus nichts als Luft bestanden, durch die er problemlos hindurch marschieren hätte können. Stattdessen ließ sich Andakor in die Enge drängen, sodass dem echten Rutam genügend Zeit blieb, sich in aller Ruhe eine grausame Strafe für ihn auszudenken.
Wimmernd fiel Andakor vor seinen zahlreichen Meistern auf die Knie.
„Lasst Gnade walten!“, flehte er.
Die Gesichter der mittlerweile acht Schwarzmagier zeigten alle eine identische Mimik. Die Zähne gefletscht, grinsten sie furchteinflößend. Doch schließlich verschwammen die Umrisse der Gestalten langsam. Ihre Antlitze zerflossen, bis sie sich vollständig aufgelöst hatten.
„Rutam?“, flüsterte Andakor heiser. „Was habt Ihr vor?“
Über dem Wald lag trügerische Stille.
In Erwartung des drohenden Unheils verkrampften sich die Muskeln des Jungmagiers vor Anspannung. Jemand atmete. Das Geräusch schien weit von ihm entfernt, doch die Laute steigerten sich schnell zu einem hechelnden Keuchen, so als näherten sie sich mit rasender Geschwindigkeit. Nur kurz sah Andakor einen grünlichen Schimmer aus der Dunkelheit funkeln, bevor die Erscheinung wieder hinter den Bäumen verschwand.
Dass sein Meister schwarze Geschöpfe aus finsteren Reichen zu sich berufen konnte, hatte Andakor seit langem geahnt. Dämonen, die nur darauf warteten, ihre schrecklichen Fähigkeiten endlich einsetzen zu dürfen.
Zwei Augen, die glänzten wie von der Sonne beleuchtete Smaragde, richteten den Blick auf ihn. Sich zu verstecken, hatte keinen Sinn. Die Bestie erkannte den Geruch ihres Opfers aus Entfernungen, die ein Mensch nicht einmal überschauen konnte. In Andakors Hand erschien ein Messer, der einzige Zauber, an den er sich in diesem Moment erinnern konnte. Wie ein gehetztes Tier sah sich der Jungmagier um, in der Erwartung, dass die Feinde bald aus allen Richtungen auf ihn zuströmen würden. Das Wesen setzte zum Sprung an. Im nächsten Augenblick lag Andakor am Boden, über ihm eine Art Wolf, der mit vier Vorderbeinen die Arme des Zauberers festhielt, während der Druck seines massigen schwarzgestromten Rumpfes seine Beute am Boden gefangen hielt. Seine zwei Hinterläufe stemmten sich fest in den Erdboden. Voller Vorfreude leckte er sich mit einer grauschwarzen, fleischigen Zunge über die gebleckten Lefzen.
Fieberhaft suchte Andakor nach einer Formel, mit der er den Appetit des Ungeheuers auf menschliches Fleisch eindämmen konnte. Das Tier zu verwandeln, erschien ihm die beste Lösung, doch solcherlei Zaubersprüche waren derart kompliziert, dass selbst ein erfahrener Magier nur selten alle Variationen davon beherrschte.
Für Notfälle hatte sich Andakor jedoch einen bestimmten Zauber eingeprägt. Er musste sich konzentrieren. Wenn nur ein Laut falsch ausgesprochen wurde, konnte sich aus dem schrecklichen Untier ein noch gefährlicheres Ungetüm herausbilden.
Andakor besann sich konzentriert auf die richtigen Worte, um seinem Angreifer die Gestalt eines Regenwurms zu verleihen. Er spürte, wie sich der Dämon gegen die Verwandlung wehrte, wie er all seine bösartige Kraft aufwandte, um den Gegner zu vernichten. Andakor strengte sich ebenso an, kämpfte gegen die Übermacht des Bösen und presste unter Schmerzen die magische Formel hervor. Das Wolfswesen erzitterte, bäumte sich auf und begann schließlich langsam, sich zu verformen.
Rutam registrierte überrascht, dass sich Andakor zu wehren wusste. Trotzdem überzeugten die Bemühungen seines einstigen Schülers nicht. Büschelweise fielen nun Haare aus dem borstigen Fell der Bestie zu Boden. Die Pfoten zerbröckelten und der Kopf schrumpfte. Der Leib zog sich bereits wurmartig in die Länge und verlor gleichzeitig an Umfang. Als das Tier die Dicke eines kräftigen Astes sowie die Länge eines Kleinkindes erreicht hatte, geriet die Verwandlung jedoch ins Stocken. Eine Art höhnisches Gelächter entrang sich dem Maul des Tieres, das eher einem angriffslustigem Zischeln ähnelte denn einem menschlichen Lachen. Dabei streckte sich eine giftgrüne, gespaltene Zunge Andakor entgegen, die mit einer vibrierenden Bewegung den Laut begleitete.
Andakor sah sich einem tödlichen Feind gegenüber. Statt eines ordinären Wurmes wand sich eine schwarze Schlange auf seinem Bauch, die sich elegant auf
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