Sklaven der Begierde
Augen schimmerte, wie erregend sie über ihre ebenholzschwarze Haut zitterte, wie hinreißend sie sich in ihrer Kehle fing, wenn er ihren Schrei mit der Hand erstickte …
Kingsleys Lenden zogen sich zusammen, sein Herzschlag beschleunigte sich. Er stellte sein Weinglas ab und schlenderte von der Bar durch den Lagerraum ins Vorzimmer des achten Zirkels. Gleich hinter der Tür stieß sein Fuß an ein unerwartetes Hindernis. Neugierig bückte er sich. Schuhe. Ein Paar Schuhe. Er hob sie auf. Weiße Lack-Stilettos, Größe siebenunddreißig.
Diese Schuhe hatte er zuletzt an den Füßen von Nora Sutherlin gesehen.
Kingsley starrte die Stilettos an und fragte sich, wie und warum sie hier im Flur hinter der Bar gelandet waren. Nora brachte in ihren High Heels so ziemlich alles fertig. Er hatte sie darin schon die abgebrühtesten Masochisten beherrschen sehen. Sie hatte sie geschlagen, mit der Neunschwänzigen traktiert, getreten … Sie konnte mit diesen hohen Absätzen auf dem Hals eines Mannes stehen, über seinen blau geschlagenen Rücken laufen oder auf einem Bein balancieren, während der Sub ihren anderen Fuß leckte.
Er wusste nur von einer Sache, die Nora in ihren schwindelerregend hohen Stilettos nicht konnte: weglaufen.
Er nahm die Schuhe mit in die unterste Etage, wo er und ein paar andere VIPs ihre privaten Dungeons hatten. Vor der letzten Tür auf der linken Seite zögerte er kurz, trat dann aber ein, ohne anzuklopfen.
Ein großer blonder Mann stand neben einem Bett. Er schien tief in Gedanken versunken, die Stirn gerunzelt, die Arme vor der Brust verschränkt.
„Schon mal was von Anklopfen gehört?“ Søren ließ die Arme sinken und lehnte sich an den Bettpfosten. Kingsleys Kiefermuskeln verkrampften sich.
„Ich habe Gerüchte darüber gehört, aber nie wirklich ans Anklopfen geglaubt.“ Er machte ein paar weitere Schritte ins Zimmer. Kein anderer Dungeon im Zirkel verdeutlichte das Konzept des Minimalismus besser als Sørens: ein Andreaskreuz in der Mitte des Raums, ein eisernes Himmelbett in einer Wandnische, ein Schrankkoffer mit diversen Folterutensilien – das war’s. Sørens sadistisches Genie war legendär, nicht nur im Zirkel, sondern im gesamten Untergrund. Er brauchte keine tausend Varianten von Riemenpeitschen und Floggern, nicht mehrere Dutzend Paddel, Gerten, Rohrstöcke. Derlei Spielzeug hatte Søren nicht nötig. Der Mistkerl konnte einen Sub mit einem Wort brechen, mit einem Blick, mit ein paar scharfen, passenden Befehlen. Seine kalte ruhige Dominanz ließ selbst die Stärksten zu seinen Füßen erbeben. Er schüchterte sie erst mit seiner Attraktivität ein und dann mit seiner Brutalität. Der Schöne war ein Biest.
„Ich habe dir etwas mitgebracht.“ Kingsley hielt ihm die Schuhe entgegen.
Søren hob missbilligend seine Augenbrauen. „Das ist nicht meine Größe.“
„Die gehören deinem Haustier.“ Kingsley warf die Stilettos aufs Bett. „Wie du sehr wohl weißt. Schließlich musst du drüber gestolpert sein, als du aus der Bar gegangen bist.“
„Ich habe sie dorthin gelegt, damit sie sie findet, falls sie zurückkommt.“
Kingsley lachte freudlos. „Wenn ich mich nicht verhört habe, hast du sie doch gebeten, dich – sofern sie noch einen Hauch von Barmherzigkeit in ihrem schwarzen Herzen hat – nicht für ihren Wesley zu verlassen.“
Statt einer Antwort starrte Søren Kingsley nur an, mit Augen wie aus flüssigem Stahl. Kingsley unterdrückte ein Grinsen. Schadenfreude war so ein unkleidsames Gefühl. Er nahm sich zusammen, solange er konnte. Dann drehte er sich auf dem Absatz um, rauschte aus dem Zimmer und ließ Søren in seinem Dungeon sitzen, mit Noras Schuhen auf dem Bett als einziger Gesellschaft. Dabei rezitierte er ein altes Gedicht.
„Sah Könige blass und Königskind ,
todbleiche Ritter, Mann an Mann ,
die schrien: ‚Die schöne Dame ohne Gnade
hält dich in ihrem Bann!‘“
Kingsley begab sich in seinen eigenen Dungeon und ging unruhig auf und ab, während er wartete. Hier stand, anders als bei dem Priester, das Bett im Mittelpunkt des Raumes. Für Søren war Schmerz Sex. Vermutlich könnte er ohne Weiteres enthaltsam leben, wie die Kirche es von ihm verlangte, wenn da nicht Nora wäre, seine Eleanor, die das Fleischliche so sehr brauchte wie Kingsley die Angst. Er wollte sich gar nicht erst vorstellen, was für einen Wutanfall sie bekäme, wenn ihr Besitzer beschließen würde, ihre sexuellen Bedürfnisse zu ignorieren. Natürlich
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