Sklaven des Himmels
Ristos doch größere Männer hervorgebracht als die, die du aufzähltest, oder nicht? Hier auf Himmel VII habt ihr doch viele Fähigkeiten. Ihr könnt das Kind einer Frau im Schoß einer anderen wachsen lassen. Ihr könnt Roboter herstellen, Atomenergie benutzen, Biomaterial wiederverwerten, künstliche Schwerkraft schaffen und viele andere Wunder wirken. Und doch scheint mir, könnt ihr keine großen Männer hervorbringen. Ihr braucht Dreckweltfrauen, um für eure eigenen Frauen Kinder zu gebären. Häuptling, ich glaube, dein Volk ist sehr schwach und verwundbar.«
»Du verstehst nicht«, murmelte Le Gwyn müde. »Wir sind die Bewahrer einer großen Kultur. Doch genug davon. Töte mich jetzt!«
»Häuptling, ich muß gestehen, es würde mir eine gewisse Genugtuung bereiten, dich umzubringen. Aber die geschichtliche Notwendigkeit verlangt, daß ich es unterlasse.«
»Geschichtliche Notwendigkeit?« Regis Le Gwyn blickte ihn verständnislos an.
»Ja, Häuptling. Ich habe bei den Teknos sehr viel gelernt. Ich lernte mehr als die Grundbegriffe der Mathematik, Physik, Astrophysik und Biologie. Ich lernte auch die Geschichte der Erde und der Menschheit. Ich kenne keine der großen Männer, die du nanntest. Aber ich weiß, daß es ohne Männer wie Kepler, Galilei, Bruno, Newton, Rutherford, Fermi, Ziolkovskij, Oppenheimer, Einstein und von Braun keinen Himmel VII geben würde. Plato, Machiavelli, Karl Marx und Mao Tse-tung warnten unsere gemeinsamen Vorfahren davor, was aus unserer Welt werden würde. Newton, Rutherford, Einstein und von Braun – obgleich sie es nicht wußten – sorgten sowohl für die Vernichtung als auch das Überleben der Menschheit. Ist das nicht ein Witz? Und es ist auch sehr lustig, daß deine Art und meine Art genetisch noch gleich sind und sich untereinander fortpflanzen können.«
Regis Le Gwyn blickte ihn mit großen Augen an. »Wilder, ich hatte keine Ahnung, wieviel die Teknos dir beibringen konnten und wie aufnahmefähig du bist. Du erstaunst mich.«
Berry lächelte. »Vergiß nicht, daß ich auch ein guter Schachspieler geworden bin.«
Ein kapitaler Rehbock trat am anderen Seeufer aus dem Wald und begann zu äsen, ohne sich um die Menschen zu kümmern. Berry betrachtete ihn eine Weile bewundernd. Dann sagte er: »Ihr tötet ein solches Tier aus Sport, zu eurem Vergnügen, und seid dann auch noch stolz darauf. Wir würden es nur aus Hunger töten und bedauern, daß wir es tun mußten ... Es gibt viel, das wir voneinander lernen könnten ... Aber ich verschwende Zeit. Komm, wir haben noch einen weiten Marsch vor uns. Ich hoffe, du bist imstande zu gehen.«
»Und wenn ich mich weigere?«
»Nein, Häuptling, ich werde dich deshalb nicht töten. Ich werde den Laser auf Minimum einstellen und dir damit zu einer größeren Zahl von peinvollen Blasen auf unwichtigen Körperteilen verhelfen, bis deine Klugheit über Mut und Sturheit siegt. Ich will dir jedoch nicht unnötig Schmerzen zufügen. Nun, willst du es darauf ankommen lassen?«
Regis Le Gwyn stolperte auf die Füße. Er hätte vielleicht die Schmerzen auf sich genommen, aber die Demütigung einer solchen Behandlung durch einen Mann, den er haßte und verabscheute, würde er nicht ertragen.
»Etwas steht fest«, murmelte er. »Lange wird deine Freiheit in der Parkzone nicht anhalten. Nach dem, was geschehen ist, werden die Roboter auf Töten umprogrammiert.«
»Das glaube ich nicht«, erwiderte Berry lächelnd. »Deine Leute werden erst sehen wollen, ob ich mein Wort halte. Die Bienen haben meine Botschaft übermittelt. Ich erklärte, daß ich dich in zwei Tagen freigeben würde. Ich denke schon, daß die Ristos mir diese Zeit für das Leben ihres Häuptlings zugestehen.«
Der Kontroller blickte ihn verwirrt an. »Was erhoffst du denn, in zwei Tagen zu erreichen?«
»Einen vertraglichen Frieden zwischen den Menschen der Erde und den Bürgern von Himmel VII.« Berry drehte sich zu den Frauen um. »Sammelt die Laser ein. Unsere Waffen brauchen wir nun nicht mehr. Von jetzt an werden wir geradewegs auf unser Ziel zumarschieren.«
Er durchsuchte die Kleidung der toten Ristos, bis er das Gewünschte fand: zwei kleine Metallmarken.
29.
Obgleich die gesamte Parkzone kaum mehr als zweihundert Quadratkilometer umfaßte, war sie ein Wunder ökologischer Technik. Sie war in drei Klimazonen unterteilt: die alpine, die tropische und die gemäßigte. Jede dieser Zonen war elektronisch von der anderen isoliert, damit die Tiere
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