Sklaven für Wutawia / Gauner mit der 'Goldenen Hand'
flog gegen den Hang.
„Aufhören!“ gebot Tim.
Das Duo fuhr herum. Offenbar hatten die
beiden nicht bemerkt, daß da wer kam.
„Laßt den Mann in Ruhe“, sagte Tim. „Er
ist zu klein. Einen so Kleinen verhaut man nicht.“
„Du mischst dich wohl in alles ein“,
knurrte Friedhelm und nahm eine Haltung an wie ein aufrechter Grizzly.
„Ganz recht. Ich mische mich ein und
ich mische auf.“
„Danke, Sohnemann!“ rief der
Kahlköpfige.
Er hob seinen Spazier-Knüppel auf, der
ihm entfallen war, und sockte eilig in die Dunkelheit unter der Brücke.
„Wenn er jetzt auf Paula tritt“, feixte
Achim, „macht sie einen Knoten aus ihm.“
„Wer war das?“ fragte Tim.
Friedhelm spuckte aus — ziemlich dicht
vor Tims Füße.
Achim zuckte zusammen. Offenbar hielt
er nichts von einer Neuauflage der Keilerei.
Beppo machte wuff-wuff, recht böse in
Friedhelms Richtung. Der Welpe hatte Tim als sein Herrchen anerkannt und bezog
Stellung.
Der Klotzige hob einen Tanzbär-Fuß, als
wollte er den Hund treten.
„Rühr ihn an“, sagte Tim durch die
Zähne, „und du bist Ostern noch im Krankenhaus.“
„Das... das... war Theo Weber“, plärrte
Achim eilfertig. „Wir nennen ihn Schrumpfkopf. Ist ein Abstierer.“
Verdammt! dachte Tim. Jetzt müßte man wissen,
was das in der Gaunersprache heißt. Hab da zwar ein schlaues,
wissenschaftliches Buch. Aber das liegt im Adlernest.
Er nickte, als sei alles klar, und
machte Klößchen ein Zeichen, zu gehen.
„Ist die Bude jetzt frei?“ röhrte
Friedhelm.
„Nein. Wir sind gleich zurück. Und ich
möchte niemanden in meinem Bett vorfinden.“
Sie stiegen die Treppe hinauf. Bei den
hohen Stufen nahm Tim den Welpen auf den Arm. Beppo zitterte wieder. Offenbar
fror er. Aus der Nähe roch sein Fell ein bißchen nach Parfüm. Gehörte er einem
Frauchen?
Es war wie der Aufstieg in eine andere
Welt.
Über die Wieland-Straße rollte jetzt
der abendliche Verkehr — nicht der Berufsverkehr, sondern die angenehmen
Fahrten waren angesagt: in die Oper, ins Theater, zum Essen in einen
Gourmet-Tempel, zur Party, zu Freunden, zu Geschäftsfreunden — die man zwar
nicht leiden kann, aber braucht — , zur Freundin — falls man nicht längst bei
ihr wohnt — , oder ins Kino.
Tim setzte Beppo auf den Boden,
tätschelte den hübschen Hundeschädel und tigerte los zum Taxi-Stand, der aber
weiter entfernt war, als Tim es in Erinnerung hatte: etwa 800 Meter,
mindestens.
Klößchen keuchte eben die letzten
Stufen herauf.
Tim hatte etwa drei — und Beppo etwa
sechs — Schritte gemacht, als ein Wagen mit quietschenden Reifen neben ihnen
hielt.
Es war der größte BMW, den die Firma
gleichen Namens zur Zeit baut: weltraum-silbrig und poliert vom Grill bis zum
Kofferraum-Schloß.
Die Beifahrertür wurde aufgestoßen.
Hüfthoch machte Beppo einen Freudensprung,
und sein Geheul war so herzlich, wie es nur echter Zuneigung entspringt.
Weil Tims Schnur genug Spielraum ließ,
flog der Hund seinem Frauchen in die Arme.
„Ben, mein Schatz!“
Daß sie ihn abküssen wollte, war
offensichtlich. Aber dann bremste sie sich.
Gott sei Dank! dachte Tim. Wenigstens
für den Hund ist gesorgt.
Klößchen nahte und stellte sich neben
seinen Freund.
Auf der anderen Seite des Wagens stieg
der Fahrer aus.
Wer uns jetzt sieht, Tim grinste,
kriegt entweder einen Lachanfall, oder er macht einen Schnappschuß. Nach dem
Motto: Gesellschaftliche Gegensätze bzw. die Reichen, die Armen und ein Hund.
Die Frau trug ein bodenlanges
Abendkleid in Lila und eine irrsinnig teure Pelzjacke. Was Helles, Brillanten
und Gold funkelten. Um die Frisur war ein Coiffeur ( Frisör ) bestimmt den
ganzen Nachmittag herumgesprungen, um den dünnen Blondhaaren was abzutrotzen.
Die Frau groß, eher jung und etwas
breit um die Hüften. Ein längliches Gesicht mit warmherzigen Kuhaugen.
Ihr Mann oder Bekannter oder Begleiter
steckte in einem nachtblauen Seiden-Smoking und sah selbst wie ein Friseur aus.
Jedenfalls waren das dunkle Haupt- und Barthaar geschniegelt.
„Olaf!“ rief die Frau. „Wir haben Ben
gefunden.“
„Gefunden haben wir ihn“, sagte
Klößchen.
„Wir wollten ihn zum Taxi-Stand
bringen“, erklärte Tim. „Ben wäre bei der Polizei gelandet oder im Tierheim.
Wenn er zum Ausreißen neigt, sollten Sie ihm eine Plakette ans Halsband hängen.
Mit Ihrer Anschrift. Und mit dem Hinweis, daß es eine Belohnung gibt. Damit
beugen sie den Hundefängern vor. Das sind gewissenlose Verbrecher, denen
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