Skorpion
mach einfach nur so weiter, verflucht, und ich tu’s. Die Bezahlung ist eh die gleiche.«
Gray spannte sich sichtlich an. »Ja, da gehe ich jede verdammte Wette drauf ein.«
Carl bekam seine Gefühle wieder in den Griff. Er vollführte eine langsame, beruhigende Geste mit der freien Hand. »Sieh mal…«
»Sieh mal gar nichts.« Ein gnadenloses Grinsen. »Ich kenne meine Chancen. Drei Eurobullen, ein paar Militärs aus Jesusland. Meinst du etwa, ich wüsste nicht, was das bedeutet?«
»Das ist Brüssel, Mann! Da gibt’s ’ne Jurisdiktion! Du musst nicht sterben. Sie stecken dich weg, aber…«
»Ja, sie werden mich wegstecken. Bist du je im Knast gewesen?«
»Nein. Aber das kann nicht viel schlimmer als der Mars sein, und du gehst sowieso dorthin.«
Gray schüttelte den Kopf. »Irrtum. Auf dem Mars bin ich ein freier Mann.«
»So ist das da nicht, Frank.«
Gaby rannte kreischend auf ihn zu.
Es war keine weite Entfernung zu überbrücken, und sie hatte mehr als die halbe Strecke zurückgelegt, die Hände erhoben, die Finger gespreizt wie Krallen, als er sie niederschoss. Die Haag-Waffe hustete einmal tief, und die Kugel traf sie irgendwo oben in der rechten Schulter. Sie wirbelte einmal um die eigene Achse und stürzte dann in Gray hinein, der gerade die Smith hob. Er brachte einen einzigen Schuss an, ein ohrenbetäubendes Dröhnen in dem winzigen Wohnzimmer, und die Wand neben Carls linkem Ohr flog auseinander. Halb taub, von winzigen Teilchen im Gesicht und an der Schläfe getroffen, warf sich Carl unbeholfen zur Seite und pumpte vier Kugeln in den anderen Mann. Gray stolperte rückwärts wie ein Boxer, der zu viele heftige Schläge abbekommen hatte, prallte gegen die gegenüberliegende Wand und setzte sich auf den Boden. Die Smith hatte er immer noch in der Hand. Einen Augenblick lang starrte er Carl an, und Carl, der vorsichtig näher kam, schoss ihn zweimal in die Brust. Dann sah er, die Waffe nach wie vor gehoben, genau zu, bis das Lebenslicht in Grays Augen erloschen war.
Biotech-Konto – geschlossen.
Gaby auf dem Fußboden versuchte, sich aufzustützen, und rutschte auf ihrem eigenen Blut aus. Aus der Wunde an ihrer Schulter strömten gewaltige Mengen Blut ihren Arm hinab und weiter auf den Läufer mit den fröhlichen Farben unter ihr. Haag-Geschosse sollten im Körper bleiben – die Wand hinter Gray war sauber –, aber sie verursachten eine ganz schöne Sauerei beim Eindringen. Sie schaute zu ihm auf und stieß immer und immer wieder voller Panik kleine Grunzer in der Kehle aus.
Er schüttelte den Kopf.
»Ich gehe Hilfe holen«, sagte er auf Quechua.
Er trat an ihr vorbei zur Vordertür und öffnete sie.
Dann wirbelte er in dem von draußen hereinflutenden Licht lautlos herum, schoss ein weiteres Mal auf sie und traf sie in den Hinterkopf.
2
Natürlich sperrten sie ihn ein.
Vom Schusswechsel angezogen, huschte eine Schwadron der Campwache in kugelsicheren Westen die Straße hinauf und suchte wie mannsgroße Käfer Deckung hinter Gebäudeecken und angehaltenen Fahrzeugen. Das Sonnenlicht funkelte auf ihren mattblauen Brustharnischen und den Helmen und glitzerte auf den kurzen, stumpfen Sturmgewehren, die sie bei sich trugen. Sie waren auch ebenso lautlos wie Käfer – aller Wahrscheinlichkeit nach bargen sowohl ihre Kampfausrüstung mit dem GH-Zeichen als auch die Waffen Induktionsmikrofone und Sendegeräte. Er stellte sich die Szenerie aus ihrer Sicht vor. Gedämpfte, schockierte Stimmen über Funk. Glubschäugiges Blickfeld.
Sie fanden Carl im Schneidersitz auf den Stufen zum Vordereingang des Fertigbaus, die Handflächen nach oben gedreht. Es war eine Meditationshaltung beim Tanindo, eine, die er von Sutherland erlernt hatte, aber er war alles andere, nur nicht in Meditation versunken. Die Effekte des Netzes ebbten jetzt ab, und der Schmerz in seiner verletzten Seite kam wieder angekrochen. Er atmete durch ihn hindurch und hielt sich völlig reglos. Beobachtete genau, wie die Schwadron der Campwache über die Straße langsam auf ihn zuschlich. Er hatte die Haag-Pistole sowie seine Behördenlizenz auf die Straße gelegt, gute vier oder fünf Meter von sich entfernt, und als die erste Gestalt in ihrem Harnisch vorsichtig zu ihm heraufkam, das Sturmgewehr schräg über der Schulter, hob er langsam die Hände über den Kopf. Der Junge in der Kampfausrüstung atmete schwer, und das Gesicht unter dem Helm und der Schutzbrille war angespannt vom Stress.
»Ich bin ein
Weitere Kostenlose Bücher