Skorpion
lizensierter Gen-Agent«, rezitierte Carl laut auf Spanisch. »In Diensten der UNGLA. Das da auf der Straße neben meiner Waffe ist mein Ausweis. Ich bin unbewaffnet.«
Die übrige Schwadron kam heran, die Waffen gleichermaßen gehoben. Es waren allesamt noch Jugendliche. Ein etwas älterer Kompanieführer traf ein und schätzte die Lage ab, aber sein schweißüberströmtes Gesicht wirkte nicht im Geringsten zuversichtlicher. Carl saß still da und wiederholte seinen Spruch. Er musste zu ihnen durchdringen, bevor sie einen Blick ins Innere des Fertigbaus warfen. Er musste etwas Autorität aufbauen. Unter der hochtechnisierten Kampfausrüstung waren es Rekruten wie diejenigen, mit denen er in den Ort gefahren war. Die meisten hatten die Schule mit vierzehn verlassen, einige sogar noch eher. Der europäische Gerichtshof bedeutete ihnen so gut wie nichts, und ihre Haltung der UN gegenüber war vermutlich bestenfalls ambivalent, aber die Behördenlizenz mit dem Holo war ein beeindruckendes Stück Plastik. Mit etwas Glück würde sie den Fund der Leichen aufwiegen.
Der Kompanieführer senkte das Gewehr, kniete sich neben die Lizenz und nahm sie an sich. Er kippte das Holo hin und her, verglich es mit Carls Gesicht, stand wieder auf und stieß zweifelnd mit der Stiefelspitze gegen die Haag.
»Wir haben Schüsse gehört«, meinte er dann.
»Ja, das stimmt. Ich habe versucht, zwei Verdächtige in einem laufenden UNGLA-Verfahren festzunehmen, doch sie haben bewaffneten Widerstand geleistet. Sie sind beide tot.«
Blicke gingen zwischen den jungen Leuten hin und her, zwischen den behelmten Gesichtern. Der Anführer nickte zweien aus seiner Schwadron zu, einem Jungen und einem Mädchen, woraufhin die beiden zum Eingang glitten und sich daneben aufstellten. Das Mädchen rief eine Warnung ins Haus.
»Da drin lebt keiner mehr«, sagte Carl zu ihnen. »Ehrlich.«
Die beiden Wachleute neben der Tür schwangen sich auf erprobte Weise ins Haus und tasteten sich geräuschvoll von Raum zu Raum vor, wobei sie immer noch ihre überflüssige Warnung riefen, man solle sich ergeben. Die Übrigen warteten, die Waffen nach wie vor auf Carl gerichtet. Schließlich tauchte das weibliche Mitglied des Teams wieder auf, das Sturmgewehr geschultert, trat zum Anführer und murmelte ihm etwas ins Ohr. Carl sah, wie das Gesicht des Kompanieführers vor Ärger rot anlief. Nachdem das Mädchen seinen Bericht abgeliefert hatte, nickte er und nahm seine Sonnenbrille ab. Carl erwiderte seufzend den üblichen starren Blick. Dieselbe alte Mischung, Furcht und Ekel. Der junge Mann löste bereits die blauen Kunststoffhandschellen vom Gürtel. Er zeigte auf Carl wie auf ein Stück Dreck.
»Du da, steh auf!«, befahl er kalt. »Bring deine verdammten Hände hinter den Rücken!«
Bis sie ihn wieder losschnitten, waren seine Finger taub, und seine Schultern schmerzten in den Gelenken vom Versuch, die Handgelenke näher aneinander zu bringen. Sie hatten die Schlinge ziemlich fest zugezogen – dass er währenddessen die Fäuste geballt hatte, hatte ihm nicht viel an Spielraum gebracht, sobald er die Hände wieder entspannt hatte. Durch die Spannung in den Armen wurden ihm die Handgelenke gewaltsam auseinander gedrückt, sodass ihn die Schlinge, wie er sich auch halten mochte, unweigerlich ins Fleisch schnitt. Zusätzlich zur Stichwunde in seiner Seite war es nicht gerade das, was er brauchen konnte.
Sie entdeckten die Verletzung, als sie ihn durchsuchten, aber sie waren mehr darum besorgt, ihm die Taschen zu leeren, als ihn zu behandeln. Sie nahmen ihm auch nicht die Fessel ab. Solange er nicht in ihrer Obhut starb, war es ihnen vermutlich ziemlich egal, in welcher Verfassung er war. Im Zentrum des Campwache schnitten sie ihm die Kleidung auf, und ein beinahe desinteressierter Sanitäter drückte an der Wunde herum, erklärte sie für oberflächlich, besprühte sie mit Antibak, schloss sie und klebte ein Pflaster darauf. Keine Analgetika. Dann ließen sie ihn in einer schwach nach Pisse stinkenden Kunststoffzelle zurück, während der GH-Direktor zwei Stunden lang so tat, als ob er dringendere Verpflichtungen hätte, als sich um einen Doppelmord in seinem Lager zu kümmern.
Carl verbrachte die Zeit damit, seine Konfrontation mit Gray noch einmal durchzugehen und nach einer Möglichkeit zu suchen, dass Gaby nicht am Ende tot wäre. Er bedachte die Aspekte, die Worte, die er gebraucht, die Art und Weise, wie sich das Gespräch entwickelt hatte. Ein
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