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Skorpion

Skorpion

Titel: Skorpion Kostenlos Bücher Online Lesen
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in einem Berg schäumenden Wassers. Rufe von der Mannschaft, Leinen flogen, und ein sich rasch weitender Raum tat sich zwischen der Fähre und dem Dock auf. Das Schiff warf sich hin und her und nahm Kurs hinaus über das dunkle Wasser. Karaköy fiel hinter ihnen zurück, wurde zu einer Festbeleuchtung in der Nacht. Eine kühle Meeresbrise peitschte auf Sevgis Gesicht und Haar ein. Die Stadt öffnete sich um sie herum, farbenfroh erhellte Brücken und lange, niedrige Häuserkonturen, das alles trieb auf einer Flüssigkeit, die schwarz gepunktet war unter den sich bewegenden Lichtern anderer Schiffe. Sie holte tief Luft, klammerte sich an das täuschende Gefühl eines Abschieds.
    Marsalis beugte sich zu ihr herüber und hob die Stimme, um gegen die Maschinen und den Fahrtwind anzukommen.
    »Als ich das letzte Mal hergefahren bin, hatte es am Suborbterminal eine Verzögerung gegeben, irgendeine Art Sicherheitsalarm. Aber das fand ich erst heraus, nachdem ich in meinem Hotel ausgecheckt hatte. Ich hatte ein paar Stunden totzuschlagen, bevor ich zum Flugplatz hinaus musste.« Er grinste. »Ich habe die beiden Stunden mit dem hier verbracht, bin einfach auf der Fähre hin und her gefahren, bis es Zeit war zu gehen. Hätte fast meinen verdammten Flug verpasst. Hier draußen, während ich mir all das ansah, wissen Sie. Fühlte sich an wie ’ne Art Flucht.«
    Sie starrte ihn an, berührt bis zum Zittern von dem Widerhall ihrer eigenen Gefühle in seinen Worten. Er zog die Brauen zusammen.
    »Was ist? Werden Sie seekrank?«
    Sie schüttelte den Kopf. Warf etwas in die Lücke.
    »Warum sind Sie zurückgekehrt, Marsalis? Zurück zur Erde?«
    »He!« Ein weiteres Grinsen. »Ich hab in der Lotterie gewonnen. Wäre ziemlich undankbar gewesen, den Preis nicht anzunehmen.«
    »Ich meine es ernst.« Wild aufbrausend, in den Wind zwischen ihnen. »Ich weiß, es ist rau da draußen, aber jedem Dreizehner, von dem ich je gehört habe, gefiel die ganze Idee vom Mars. Flucht zu neuen Ufern, einem Ort, wo man auf sich selbst gestellt etwas aus sich machen kann.«
    »So ist das nicht.«
    »Ich weiß. Aber das hindert niemanden daran, es zu glauben.« Sie sah über das Wasser hinaus. »Dorthin wollen sie alle, nicht wahr? Diejenigen, die Sie jagen. Ihr Ziel sind die Camps und eine Einfachfahrkarte zum Traum vom Mars. Irgendwo wird ihnen erzählt, sie seien willkommen, würden wegen ihrer Stärke geschätzt.
    Nicht zusammengetrieben und auf umzäuntem Grund gehalten wie Vieh.«
    »Die meisten versuchen es mit den Camps, ja.«
    »Haben Sie sich je gefragt, weshalb UNGLA sie nicht einfach laufen lässt, nicht zulässt, dass sie sich eine Kryokappenfahrt schnappen und damit jedem aus dem Weg gehen?«
    Er zuckte mit den Achseln. »Na ja, zunächst mal, weil die Abkommen besagen, dass das nicht geht. Die Behörde existiert, um sicherzustellen, dass jede genetische Variante auf der Erde registriert und überwacht wird, entsprechend ihrem Sicherheitsrisiko für die Gesellschaft, und im Fall der Variante Dreizehn bedeutet dies Internierung. Wenn wir anfangen, nachsichtig mit Ausbrechern zu sein, nur weil wir glauben, sie würden sich zum Mars aufmachen, würden sehr bald einige von ihnen nicht zumMars abhauen, sondern sich bloß irgendwo hier auf der Erde verstecken und vielleicht damit anfangen, Nachkommen zu zeugen. Und das wirft die gesamte verdammte menschliche Rasse auf die Hysterie vor den Münchener Abkommen zurück.«
    »Sie reden, als ob Sie nicht wie sie wären«, meinte sie, und ihre Stimme hob sich anklagend. »Als ob Sie anders wären.«
    »Ich bin anders.«
    Genau wie Ethan, genau wie er, verflucht! Ihre eigene Verzweiflung flammte wie auf einem Docht auf. Ihre Stimme klang matt in ihren eigenen Ohren. »Es ist Ihnen gleichgültig, so behandelt zu werden?«
    Ein weiteres Schulterzucken. »Sie leben mit der Wahl, die sie getroffen haben, Ertekin. Sie hätten zum Mars gehen können, als COLIN in München die Pforten dafür öffnete. Sie sind lieber geblieben. Sie konnten mit ihrem Leben in den Reservaten zurande kommen. Sie wählten den Ausbruch. Und wenn ich sie jage, bleibt ihnen die Wahl, sich zu ergeben.«
    Erinnerungsfetzen an Ethans von Kugeln zerrissenen Leichnam auf dem Sockel. Herbeigerufen, um ihn zu identifizieren, zitternd und kalt wegen des Schocks.
    »Eine Wahl treffen, ja«, knurrte sie. »Jede Entscheidung ist eine verdammte Erniedrigung. Gib deine Freiheit auf, komm herüber und tu, was man dir sagt. Sie wissen verdammt

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