Skorpion
der ganzen Republik.«
»Und Sie teilen das, was Sie herausbekommen, mit keinem von diesen Knaben?«
»Nein. Wie ich Ihnen gesagt habe, wir wollen keine Panik hervorrufen.« Sie streckte dem Singsang erschöpft einen Arm entgegen, wie ein Straßenschild. »Hören Sie sich das an! Wie reagieren wohl Ihrer Ansicht nach Menschen auf die Nachricht, dass ein Dreizehner-Kannibale frei in Nordamerika herumläuft, der nach Lust und Laune ausgewählte Mitbürger umbringt? Erinnern Sie sich an Sundersen?«
»Eric Sundersen?« Ein Schulterzucken. »Natürlich. Ich habe letztes Jahr ein paar Monate mit der Suche nach ihm verbracht, genau wie alle anderen auch.«
»Dann erinnern Sie sich, wie das war. Sieben Wochen, und in fünf Staaten der Republik ist fast das Kriegsrecht verkündet worden. Die Medien kreischten, was das Zeug hielt, von Klon-Monstern. Bewaffneter Mob versuchte, in den Trakt bei Cimarron einzubrechen und alle und jeden dort abzuschlachten. Notfallmaßnahmen entlang der gesamten Grenze zum Rim. Wenn Sundersen nicht aus seiner Deckung gekommen wäre, hätte überall das Zhang-Fieber geherrscht. Und er ist lediglich entflohen. Er hatte niemanden umgebracht. In diesem Fall würde der Mob völlig dem Wahnsinn verfallen.«
»Yeah, der Mob. Ihr Menschen habt diese üble Angewohnheit, nicht?«
Sevgi überhörte die Spitze.
»Wir wollen nur kein weiteres Blutbad«, sagte sie verbissen. »Wir machen die örtliche Polizei darauf aufmerksam, dass wir ein Interesse haben, und wir helfen ihnen, wo wir können. Aber wir können es uns nicht leisten, dass jemand das ganze Bild kennt.«
Er nickte. Sein Spaziergang am Strand schien vergessen zu sein. »Welches Bild erhalten sie also?«
»Die Tarngeschichte in der Republik ist Marstech. Eine Räuberbande und ein Verteilernetzwerk kabbeln sich um ein Produkt.« Die Worte schmeckten schal auf ihrer Zunge, da sie ebenso ausgedacht und unüberzeugend wirkten wie jede Äußerung der Gesellschaft zur Mission. Sie unterdrückte gewaltsam eine Grimasse und fuhr fort: »Bei Schurken wie Eddie Tanaka lässt sich das leicht verkaufen. Sonst spielen wir die Kollateralschaden-Karte aus, wenn das Opfer angesehen ist. Unschuldige Zuschauer, erwischt vom Kreuzfeuer, oder Fälle von Verwechslung.«
»Quietscht an allen Ecken und Enden. Was unternehmen Sie im Hinblick auf die genetischen Spuren?«
»Nehmen sie ihnen aus den Händen. Die N-Dschinns von COLIN haben Zugriff auf Polizeidatensammlungen in ganz Nordamerika. Sie fischen alles heraus, was zum Profil passt. Normalerweise lange, bevor die Forensik aufkreuzt und eine Genuntersuchung der Spuren vom Tatort durchfuhrt, also kommen wir in den meisten Fällen dorthin, bevor jemand weiß, dass ein Dreizehner mit im Spiel ist.«
»In den meisten Fällen?«
»Nun, wir haben ein paar Leichenbeschauer etwas unter Druck setzen müssen, sie dazu gebracht, den Mund zu halten.« Sie sah beiseite. »Mit der Macht von COLIN ist das nicht weiter schwer.«
»Ja, das kann ich mir vorstellen.«
Sie spürte, wie sie leicht errötete. »Sehen Sie, ich muss rüber zum Hochladegebäude. Sie wollen zum Strand runter, das ist schon in Ordnung.«
»Nein, ich gehe mit Ihnen.«
Sie warf ihm einen scharfen Blick zu, den er, ganz unschuldig, erwiderte.
»Kann genauso gut selbst einen Blick auf diese Montes werfen«, meinte er. »Anfangen, mir den Lebensunterhalt zu verdienen.«
Also gingen sie vom Beobachtungsturm zusammen über das Vorfeld zum Hauptkomplex. Der Tag war ein wenig heißer geworden, und Sevgi kitzelte der eigene leicht schale Körpergeruch in der Nase. Allmählich erwachte in ihr der Wunsch, eine Dusche genommen zu haben, bevor sie vom Gästetrakt aus direkt ans Werk gegangen war.
»Also, Sie haben gesagt«, drängte Marsalis, »dass die Republik nichts von der Verbindung zur Horkan’s Pride weiß.«
»Nein. In den Medien hat es geheißen, es habe keine Überlebenden gegeben. Wir ließen den Hinweis auf den Kannibalismus durchsickern und haben ihnen gesagt, dass jeder eventuell noch Lebende beim Aufprall umgekommen wäre. Wir überließen ihnen Bilder.«
»Ah, ja.«
»Ja.« Sevgi schürzte die Lippen. »Gespenster-Kannibale – Horror auf Raumschiff! Klicken Sie hier für weitere Bilder. Hat traumhaft funktioniert, sie haben das geschluckt und über jede Seite im Netz weiterverbreitet. Den investigativen Journalismus haben sie darüber völlig vergessen.«
»Praktisch.«
Sie zuckte mit den Achseln. Ȇblich. Amerikanische Medien
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