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Skorpion

Skorpion

Titel: Skorpion Kostenlos Bücher Online Lesen
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Luft bekam sie eine Gänsehaut. »Also hat Parris doch Freunde in Tallahassee.«
    »Noch besser.« In Nortons Stimme lag ein säuerliches Grinsen. »Er hat sich an die Medien gewandt. Wir sind in ›Guten Morgen, Süden‹ zu sehen.«
    »Ach, verdammt!« Mit der freien Hand tastete sie den Fußboden nach ihren Kleidungsstücken ab. »Du meinst, dass wir hier trotzdem noch heil rauskommen?«
    »Na ja, nicht per Suborb, so viel steht fest. Was da auch immer den Deckel auf Marsalis’ genetischem Geheimnis im Staatsgefängnis gehalten hat, ist jetzt längst perdu. Er ist enttarnt. Entweder hat Parris geredet, oder jemand weiter oben hat was durchsickern lassen.«
    »Muss Parris sein.«
    »Ja, gut, auf jeden Fall haben wir jetzt an beiden Toren Jesusländer in Fünfzigerreihen stehen, und sie haben Unterstützung die gesamte Zufahrtsstraße entlang, einige Kilometer weit mindestens. Echte ›Für-den-Herrn-Sterben‹-Typen, ihrem Aussehen nach zu urteilen. Ich habe gerade unsere Pressetante in Miami angerufen, und sie sagt mir, dass von hier bis Alaska überall Bibelstreiter Schlange stehen, die auf Sendung wollen.« Sie hörte erneut ein Grinsen heraus. »Wir versuchen nicht mehr bloß, der republikanischen Justiz zu entkommen. Wir bieten einer Abscheulichkeit vor dem Herrn einen sicheren Hafen.«
    »Prächtig. Was tun wir also?« Sevgi schob den Arm in einen Blusenärmel. »Auf die gute alte Art und Weise heimfliegen? COLIN müsste ein paar Lears hier unten haben, nicht wahr? Für Kurzausflüge von VIPs.«
    »Ich glaube schon, ja.«
    »Und sie werden uns nicht abschießen, wenn wir in den Luftraum der Republik eindringen, oder?«
    Norton erwiderte nichts. Sevgi fielen ihre Formcups ein, als sie die Bluse schon halb geschlossen hatte. Sie trennte den Saum wieder auf und sah sich auf dem Fußboden um.
    »Komm schon, Tom! Du kannst doch nicht ernsthaft annehmen…«
    »Na gut, nein, sie werden uns wahrscheinlich nicht abschießen. Aber sie könnten den Piloten zwingen, auf Miami International zu landen, und uns dort aus dem Flugzeug holen. In diesem Teil des Landes sind wir nicht sehr beliebt, Sev.«
    »Wir sind nirgendwo sehr beliebt«, brummte sie. Sie bemerkte den durchsichtigen Schimmer eines Formcups am Fuß des Bettes, fischte ihn mit zwei Fingern hoch und drückte ihn sich unter ihre schwere rechte Brust. »Na schön, Tom. Was willst du unternehmen?«
    »Lass mich mit Nicholson sprechen!« Er überging ihr Schnauben. »Sev, er ist vielleicht ein Arschloch, aber er ist trotzdem verantwortlich für unsere Operationen. Für ihn sieht es keinen Deut besser aus als für uns, wenn wir in einem Knast in Miami landen.«
    Sevgi streifte auf der Suche nach dem anderen Formcup in dem abgedunkelten Zimmer umher. »Nicholson wird sich auf Ebene der staatlichen Gesetzgebung auf keinen Kampf einlassen, Tom, und das weißt du. Er ist zu sehr ein Polit-Tier, um Leute mit so viel Macht zu beunruhigen. Wenn Tallahassee sich hinter diese Sache stellt, stecken wir hier unten schlicht und einfach fest.«
    Wiederum Zögern. Das Geschrei der Menge draußen tönte wie eine ferne Brandung. Sevgi entdeckte den Cup unter dem Bett, grub ihn hervor und befestigte ihn ungeschickt mit der linken Hand unter ihrer linken Brust. Dann setzte sie sich auf die Bettkante und machte sich erneut daran, ihre Bluse zu schließen.
    »Sag mir, dass ich mich irre, Tom!«
    »Ich glaube, du irrst dich, Sev. Nicholson wird das als eine Einmischung in seinen COLIN-Sicherheitserlass betrachten, und er wird, zum mindesten, deswegen schlecht aussehen. Selbst wenn er nicht direkt selbst Einfluss auf Tallahassee nimmt, so wird er doch weiter oben jemandem einen Tritt versetzen, auf dem ›dringender Handlungsbedarf‹ steht.«
    »Und inzwischen? Sitzen wir hier rum?«
    »Es gibt unangenehmere Orte zum Stranden, Sev.« Er seufzte. »Sieh mal. Schlimmstenfalls musst du den Tag mit deinem neuen Kumpel am Strand verbringen.«
    »Meinem neuen…« Sevgi hielt sich das Telefon vom Ohr weg und starrte es an. Der kleine Bildschirm war von einem unschuldigen matten Grau. Norton hatte die Bildübertragung abgeschaltet. »Mistkerl, Tom!«
    »Das war ’n Witz, Sev.«
    »Wirklich? Na ja, wenn du das nächste Mal unten auf der Fifth Avenue bist, besorg dir ’ne Tüte neuen Humor, ja?«
    Sie schaltete aus.
     
    Vom landeinwärts gelegenen Beobachtungsturm sah es nicht nach einer großen Sache aus. Mehrere hundert unterschiedlich gekleidete Männer und Frauen tummelten sich vor dem

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