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Skorpione im eigenen Saft

Skorpione im eigenen Saft

Titel: Skorpione im eigenen Saft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juan Bas
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Schlafzimmer, ein typisches Junggesellenbad, eine kleine Küche und eine Kammer über der Küche des Lokals, das als Weinlager diente; die besten Flaschen lagen in einer Truhe, in der Temperatur und Feuchtigkeit reguliert waren.
    Tageslicht fiel lediglich durch die Balkontür im Wohnzimmer und ein kleines Fenster in der Küche herein, das auf einen Innenhof ging. Die Küche war sogar noch kleiner als die in der Kneipe, aber versehen mit einem multifunktionalen Roboter, der bestimmt auch ein Orgasmotron besaß. Es herrschte eine gewisse Unordnung, doch es war sauber. Die Regale im Wohnzimmer waren voll gestopft mit Büchern: unterschiedliche Belletristik – viel auf Französisch –, ein Sammelsurium, doch von hoher Qualität, keine Lyrik und sämtliche Bände einer Gastronomiereihe.
    Vor den Regalen stand ein schlichter Schreibtisch mit einem Laptop. Ich schaltete das Gerät ein, doch musste man ein Passwort eingeben, um an die Dateien zu kommen. Eine seltsame Vorsichtsmaßnahme für jemanden, der allein lebte und keinen Besuch zu empfangen schien.
    Ich ging weiter ins Schlafzimmer. Auf dem Nachttisch stapelte sich die Bettlektüre: die Geschichte der Gastronomie von Néstor Luján, eine abgegriffene Ausgabe des Larousse gastronomique, Der Graf von Monte Cristo auf Französisch und … Die Juwelen der Sängerin, mein Geschenk. Ich war überrascht und geschmeichelt. Ich hätte geschworen, dass er nicht einmal einen Blick hineingeworfen hatte.
    Gegenüber vom Bett stand eine hübsche Kommode aus Walnussholz. Auf dem Möbel waren vier Schwarzweißfotografien in silbernen Rahmen aufgestellt.
    Auf der ersten saß ein Paar mit einem Kind von ungefähr fünf Jahren vor einem Bauernhof. Die Kleidung, die altmodischen Gesichter und die Papierstruktur verrieten mir, dass es ein Schnappschuss aus den vierziger Jahren sein musste. Obwohl der Mann keinen Bart trug und ein viel gröberes Gesicht hatte als Asti, ähnelte er meinem Freund; das Kind war zweifellos er; die widerspenstigen Haare und dieser Ausdruck eines Zyklons, der bereits vorhanden war, verrieten ihn. Die Frau war eine langnasige und unscheinbare Bäuerin. Das also waren seine Eltern.
    Die zweite Fotografie war das Halbporträt eines jungen Mädchens von sechzehn oder siebzehn Jahren in Sonntagskleidern Ende der fünfziger oder Anfang der sechziger Jahre. Die Atmosphäre ländlicher Rückständigkeit wurde von den lächelnden Augen und den klaren Gesichtszügen abgemildert; sie war nicht hübsch, aber anmutig. Wer konnte das sein? Eine unvergessene Liebe aus früher Jugendzeit? Damals wusste ich kaum etwas über Astis Vergangenheit. Nur einmal gab er mit einem melancholischen Seufzer von sich, dass er nie geheiratet und keine Kinder habe.
    Die gleichen Fragen stellte ich mir, als ich die dritte Fotografie betrachtete. Es war das Porträt einer schönen jungen Frau mit kurzen dunklen Haaren, einem Mund wie Anna Galiena und funkelnden Augen. Sie musste etwas über zwanzig sein. Wegen dieser bestimmten sinnlichen Art hätte ich geschworen, dass sie Französin war; im Bildhintergrund konnte man die Großbuchstaben »BOUL« erkennen. Bestimmt eine boulangerie. War das seine Liebe in den Jahren in Bordeaux gewesen?
    Das vierte Bild überraschte mich. Es war ein Hund, der weder groß noch klein war und ein kluges Gesicht besaß; ein weißer oder sehr heller baskischer Schäferhund, der auf den Hinterpfoten saß und in die Kamera blickte. Der Hund, den er einmal erwähnt hatte und der in seinem Herzen einen wichtigen Platz einnehmen musste, wenn er sein Porträt neben das der ihm nahe stehenden Personen gestellt hatte.
    Ich öffnete die Schubladen der Kommode, und dort entdeckte ich beunruhigende Dinge. Zwischen der Unterwäsche fand ich eine Schuhschachtel mit einer Pistole drin: einer schweren Astra Automatik A-80, die erst vor kurzem geölt worden war, das Magazin lag daneben, war aber voll, und weitere fünfzehn Patronen vom Kaliber neun Millimeter Parabellum lagen verstreut in der Schublade herum. Ich schnupperte an der Kanone – ich schwärzte mir mit einem lächerlichen Ölfleck die Nasenspitze, worauf ich auf der Straße hingewiesen wurde –, nach Pulver roch sie nicht; laut dem, was ich aus Gangsterfilmen gelernt hatte, bedeutete das, dass die Knarre länger nicht benutzt worden war.
    Die zweite Schublade barg eine Sammlung scharf geschliffener Messer unterschiedlicher Herkunft und Zweckbestimmung, die auf granatrotem Samt lagen. Es gab ein großes Klappmesser

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