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Skorpione im eigenen Saft

Skorpione im eigenen Saft

Titel: Skorpione im eigenen Saft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juan Bas
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ziemlich einsam.
    Ich gewann das volle Vertrauen meines hoch geschätzten Haddock und wurde vom Dauergast zu einer Art Beauftragtem für Public Relations für den Laden. Anfangs nahm ich nichts für meine Dienste; meine Pläne – zur damaligen Zeit noch ein Geheimnis – waren, wie wir bereits wissen, ehrgeiziger. Doch sobald ich für die neue Ausrichtung des Lokals unverzichtbar geworden war, akzeptierte ich einen fast symbolischen Monatslohn, der allerdings umfangreicher war als die Almosen meines Vaters: fünf Prozent der Bruttoeinnahmen. Wie ich vermutet hatte, waren diese nicht allzu üppig, doch als Resultat meiner Unternehmungen stiegen sie um sieben Prozent.
    Asti ließ mir freie Hand und zeigte kein allzu großes Interesse an meinen Ideen, kritisierte sie aber auch nicht und mischte sich bei der Umsetzung nicht ein.
    Eingezwängt in der Altstadt und in dieser Kaschemme konnte ich keine Partys vom Typ Palast der Grimaldi veranstalten, doch mit ein wenig Phantasie und mithilfe meiner vielfachen Beziehungen und meiner Fähigkeit, Leute um mich zu scharen, erzielte ich ein paar bescheidene Erfolge.
    Die erste Maßnahme wurde im Bereich der Dekoration durchgeführt. Selbstkritisch muss ich bekennen, dass ich damit falsch lag und uns der Einfall beinahe ins Unglück gestürzt hätte; doch selbst der besten Nutte entfährt irgendwann ein Furz.
    Ich ersetzte die geschmacklose und hässliche Kneipendekoration ausschließlich durch Tim-und-Struppi-Motive. Da die Originalobjekte, die in Barcelona und Brüssel verkauft werden, ein Vermögen kosten, half ich mir mit Perico Perro Monchino, auch Verrückter Hund genannt, einem Ölmaler aus dem Viertel, der für freien Rum von allen Figuren der Serie Ölgemälde im Format vierzig mal vierzig malte – am schlechtesten war ihm Nestor gelungen, der einer Haubitze ähnelte. Er fertigte außerdem von der Mondrakete, dem Unterseeboot, Ottokars Zepter, dem Arumbaya-Fetisch und Schloss Moulinsart und anderen Sachen Pappmachémodelle an, die an der Decke und in den Nischen hingen.
    Eines Tages betrat ein Tourist mit seiner Familie die Kneipe. Sie sprachen französisch. Sie waren ganz verrückt nach den Häppchen und probierten die gesamte Karte durch. Dann wollte der Mann, eine Brillenschlange, die Tim wie aus dem Gesicht geschnitten war, Mochinos Arbeiten fotografieren. In meinem Schulfranzösisch fragte ich ihn, ob sie ihm gefielen. Er antwortete, nicht besonders, aber er sei Rechnungsprüfer beim Verlag Casterman, und seine Bosse würden sich für die Raubkopien bestimmt interessieren … Rasch übernahm ich die Rechnung des verdammten Belgiers und seiner Brut von Muschelfressern, und noch in derselben Nacht warf ich zur bitteren Enttäuschung des verrückten Hundes die gesamte Tim-und-Struppi-Ikonographie in den Müll.
    Etwas besser verlief die Präsentation des Buches Das Leben ist ohne Musik des mäßig begabten Schriftstellers Chisco Jarababa, das beim Verlag Okerkor in Durango erschienen war. Die Lokalzeitung mit der geringsten Auflage berichtete von der Veranstaltung, aber die kleine Horde von Mitgliedern der hiesigen Literaturszene versuchte mitgehen zu lassen, was nicht niet- und nagelfest war.
    Bei der interaktiven und antirassistischen Performance der Obdachlosentheatergruppe AK-47 musste eine träge und maskierte Antiterroreinheit der ertzaintza eingreifen, was die entsprechende Publicity zur Folge hatte.
    Über die Ausstellung von Bildern und Riechobjekten des Hobbykünstlers Merlin Jumento, die aus »vorurteilsfreiem organischem Material« gefertigt waren, sage ich lieber nichts. An einem Abend im April, an dem Antontxu ausnahmsweise ausging, weil er im Hotel Nervión zur Weinprobe eines Txakoli von der Biskaya eingeladen war – »Ich komme spät zurück und bin bestimmt hinüber«, warnte er mich –, wurde ich damit betraut, den Laden dichtzumachen. Ich wartete, bis die Wiederkäuerin ging. Sobald ich allein war, wollte ich endlich meine Neugier stillen und die Wohnung meines Freundes Asti, in die er mich nie eingeladen hatte, in Augenschein nehmen.
    Ich erwähnte bereits, dass er über der Bar wohnte; hinein kam man über einen Eingang in der Parallelstraße, aber auch über die Falltür an der Küchendecke; und ich hatte aufgepasst, wo er den Schlüssel dafür versteckte; er lag in einem Glas mit Moosflechten.
    Die Wohnung war höchstens fünfzig Quadratmeter groß und unterteilt in ein Wohnzimmer, das mit Möbeln vollgestopft war, ein karg eingerichtetes

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