Skorpione im eigenen Saft
es als Akt der Buße eine Menge zu wünschen übrig. Vielleicht habe ich es unbewusst nur niedergeschrieben, damit du es liest.«
»Du beschämst mich.«
»Du solltest gar nicht so sehr auf mich hören, denk daran, ich bin verrückt.«
»Stimmt, ich vergesse es immer wieder. Woran liegt es wohl, dass ich es mir nicht merken kann?«
»Ich nehme an, das hat mehr mit Zuneigung als mit Ablehnung zu tun … Was ich allerdings wirklich bedaure, ist, dass du die vergifteten Austern gegessen hast, obwohl du es eigentlich verdient hast, weil du dich auch in alles einmischen musst.«
»Dass macht die Schussverletzungen wett, an denen ich schuld bin. Und das mit den Austern kannst du wieder gutmachen, indem du mir endlich das verdammte Geheimnis der Panade verrätst.«
»Kommt nicht in Frage; man hat mir den Magen durchlöchert, nicht das Gehirn.«
»Sag mir wenigstens, ob Grand Marnier drin ist …«
»Kann schon sein.«
»Da kommt diese autistische Ader von Alzo zum Vorschein. Das hätte ich mir ja in meinen schlimmsten Opiumalbträumen nicht vorgestellt: Ich hänge im Niemandsland herum in Begleitung eines Kerls aus Guipúzcoa.«
»Sind wir also schon bei den Allgemeinplätzen angelangt.«
»Freunde?«, ich reiche ihm die Hand.
»Für immer, fürchte ich«, erwidert er und schlägt ein.
Der Radiosprecher reitet die nächste Attacke:
»Weitere Nachrichten … Der osaba Joseba, der Kinderschänder auf den Hertzwellen, hat sich im Hostal Lewis Carroll, einer heruntergekommenen Pension in der Calle Campa del Muerto erhängt … Und um diese Reise in das Vergessen angenehm zu gestalten, singen die Rigoitia-Zwillinge jetzt für uns Das doppelköpfige Schäfchen, mit Josemari oder Julián an der Ratsche und Julián oder Josemi, der auf einer Flasche Anisschnaps El Mono den Takt schlägt. Sie möchten dieses Weihnachtslied dem Trunkenbold Antontxu Astigarraga widmen, der unserem Programm lauscht.«
»Übrigens, Antontxu. Erzähl mir doch den wahren Grund für die Feindschaft zwischen den Rigoitias. Entweder hast du es in deinen Bekenntnissen ausgelassen oder ich bin nicht so weit gekommen, es zu lesen.«
»Stimmt. Ich erzähl’s dir später, ganz bestimmt. Wir haben ja keine Eile … Wenn du erlaubst, möchte ich dir zuerst ein wenig von Fréderic erzählen, mein Andenken an sie mit dir teilen, um die Erinnerung zu festigen und sie so später ins Nichts entlassen zu können.«
»Es ist mir eine Ehre. Ich höre dir zu, mein Freund.«
»Ich werde versuchen, dazwischenzuquatschen und Ihnen mit meiner Musik auf die Nerven zu gehen«, bemerkt unser Gastgeber.
In diesem ewigen Moment kam es mir so vor, als leuchte das weiße Taxi aus sich heraus, ein schneeweißes Licht, das aus der Dunkelheit hervorstach wie ein Glas Milch in einem Weinkeller oder ein unerschöpflicher Dry Martini mit zwei Oliven. Ich fühlte mich ruhig und friedvoll.
Bilbao, 3. September 2001
QUELLEN UND VOLLSTÄNDIGE SPEISEKARTE DER WELTKARTE VON BILBAO
Ein paar der nachfolgenden Gerichte stammen aus Artikeln zur Gastronomie von Rafael García Santos, José Carlos Capel und Mikel Corcuera, die in den Tageszeitungen El Correo und El País erschienen sind.
Wie meine Figur Dominique Lenteur sagt, ist es sehr schwierig und bis auf wenige Ausnahmen auch nicht richtig, die Urheberschaft und Erfindung eines Rezepts nur einem einzigen Koch zuzuschreiben. Deshalb schien es mir angemessen, in alphabetischer Reihenfolge eine Liste der Küchenchefs beizufügen, von denen ich weiß, dass sie das eine oder andere der genannten Rezepte zubereiten. Mir ist bewusst, dass gewiss auch andere, die hier nicht genannt sind, diese wunderbaren kulinarischen Schöpfungen auf den Tisch bringen. Dass sie hier nicht genannt sind, ist allein meiner Unkenntnis zuzuschreiben, für die ich mich entschuldigen möchte.
Adrià, Ferran
Aduriz, Andoni
Arbelaitz, Hilario
Arzak, Juan Maria
Bahón, Marco
Bárcena, Fernando
Bargués, Jaume
Barasategi, Martín Camdeborde, Yves Canales, Fernando
Chapel, Alain
De Jorge, David
Ecoumoire, Eustace
Elicegi, Aitor Fombellida, José Cruz
Garcia, Daniel
García Rodríguez, Guillermo
Hormaetxea, Beñat
Lavette, Babette
Madrigal, Andrés
Morán, Pedro
Muñoz, Javier
Reoyo, Julio
Rodero, Koldo
Salaberria, Isaac
Sánchez Romera, Miguel
Subijana, Pedro Zaldua, Juan Antonio
Im Verlauf des Romans habe ich nur einen Ausschnitt der Häppchen, die in der Weltkarte von Bilbao angeboten wurden, genannt. Es folgt die
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