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Skorpione im eigenen Saft

Skorpione im eigenen Saft

Titel: Skorpione im eigenen Saft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juan Bas
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geblieben; er war einer von den wenigen Aktivisten aus Álava gewesen. Die Guardia Civil hatte ihn 1971 verhaftet. Er war 1973 an einem Schlaganfall im Gefängnis von Basauri gestorben. Wie schade.
    Den anderen war es um einiges besser ergangen.
    Josean Aulkitxo aus Bilbao war Profifußballer geworden und absolvierte mit dreiunddreißig seine letzte Spielzeit als Mittelstürmer bei Athletic Bilbao.
    Die einzige Frau, Blanca Eresi, war eine berühmte Opernsängerin. Das Datum ihres nächsten Konzerts im Liceo in Barcelona stand bereits fest. Sie sang die Mimi in einer Inszenierung von Puccinis La Boheme.
    Und der fünfte, den ich mir vorknöpfen würde, war ein wichtiger burukide in der Baskischen Nationalistischen Partei und rechnete sich angesichts der Legalisierung der Parteien und der anstehenden Wahlen Chancen auf eine Karriere als Politiker aus.
    Gestatten Sie mir, Sie ein wenig auf die Folter zu spannen und Ihnen den Namen erst später zu verraten. Falls Sie es nicht sowieso schon erraten haben, wird es eine kleine Überraschung werden …
     
    N achdem ich die letzten Absätze von Astigarragas ungeheuerlichem Bekenntnis gelesen hatte, schossen mir widerstreitende Gedanken durch den Kopf.
    Der erste und erschütternde: Mein Freund war ein Psychopath und Mörder. Nicht nur ein potenzieller Mörder; ein paar Seiten weiter, so viel schien sicher, würde er seine Taten schildern.
    Die Erinnerung an den grausamen Tod von Josean Aulkitxo brachte meine Schläfen zum Pochen, und ich sah mich genötigt, den Rest Glenmorangie in einem Schluck hinunterzukippen.
    Ganz zu schweigen von dem Verschwinden des Bischofs und seines jungen Sekretärs und den anderen Todesfällen, die man eher für Unglücksfälle gehalten hatte, was sie höchstwahrscheinlich gar nicht waren; der Tod von Patxi Iramendi bei einem Autounfall in Algerien – obwohl man schon damals gemunkelt hatte – und der der berühmten Sopranistin Blanca Eresi durch einen Herzinfarkt, der Ende der siebziger Jahre ihre brillante Karriere vorzeitig beendete.
    Zweitens: Ich musste auf der Stelle den Mörder, der draußen frei herumlief, anzeigen.
    Drittens: Ich konnte nicht aufhören zu lesen, die Geschichte faszinierte mich und schlug mich in ihren Bann.
    Ich beugte mich vorläufig der letzten Möglichkeit.
    Ich würde einfach weiterlesen und nichts überstürzen; ich musste sämtliche Informationen haben, bevor ich Alarm schlug.
    Blieb eine schwache Hoffnung, dass Astigarraga aus irgendeinem Grund seinen Rachenplan nicht hatte in die Tat umsetzen können und dass z. B. Aulkitxos Tod von anderer Hand ausgeführt worden war.
    Unwahrscheinlich, das war mir klar, aber möglich.
    Und wer zum Teufel sollte dieser letzte Giftmischer sein, dessen Namen er mir nicht verraten hatte, dieser berühmte nationalistische Politiker?
    Als Erstes hätte ich mir am liebsten Onkel Patxi vorgeknöpft, doch ich sah die Schwierigkeiten, da er sich als ETA-Mitglied in Frankreich versteckt hielt.
    Crescencio war aufgrund unseres mystisch-erotischen Verhältnisses viel einfacher zu kriegen.
    Außerdem hatte ich es auf ihn beinahe genauso sehr abgesehen wie auf Onkel Patxi.
    Doch bevor ich mit meinem Rachefeldzug, den ich mir unzählige Male vorgestellt hatte, begann, versuchte ich, in aller Ruhe ein paar private Dinge zu regeln, wie zum Beispiel den Führerschein zu machen und mir ein wenig Wissen anzueignen.
    Was Letzteres betraf, hielt ich es für sinnvoll, mir eine breite Allgemeinbildung zuzulegen, da ich es mit einem bunt gemischten Haufen zu tun bekommen würde. Ich kaufte den Espasa, die komplette Enzyklopädie. Ich brauchte fünf Jahre, bis ich Seite für Seite gelesen hatte.
    Es gab außerdem noch andere Dinge, die keinen Aufschub mehr duldeten, wie zum Beispiel nicht mehr Jungfrau zu sein.
    Ich nutzte einen Kurztrip nach Barcelona, um auch diese Reifeprüfung zu machen.
    Ich wollte die Aufführung von Blanca Eresi im Liceo sehen. Ich ergatterte einen Platz in den vorderen Reihen und hörte mir La Bohème an. Da war Blanca, in der Rolle der sanften Mimi, der weiblichen Hauptfigur (bei der Sterbeszene konnte ich mir ein paar Tränen nicht verkneifen). Aus ihr war eine schöne reife Frau geworden, die, wie so viele Opernsänger, eine Neigung zum Dickwerden hatte. Ich fand sie ausgesprochen anziehend.
    Sie bekam tosenden Applaus; sie musste eine schöne Stimme haben (ich muss gestehen, dass ich mich mit Ope r n icht auskenne; ein hohes C klingt für mich fast genauso wie eine

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