Skorpione im eigenen Saft
Gendarmerie. Onkel Patxi war nicht dabei, und es gab auch sonst kein Lebenszeichen von ihm.
Ich hatte es nicht eilig.
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I m Februar 1977 rief ich Crescencio an. Ich erzählte ihm, dass sich mein Glaube, seit wir uns vor einem Jahr getrennt hatten, gefestigt hätte und gewachsen sei; dass ich gerne, falls möglich, zumindest versuchen würde, ein Leben als Mitglied einer religiösen Gemeinschaft zu führen, als eine Art Novize.
Ohne Umschweife fragte ich ihn, ob ich für eine Weile in das Kloster von Loyola zurückkehren dürfte. Ich fügte doppeldeutig hinzu, dass ich ihn außerdem vermissen würde; ich merkte, dass ihm diese letzte Bemerkung sehr behagte.
Er wurde von Tag zu Tag überspannter.
» Ich vermisse dich ebenfalls sehr, mein lieber, lieber Carlosmari … Und dein frommes Verlangen, das klösterliche Leben kennen zu lernen, erfüllt mich mit Freude … Du wirst feststellen, dass es, wenn du mir den harmlosen Scherz erlaubst, ein milder, aber sehr gehaltvoller Wei n i st, der den mystischen Durst vollständig löscht, sofern dieser echt ist … Unglücklicherweise kann deine Probezeit als Novize nicht in Loyola stattfinden. Das Sanktuarium ist dem Jesuitenorden vorbehalten. Dein langer Aufenthalt während deiner Krankheit und Genesung war eine Ausnahme, um die ich ganz schön kämpfen musste, obwohl ich nicht gerade das bin, was man einen treuen Soldaten Christi nennen kann … Oh je, « – er schoss über das Ziel hinaus –, » welch ’ Sünde, jetzt brüste ich mich auch noch damit! Gott möge mir verzeihen … Aber mir fällt da etwas ein, was fast noch besser ist … Einmal im Jahr ziehe ich mich für ein paar Tage zum Gebet und zur Andacht an einen wunderbaren Ort zurück, in das Kloster Estíbaliz, das ganz in der Nähe von Vitoria liegt. Eine romanische Perle, die unserer Jungfrau von Estíbaliz geweiht ist und von einer kleinen Gruppe ganz reizender Benediktinermönche geführt wird. Wenn du möchtest, kann ich es so einrichten, dass wir gemeinsam ein paar Wochen dort verbringen. «
Das klang nach heimlichen Flitterwochen, aber ich dachte, es könne der ideale Rahmen für ein perfektes Verbrechen sein.
Und das war es auch.
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D as Kloster Estíbaliz liegt einsam auf einer Anhöhe über der Ebene von Álava, ein wunderschöner romanischer Bau, der sehr gut erhalten ist. Neben der Basilika ragt das Kloster auf, ein weitläufiges Gebäude, das einen Teil seiner Räume als Unterkunft für Pilger und bedürftige Obdachlose zur Verfügung stellt.
Im Mittelalter wurden vor der Kirche die so genannten » Gottesgerichte « abgehalten; das heißt, Duelle und Turniere, um miteinander abzurechnen, und die gewann, wem Gott beistand und Recht gab.
Ein Ort also mit einer alten Tradition des Blutvergießens, ganz im Einklang mit meinen Plänen.
In der Klosteranlage lebten das ganze Jahr über nur sieben Mönche. Sie taten dies jeder auf seine Weise und widmeten sich ihren persönlichen Leidenschaften, die recht schrullig und völlig unterschiedlich waren.
Der Abt, Pedro Ruiz de La Tajada, betätigte sich gerne als Maurer. Schon seit Jahren baute er Schweine- und Hühnerställe, die, wenn man die Proportionen berücksichtigte, so riesig wie mein berühmter Landsmann aus Alzo sein konnten. Außerdem hatte der Abt den Stall mit einem ausgetüftelten mechanischen System zur automatischen Schließung und Öffnung einzelner Koben und Käfige versehen, was für die dummen Hühner gefähr licher sein dürfte als das gigantische Kressemesser, das Leonardo da Vinci für Ludovico Sforza erfand, als er sein Küchenchef war, und das dieser mit bemerkenswertem Erfolg zum Einsatz brachte, um die französischen Invasoren abzuwehren.
Man erzählte mir, dass der Abt einen Probelauf mit ein paar hundert geliehener Vögel gemacht hatte. Die Türen klappten ohne Vorwarnung so fest zu, dass sie über der Hälfte der Tiere die Füße abschnitten und sie köpften – über ein Vierteljahr lang landeten diese in den Kochtöpfen der Mönche.
Pater Demetrio Kotxorro (einige waren Priester und andere Mönche), ein eifernder Nationalist und begeisterter Anhänger des ETA-Terrorismus, übersetzte Andersens Märchen ins Baskische.
Ein anderer schrieb mit einer mittelalterlichen Technik eine Miniaturhandschrift ab, die nicht größer als ein Päckchen Zigaretten war, wozu er merkwürdige Pinsel verwendete, die er aus seinen eigenen Haaren herstellte; ein anderer sammelte Steinblöcke, dito die immer gleichen Briefmarken der
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