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Skorpione im eigenen Saft

Skorpione im eigenen Saft

Titel: Skorpione im eigenen Saft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juan Bas
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nicht losgelassen hatte, ergriff er sie nun mit beiden Händen, hielt sie vor sein Gesicht und sagte so feierlich, wie es die Situation erlaubte:
    » Halt! Das befiehlt dir Gott in dieser heiligen Gestalt! «
    » Ich scheiß auch auf Gott, wenn ’ s sein muss. Du gehörst mir oder keinem! «
    Die Detonation hallte vielfach durch das steinerne Kreuzgewölbe; die Kugel Kaliber 7,92 mm durchschlug die große Hostie genau in der Mitte und traf Crescencio, welch poetische Gerechtigkeit, in den Mund.
    Doch die Vorführung war noch nicht beendet.
    » Keiner rührt sich vom Fleck, das hier ist noch nicht vorbei! «
    Der Sammler und der ketzerische Theologe hörten nicht auf ihn und nutzten den Moment, in dem er am Gewehrverschluss hantierte, um wie der Teufel, der hinter der armen Seele her ist, durch die Seitentür zu verschwinden.
    » Du! Komm raus da! Du bist dran. «
    Er meinte mich.
    Langsam stand ich auf und machte mir in die Hosen.
    » Du bist schuld an allem! Du hast ihm den Kopf verdreht! «
    Als er auf mich anlegte, streifte sein Blick Crescencio, der kopfüber auf den Altartisch gefallen war; ein großer Blutfleck breitete sich auf dem weißem Tuch aus.
    Er ließ die Waffe sinken und fing an zu schluchzen.
    » Ich kann ohne ihn nicht leben. «
    Dann ging alles sehr schnell.
    Er stützte den Gewehrkolben auf den Boden, nahm den Schaumlöffel vom Gürtel, packte ihn am vorderen Ende, stieß sich die Mündung des Gewehrlaufs in den Mund, drückte den Abzugshahn mit dem Griff des Schaumlöffels und blies sich den Kopf weg.
     
    D iese endlose Taxifahrt macht mich fertig.
    Wir kommen zwar zügig voran, aber irgendwie nimmt diese Straße kein Ende.
    Als würden Raum und Zeit sich hier drin ausdehnen oder ihre Gültigkeit verlieren.
    Was für ein Quatsch.
    » Wieso sind wir noch nicht da? Ich begreife das nicht. «
    » Das ist vorerst auch besser so « , der Taxifahrer spricht in Rätseln.
    Er hat seinen galizischen Einschlag verloren, und seine Aussprache klingt auf einmal neutral und frei von jedem Akzent.
    Ein unerklärliches Phänomen, das ich hinnehme wie eine Sinnestäuschung. Auch dass er sich auf einmal so merkwürdig anders verhält, nehme ich mit einer Gelassenheit hin, die mich überrascht.
    » Das ist alles so unwirklich « , dachte ich laut.
    Der Taxifahrer hat mich bestimmt gehört, sagt aber keinen Ton.
    Endlich sind wir am Ende der Avenida de la Autonomía angelangt. Das Krankenhaus von Basurto ist ganz in der Nähe, nicht einmal fünfhundert Meter entfernt.
    » Erinnern Sie sich, das ist das Beste, was Sie in Ihrer Situation tun können « , ich begegne den Augen des Taxifahrers im Rückspiegel.
    Auch sein Blick hat sich verändert; er ist härter und wirkt zeitlos oder irgendwie alt.
    Er macht mir Angst.
    Ich weiß nicht, warum, aber ich gehorche ihm ohne einen Mucks.
    27
    C rescencio hatte Glück und überlebte die Schussverletzung. Ich war froh. Ich wollte zwar, dass er starb, aber durch meine Hand, nicht durch die eines anderen. Es hatte mich schon genug geärgert, dass Fernández de la Polea im Knast einem Gehirnschlag erlegen war.
    Wie bereits erwähnt, traf die Kugel den Jesuiten in den Mund, zerstörte ein paar Zähne, zerfetzte ihm die Zunge und trat am Hals wieder aus, ohne einen Nackenwirbel und damit das Rückenmark zu treffen. Es dauerte, bis er wiederhergestellt war, aber außer einer Narbe auf der Unterlippe und einem Lispeln, das seine geschwollenen Reden noch lächerlicher machte, wie ich Jahre später feststellen konnte, war nichts geblieben.
    Ich besuchte ihn nicht, sondern verschaffte mir die Informationen über Dritte.
    Sobald er genesen war, verschwand er von der Bildfläche. Er ergatterte eine Assistentenstelle für ein Semina r ü ber mystische spanische Literatur in Notre Dame, einer bekannten katholischen Privatuniversität in der Nähe von South Bend in Indiana, USA.
    Die Beute war entkommen und nicht mehr greifbar. Ich machte gute Miene zum bösem Spiel, denn früher oder später würde sie zurückkommen. Wenn nicht, müsste ich eben über den großen Teich, um sie wieder einzufangen.
    Ein guter Jäger, der zugleich ein Feinschmecker ist, verspeist seine Beute selbst, und er tötet die köstliche Waldschnepfe mit dem ersten Schuss. Wenn es nicht klappt, schießt er kein zweites Mal. Er weiß nämlich, dass der Vogel aus Angst scheißt und so wichtige Körpersäfte verliert, die für seinen wunderbaren Geschmack entscheidend sind.
    Auch wenn es meinen Stolz verletzte, musste

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