Skulduggery Pleasent -2- Das Groteskerium kehrt zurück
gerunzelt; wahrscheinlich überlegte sie, ob ihr Gegner einfach das Weite gesucht hatte. Sie schaute zu Walküre hinüber und wollte etwas sagen, als die Wand hinter ihr einbrach und Billy-Ray Sanguin sich auf sie stürzte.
Es schien jedoch nicht möglich, Tanith zu überraschen, denn sie trat lässig zur Seite und fuhr ihm genauso lässig mit dem Schwert über den Unterarm. Er heulte auf vor Schmerz und ließ das Rasiermesser fallen. Dann tänzelte er zurück und drückte die Hand auf die Wunde, um das Blut zu stillen. Von seinem Sprung durch die Mauer war er immer noch voller Staub.
Walküre blickte neben sich auf den Boden.
„Untersteh dich!“, warnte Sanguin und fixierte sie mit diesen schwarzen Löchern. Sie ignorierte ihn, bückte sich und hob das Rasiermesser auf, was ihn fuchsteufelswild machte.
„Was ist mit euch Frauen nur los?“, brüllte er und kickte in die Luft. „Ihr tretet in unser Leben und nehmt uns alles! Über die Jahre habt ihr viele kleine Stückchen von mir bekommen, sogar von meiner Seele! Und jetzt? Jetzt habt ihr auch noch mein Rasiermesser! Womit soll ich denn jetzt Leute umbringen? Womit soll ich mich rasieren ?“
Baron Vengeous bog von der Straße her in die Gasse ein und blieb hinter Sanguin stehen. Walküre erstarrte.
„Bring es endlich hinter dich!“, rief Vengeous wütend.
„Jawohl, Sir“, erwiderte Sanguin. An Tanith gewandt fuhr er leise fort: „Siehst du? Du bringst mich in Schwierigkeiten mit dem Boss. Überlass mir das Mädchen, und zwar sofort.“
Eine Tür, die Walküre bis jetzt nicht bemerkt hatte, ging auf, und China trat heraus.
„Tut mir leid“, sagte sie, „aber das wird sie nicht tun.“ Sie hatte eine frische Platzwunde an der Stirn, war ansonsten aber unverletzt.
Ein schwarzer Jeep hielt neben Vengeous, und Dusk stieg aus.
Walküre schaute zufällig nach oben und sah eine Gestalt auf dem Dach. Einen Augenblick lang dachte sie, es sei noch einer von Vengeous' Kumpanen, doch dann trat die Gestalt einen Schritt vor und ließ sich fallen. Neben ihnen landete Mr Bliss, der sich nun aufrichtete.
Walküre sah, wie der Baron hinter Sanguin finster in die Runde schaute.
„Sanguin“, rief er, „es sind zu viele. Wir gehen.“
„Bin sofort da, Baron.“
Doch Vengeous wartete nicht auf ihn, sondern stieg in den Jeep. Dusk setzte sich wieder ans Steuer, und sie fuhren davon.
So plötzlich allein gelassen, verzichtete Sanguin auf seinen finsteren Blick. Er schaute seine Gegenüber an und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Noch immer presste er die Hand auf den verletzten Arm; Blut tropfte durch seine Finger.
„Was hat Baron Vengeous vor?“, fragte Bliss leise und drohend.
„Ich weiß es nicht“, erwiderte Sanguin. „Nein, warte, das war gelogen. Ich weiß es wohl, ich sage es nur nicht.“
Walküre sah, wie er die Beine schloss und der Boden unter seinen Füßen Risse bekam.
„Haltet ihn!“, rief sie.
Tanith wollte sich auf ihn stürzen, doch es war zu spät. Mit der gesunden Hand auf dem verletzten Arm verschwand er im Boden.
„Verdammt!“, fluchte Tanith. „Und das will ein Luxuskiller sein! Er ist doch nichts weiter als ein raffinierter kleiner Feigling.“
„Das hab ich gehört!“
Sie spannten kampfbereit die Muskeln an, als sie auf das aufgebrochene Stück Boden hinunterschauten - und auf Sanguin, der den Kopf herausstreckte und zu ihnen aufsah. Sie entspannten sich wieder.
„Ich bin kein Feigling“, verteidigte er sich hitzig. „Man hat mich lediglich vorübergehend ausgebootet. Nur ein ganzer Mann kann zugeben, wenn er geschlagen wurde.“
„Dann musst du sehr männlich sein“, sagte Walküre.
Der Amerikaner funkelte sie böse an. „Niemand mag sarkastische Bemerkungen, Miss Unruh. Ich hab meinen Abgang nur verschoben, um dir etwas zu versprechen. Du hast mir mein Rasiermesser weggenommen, Süße. Das ist in meinen Augen ein unverzeihliches Vergehen. Ich schwör dir also, dass ich dich, wenn die Zeit gekommen ist, das heißt, wenn du deinen Zweck erfüllt hast, kostenlos umbringen werde.“
Damit verschwand Billy-Ray Sanguin wieder im Boden. Sekunden später streckte er den Kopf noch einmal heraus.
„Oder zumindest zum halben Preis.“
Und weg war er.
DAS GEHEIMZIMMER
Nachdem Walküre das Telefonat beendet hatte, wusch sie sich in der Toilette der Bibliothek das Gesicht. Als sie sich die Hände abtrocknete, sah sie, dass sie zitterten. Sie zitterten immer nach einem Kampf, wenn das überschüssige
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