Skylark 4 - Die Skylark und der Kampf um die Galaxis
wollen. Aber merken die Chloraner denn nicht, daß hier plötzlich jemand anders sitzt? Vielleicht unternehmen sie sogar etwas!«
»Ich bin sicher, daß sie nichts merken.« Seaton hatte sich mit dieser Frage schon beschäftigt. »Angesichts ihrer Verachtung gegenüber anderen Rassen ist es doch sehr zweifelhaft, ob sie sich die Mühe machen, zwischen einzelnen Menschen zu unterscheiden. Für sie sind wir doch nur Insekten! Und wahrscheinlich sehen wir für sie alle gleich aus.«
Der Funker atmete erleichtert auf. »Da haben Sie wahrscheinlich recht, Herr.«
Seaton setzte sich zurecht und legte in der entscheidenden Sekunde den Hebel um. Er wußte, daß die Amöbenwesen jede Körperform annehmen konnten, die ihnen in den Sinn kam. So war er nicht überrascht, als das Wesen auf der Gegenseite wie ein übergroßer Krake aussah und gut hundert bewegliche Tentakelarme mit dreifingrigen ›Händen‹ hatte, von denen ein Dutzend die Kontrollen einer unheimlichen und komplizierten Instrumententafel bedienten. Allerdings wunderte er sich, daß das Ding kein Auge bildete, um ihn anzusehen; es richtete nicht einmal einen Gedanken in seine Richtung.
»Ich bin bereit, Sklave«, tönte eine tiefe Baßstimme in der Sprache Ray-See-Nees aus dem Lautsprecher. »Setz das Band in Bewegung.«
Seaton drückte auf einen Knopf, und das Band lief durch den Sender. Gut fünf Minuten lang passierte nichts. Dann schaltete sich der Sender plötzlich aus, und eine noch tiefere Stimme ertönte, eine Stimme, die auf rayseenesisch etwas zu dem chloranischen Funker sagte.
Warum das? fragte sich Seaton. O ja. Eine kleine Vorstellung für uns. Wir sollen einen hübschen Schrecken bekommen, ehe uns die Daumenschrauben angelegt werden.
»Verschwinde, Funker!« sagte diese Stimme nun.
»Ich ziehe mich mit Freuden zurück, o Großer«, erwiderte der Chloraner in der Zentrale und erstarrte; er bewegte keinen Tentakel mehr.
»Es liegt mir daran, diese Angelegenheit selbst zu untersuchen«, fuhr die laute Stimme fort, als habe der andere gar nichts gesagt: »Die Wahrscheinlichkeit ist zwar gering, doch es besteht die Möglichkeit, daß dieses Ungeziefer Anstalten macht, sich gegen die Führende Rasse zu verschwören. Handelt es sich nur um einen inneren Kampf dieser Wesen, ist die Entwicklung uninteressant; doch gibt es die geringste Spur der Aufsässigkeit, soll das Ungeziefer und ihre Stadt vernichtet werden. Ich werde die Wahrheit in Erfahrung bringen. Sie können uns zwar gefälschte Bänder schicken, aber kein Wesen in dieser oder einer anderen Galaxis kann einen Großen bei direktem Geisteskontakt anlügen.«
Während dieser Worte begann sich das Bild auf dem Schirm zu verändern. Der erste Chloraner begann zu verblassen, und etwas anderes tauchte auf. Seaton, der wußte, worauf er sich gefaßt machen mußte, brachte jenen Teil seines vielseitigen Geistes ins Spiel, den er Drasnik, dem Führer der Psychologie auf Norlamin, verdankte.
Das bevorstehende Gespräch würde sich erheblich von seiner Zusammenkunft mit dem Anführer der Wesen auf Chlora unterscheiden. Damals hatte es sich um eine offene, rücksichtslose Schlacht gehandelt, um einen Kampf der Geisteskräfte. Hier jedoch war Selbstbeherrschung wichtiger; er mußte präzise und subtil arbeiten. Er mußte sein Gehirn so raffiniert und gekonnt einsetzen, wie Dorothy ihre Stradivari spielte, denn wenn das Ungeheuer auch nur ahnte, daß hier etwas nicht stimmte, war es um die Stadt geschehen.
Der Schirm wurde heller, und Seaton sah das erwartete Bild: eine große, flache Masse, die nicht fest, aber auch nicht flüssig war – in einer gewaltigen Wanne, deren durchsichtige Außenmembranen ein großes, kompliziert verschlungenes Gehirn erkennen ließen. Noch während Seaton hinschaute, entwickelte das Gebilde ein gewaltiges Auge, aus dem sich ein so starker Geistesstrahl direkt in Seatons Gehirn richtete, daß er sich körperlich angegriffen glaubte.
Trotz aller Vorbereitungen erbebte Seatons Verstand bis in die Grundfesten angesichts dieses rücksichtslosen Vorstoßes; aber er setzte seine gesamten geistigen Kräfte ein und vermochte den Angriff nicht nur zu überstehen, sondern auch seine von Drasnik inspirierten Verteidigungsblöcke zu halten, so daß der Chloraner nur die Dinge fand, mit denen er im Grunde auch rechnete – Hilflosigkeit und totale Unterwerfung.
Der geistige Vorstoß hatte den Menschen nicht töten sollen. Zumindest war dem Chloraner gleichgültig, ob er den
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