Slant
Öffentlichen Datenbibliothek des Staates Washington, Neuntes Buch, ergänzt durch Bundesgesetz zweiundzwanzig c, Neuntes Buch, muss die Public Defense eindeutige Beweise vorlegen, dass ein Verbrechen begangen wurde, um nur den Antrag auf Einsicht in Privataufzeichnungen stellen zu dürfen. Es liegt kein Verbrechen vor; Mr. Crest hat sich nach der Einschätzung unserer Vertrauensärzte und staatlicher Mediziner höchstwahrscheinlich selbst getötet. Selbstmord ist in diesem Staat seit siebenunddreißig Jahren kein Verbrechen mehr.«
Das scheint Lodge zu amüsieren. Er unterdrückt den Ansatz eines Lächelns, das Mary für völlig unangemessen hält, und wandelt es in ein nicht sehr ernstes Stirnrunzeln um. »Ms. Choy?«
»Die Gerichtsmediziner der Seattle PD konnten zwar die Ursache und den Zeitpunkt des Todes mit einiger Sicherheit feststellen, aber wir konnten keine Gewissheit erlangen, ob es sich um Selbstmord, ein Tötungsdelikt oder einen Unfalltod handelt. Wir sind der Ansicht, dass die Einschätzung der staatlichen Mediziner vorschnell erfolgt ist, und führen die Ermittlungen fort, um Motive und Hintergründe in Erfahrung zu bringen. Dazu müssen wir mehr über die Situation und mentale Verfassung von Mr. Crest in den Stunden vor seinem Tod erfahren. Außerdem untersuchen wir die mögliche Rolle eines Besuchers, den Mr. Crest unmittelbar vor seinem Tod in seiner Wohnung empfangen hat.«
»Vor seinem Tod haben Sie wegen einer anderen Angelegenheit gegen Mr. Crest ermittelt«, sagt Parmenter. »Ist dieser Fall immer noch anhängig?«
»Diesem Fall wurde vorübergehend ein offener Status zugewiesen, bis wir uns ein vollständiges Bild von Mr. Crests Situation gemacht haben.«
»Ein vorübergehend offener Status ist kaum ein zwingender Verdacht«, erwidert Parmenter. »Wie Sie wissen, Sir, bedeutet vorübergehend offen viel Rauch und kein Feuer, also im Grunde gar kein Fall.«
Der stellvertretende Bezirksdirektor nickt eifrig. »Ms. Choy, warum sollte Oversight der Seattle PD den Zugang zu den privaten Aufzeichnungen eines Mannes gewähren, dem wahrscheinlich kein Verbrechen vorgeworfen wird, zumal er inzwischen tot ist und die Anhaltspunkte von vornherein dürftig sind?«
Mary hat im Verlauf ihrer Karriere schon mehrere Dutzend Oversight-Anhörungen erlebt, die ihr noch nie Spaß gemacht haben. Es kommt ihr so vor, als wäre Oversight zu einer Art Spielwiese für die inkompetentesten Vertreter eines ohnehin schon aufgeblähten Rechtsapparats geworden. Sie hatte noch nie mit einem Direktor oder stellvertretenden Direktor zu tun gehabt, der sie beeindrucken konnte. Und dieser Direktor, denkt sie, ist wahrscheinlich der am wenigsten beeindruckende von allen.
»Die Anwesenheit einer Ms. Alice Grale müsste noch erklärt werden, Sir.«
»Ja, im Fibe wurde berichtet, dass sie darin verstrickt ist«, sagt der Direktor nachdenklich. »Aber eigentlich sollten ihre Anwälte die Einsicht in die Aufzeichnungen beantragen, um ihren Ruf wiederherzustellen, und soweit mir bekannt ist, wurde kein derartiger Antrag gestellt.« Er blickt zu Parmenter. »Was wissen Sie über diese Frau? Offenbar wurde sie von Mr. Crest als Sexdienstleisterin engagiert…« Er grinst unverhohlen über seine diskrete Wortwahl und widmet sich wieder seinem Pad. »Durch die Agentur Wellspring Temps, die sich auf Unterhaltung spezialisiert hat… Und Sie, Ms. Parmenter, haben die Zahlung an ihre Agentur zurückgezogen. Warum?«
»Wir haben keinen Beweis, dass sie ihre Dienstleistung vertragsgemäß ausgeführt hat.«
Lodge verzieht das Gesicht. »Sehr fragwürdig, Ms.
Parmenter. Nach meinen Informationen hat Mr. Crest die Überweisung persönlich legitimiert, bevor er starb. Somit ist es eine rechtmäßige Transaktion, und ich vermute, dass Wellspring sowie Ms. Grale ihr Geld bekommen werden, sollten sie sich entscheiden, die Angelegenheit zu verfolgen.«
Darauf erwidert Parmenter nichts.
Lodge runzelt die Stirn, was diesmal wesentlich überzeugender wirkt. »Glauben Sie, dass Ms. Grale in irgendeiner Weise für seinen Tod verantwortlich war, dass sie vielleicht einen Einfluss auf seine Stimmung hatte, dass sie seine Gefühlslage an einem bereits angespannten Abend verschlimmert hat? Ist das der Grund, warum Sie die Bezahlung ihrer Dienstleistung verweigert haben?«
»Die Nachlassverwaltung glaubt nicht, dass das quasi-legale Gewerbe der Prostitution…«
»Sexdienstleistung, bitte«, korrigiert Lodge mit ironischem Grinsen. »Als ich
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