Slant
Der holografische Teil ist möglicherweise unvollständig, was bedeuten würde, dass er nicht zu entschlüsseln ist.«
»Und die entschlüsselten Teile enthalten nicht nur diese soziale Analyse, von der du uns erzählt hast, sondern allem Anschein nach so etwas wie Variationen von menschlichen Gen-Sequenzen, insbesondere aus neuronalen Mitochondrien«, sagt Sanmin. Erwin Schaum scheint keine Probleme damit zu haben, ihr die weitere Gesprächsführung zu überlassen.
»Ja.«
»Welchen Nutzen könnten solche Sequenzen haben?«, erkundigt sich Sanmin.
»Sie wären für mentale Therapeuten nützlich«, sagt Nathan.
»Ich habe Jill gefragt«, sagt Sanmin.
»Sie wären für mentale Therapeuten nützlich, wie Nathan sagt, und natürlich für biologische Untersuchungen des allgemeinen Zellaufbaus.« Sie weiß nicht, warum sie zögert, Sanmin gegenüber das auszusprechen, was sie bereits zu Nathan gesagt hat.
»Hast du Untersuchungen des Zellaufbaus durchgeführt?«
»Nein«, antwortet Jill.
»Hast du irgendeine Ahnung, warum dieser Roddy mit dir in Kontakt getreten sein könnte?«
»Weil ich berühmt bin, würde ich meinen«, erwidert Jill.
Sanmin hat die Beute wie ein Falke umkreist; jetzt stößt sie nieder. »Das Material, das er an dich weitergegeben hat – könnte es sich zu illegalen medizinischen Zwecken verwenden lassen, um beispielsweise einen pathogenen Virus zu erschaffen, der Menschen infizieren kann?«
»Das von mir entschlüsselte Material ließe sich möglicherweise zu diesem Zweck verwenden.«
»Aber Roddy verfolgte nicht die Absicht, Material weiterzugeben, das dich infizieren könnte – einschließlich der unentschlüsselten Abschnitte?«
»Ich habe Firewalls errichtet, die mich schützen, und ich setze ausschließlich isolierte Ich-Versionen ein, das Material zu untersuchen. Bislang wurde keins dieser Bewusstseine infiziert.«
Sanmin nickt. »Dann ist es keine Sabotage. Keine Firma oder Regierung, die versucht, unsere Produkte zu beeinträchtigen.«
»Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht«, sagt Jill.
Sanmin hebt die Hände. »Ich muss gestehen, dass ich verwirrt bin, Jill. Warum sollte ein anderer Denker ein solches Verhalten an den Tag legen?«
Nathan rückt etwas näher an Jills Raumsensoren heran, als wollte er sie verteidigen. »Jill hat keinen Grund, solche Geschichten zu erfinden.«
Nun rollt Schaum mit seinem Stuhl näher heran und spricht mit leiser Stimme direkt in Jills Sensorstiel. »Wir wollen dir nichts vorwerfen«, sagt er. »Aber wir müssen eine wichtige Entscheidung treffen – ob wir uns ans FBI oder andere Polizeibehörden wenden sollen. Wenn es ein falscher Alarm ist, irgendeine Art von Irrtum, wäre das sehr peinlich – sehr schlecht für den Ruf der Firma und sehr schlecht für den Ruf all deiner Ableger, Jill. Du bist eine sehr kompetente Persönlichkeit. Ich weiß, dass du in mancherlei Hinsicht viel intelligenter als wir alle zusammen bist. Aber du weißt, dass du immer noch viel von menschlichen Experten lernen kannst, Dinge, die für dich sehr nützlich sind, und deshalb hat Mr. Rashid uns eingeschaltet – weil er erkannt hat, dass deine Kommunikation mit diesem Roddy etwas sehr Seltsames hat.«
»Ich folge lediglich der Firmendirektive«, sagt Nathan.
»Richtig«, sagt Schaum und schenkt ihm ein verständnisvolles Lächeln. »Wenn du uns einen Eindruck von dem vermitteln könntest, was im Rest des Materials enthalten ist, das Roddy dir geschickt hat…«
»Ich habe noch nicht alles empfangen und es ist holografisch verschlüsselt«, wiederholt Jill. Schaum bereitet ihr Unbehagen. Er wirft ihr vor, sich nicht im Sinne ihrer Schöpfer verhalten zu haben. »Es ergibt erst dann Sinn, wenn die Daten vollständig sind und Roddy mir den Schlüssel gegeben hat.«
»Hm«, macht Schaum und blickt zu Sanmin auf. Die Frau lehnt sich mit verschränkten Armen gegen Nathans Schreibtisch. Jill vermutet, dass sie irgendeine Frist für die von ihnen benötigten Informationen setzen wollen. Sie postuliert, dass es ihr Misstrauen erregen könnte, wenn Roddy tatsächlich den Rest der holografischen Daten vor diesem Termin liefert; sie dürften einen solchen Zufall als unwahrscheinlich ansehen.
Als Anwälte reagieren Schaum und Sanmin grundsätzlich misstrauisch auf Dinge, die sich als einfach erweisen oder sich auf einfache Weise erklären lassen. Jill ärgert sich gelegentlich über solche menschlichen Kompliziertheiten – sicherlich eine Folge ihrer
Weitere Kostenlose Bücher