Smaragdjungfer
gegenwärtig zur Sache vernommen.«
»Beweise?« Sänger bevorzugte entgegen dem, was sein Name vermuten ließ, den Telegrammstil.
»Bis jetzt handfeste Indizien. Der Erkennungsdienst ist noch vor Ort.«
»Tatwaffe?«
»Die wurde bis jetzt nicht gefunden.«
»Motiv?«
»Dazu hat sich Herr Kastor noch nicht eingelassen.«
»Weil er keins hat und die Tat nicht begangen hat«, mischte sich Jasper ein. »Für die Indizien hat mein Mandant ebenfalls stichhaltige Erklärungen. Und er wollte ganz gewiss keinen Diebstahl begehen. Das können wir beweisen.«
Sänger genügte das. »Sie können gehen, Herr Kastor. Aber halten Sie sich für weitere Ermittlungen zur Verfügung.«
»Selbstverständlich.« Kastor erhob sich und lächelte Paula buchstäblich von oben herab triumphierend zu, ehe er sich an Sänger wandte. »Es ist schön zu sehen, dass wenigsten einer hier im Haus vernünftig ist.«
Paula stand ebenfalls auf. Sein Grinsen ist nur Luft und wird ihm noch im Nirwana vergehen, wenn ich mit ihm fertig bin. Sie brachte es fertig, ebenfalls zu lächeln und eine einladende Geste zur Tür zu machen. Ihre Blicke waren jedoch tödliche Dolche, die Kastors Herz durchbohrten. Sie würde den Kerl schon noch festnageln. Und dann würden ihm alle Beziehungen der Welt nicht mehr helfen, seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen.
»Und Sie, Frau Rauwolf«, Sänger geruhte endlich, von ihr Notiz zu nehmen, nachdem Kastor und Jasper den Raum verlassen hatten, »sorgen nächstes Mal für eine vernünftigen Grund, ehe Sie jemanden festnehmen.«
»Noch vernünftiger, als ihn mit blutigen Händen am Tatort bei einem versuchten Diebstahl zu erwischen?«
»Befehl von ganz oben. Halten Sie sich dran.«
»Ja, Sir, darauf gebe ich Ihnen mein Wort.«
Roemer räusperte sich warnend, denn Paulas sanfte Stimme und das ironische »Sir« verrieten ihre Wut. Doch sie ließ sich zu keiner weiteren Äußerung hinreißen. Kaum hatte Sänger ihr aber den Rücken zugedreht, zeigte sie ihm zähnefletschend den Stinkefinger. Roemer schüttelte den Kopf.
»Dienstbesprechung des Teams ist um fünfzehn Uhr. Bis dahin habt ihr noch genügend Zeit, ein bisschen über den Hintergrund der Toten zu recherchieren. Und, Paula, komm wieder ein bisschen runter. Mir gefällt es auch nicht, dass wir Kastor nicht weiter vernehmen konnten, aber wir können eine Anordnung des Polizeipräsidenten durch Sänger nicht ignorieren. Also seht zu, was ihr ausgraben könnt.«
Roemer verließ ihr Büro, und Paula baute das Aufnahmegerät ab. Rambacher räusperte sich.
»Was halten Sie von der Sache?«
Sie hatte keine Lust, mit ihm darüber zu diskutieren. Aber sie arbeiteten nun mal gemeinsam an dem Fall, ob es ihnen passte oder nicht. Außerdem war sie als Ranghöhere seine Vorgesetzte und sollte so was wie ein Vorbild sein.
»Objektiv betrachtet besteht die Möglichkeit, dass der Kerl die Wahrheit sagt. Subjektiv bin ich überzeugt, dass er die Frau umgebracht hat. Auch wenn wir die Tatwaffe noch nicht gefunden haben. In jedem Fall hat er Dreck am Stecken. Da er aber unter dem Protektorat unseres ach so objektiven und mit dem Fall völlig vertrauten Polizeipräsidenten steht, bleibt uns tatsächlich nichts anderes übrig, als die Indizien in Beweise zu verwandeln. Oder sie derart zu untermauern, dass er sich da nicht rauswinden kann.«
Und sie freute sich schon darauf, das überhebliche Grinsen aus seinem Gesicht verschwinden zu sehen, wenn sie ihn so festnagelte, dass ihm keine Ausrede mehr einfiel. Dann konnte ihn auch sein Scheißanwalt nicht mehr raushauen – mit oder ohne Doktortitel.
»Ihre Meinung?«
»Dass seine Antworten zu glatt waren, er sie zu schnell parat hatte und so siegessicher war, dass ich ebenfalls von seiner Schuld überzeugt bin. Bis zum Beweis des Gegenteils. Obwohl es ja eigentlich umgekehrt sein sollte.«
Wenigstens waren sie sich in diesem Punkt einig. Paula setzte sich an den Computer. »Ich überprüfe Kastor, Sie recherchieren über Frau Stojanovic. Danach fahren wir zu Severin und fühlen ihm auf den Zahn.«
Rambacher machte sich wortlos an die Arbeit. Paula gab Kastors Namen in die Suchmaske der Polizeidatenbank ein. Außer ein paar Strafzetteln wegen überschrittener Parkzeit hatte er sich nichts zuschulden kommen lassen. Die Knöllchen hatte er sich fast alle in der Bismarckstraße eingehandelt, jeweils in unmittelbarer Nähe von Jasmin Stojanovics Haus, sie aber jedes Mal prompt bezahlt. Der erste stammte vom Oktober des
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