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Sniper

Sniper

Titel: Sniper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Kyle , Scott McEwen , Jim DeFelice
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und drehten die Wasserschläuche voll auf. (Flash-Crashes geben ein sehr helles Licht ab und machen einen Höllenlärm, wenn sie detonieren, sind aber unschädlich. Genau genommen gibt es verschiedene Arten von Übungs- und Blendgranaten, die in der Army und Navy Verwendung finden, aber wir benutzen meist nur den Begriff Flash-Crashes.)
    Ich war aufgeregt und fühlte mich bereit für das, was einige Leute für den ultimativen Test im Rahmen der SEAL-Ausbildung halten. Zugleich dachte ich mir aber auch: Was zum Teufel ist hier los? Denn obwohl ich alles über die Höllenwoche wusste – theoretisch zumindest – hatte ich diese natürlich noch nie zuvor erlebt und verstand nicht wirklich, worum es dabei ging.
    Wir wurden in verschiedene Gruppen aufgeteilt. Dann schickte man uns an verschiedene Stationen und wir begannen mit Liegestützen, Klappmessern und Streck-Hocksprüngen …
    Danach bildeten wir wieder eine große Gruppe. Mein Fuß? Den spürte ich kaum, so groß waren die Anstrengung und die Erschöpfung während der gesamten Höllenwoche. Wir schwammen, machten Übungen am Strand, brachten die Boote hinaus. Eigentlich ging es nur darum, ständig in Bewegung zu bleiben. Einer meiner Kameraden war irgendwann einmal so müde, dass er ein Kajak, das uns gerade einen Kontrollbesuch abstattete, für einen Hai hielt und eine Warnung ausrief. (In dem Boot saß unser Kommandant. Ich bin mir nicht sicher, ob er das als Kompliment auffasste.)
    Vor dem BUD/S riet mir jemand einmal, dass man am besten damit fuhr, wenn man von einer Mahlzeit zur nächsten dachte. Verausgabe dich so lange, bis du wieder etwas zu essen bekommst. Die Essensausgabe erfolgt im Sechs-Stunden-Rhythmus, man kann die Uhr danach stellen. Also konzentrierte ich mich darauf. Die Rettung war somit nie weiter als 5 Stunden und 59 Minuten entfernt.
    Trotzdem hatte ich aber immer wieder das Gefühl, ich würde es nicht schaffen. Mehr als einmal geriet ich in Versuchung, aufzustehen und zu der Glocke zu rennen, die meiner Qual ein Ende bereiten würde – wenn man die Glocke läutet, wird man umgehend ins Trockene gebracht und mit einer Tasse Kaffee und einem Donut versorgt. Und man kann sich verabschieden, weil das Läuten der Glocke (oder das Aufstehen und die Worte »Ich gebe auf«) zugleich bedeutet, dass man aufgibt und die Ausbildung abbricht.
    Es klingt vielleicht unglaubwürdig, aber meinem gebrochenen Fuß ging es besser, je mehr Zeit verstrich. Vielleicht hatte ich mich einfach nur so sehr daran gewöhnt, dass es für mich zur Normalität wurde. Was ich aber gar nicht ausstehen konnte, das war die Kälte. Halb nackt am Strand im Wasser zu liegen und mir meinen Hintern abzufrieren – das war das Schlimmste. Meine Arme hakte ich bei den Jungs ein, die neben mir lagen, und klapperte am ganzen Leib, mein Körper vibrierte förmlich durch die Kälte. Ich hoffte insgeheim, dass jemand auf mich pinkeln würde.
    Das dachte sicher jeder. Urin war so ziemlich das einzig Warme, das uns in jener Situation zur Verfügung stand. Wenn Sie zufällig einen BUD/S-Kurs am Strand beobachten und einen Pulk Männer sehen sollten, die sich dicht zusammendrängen, dann liegt das sicher daran, dass einer gerade pinkelt und die anderen ein bisschen von dieser Wärme zu erhaschen versuchen.
    Hätte die Glocke nur ein bisschen näher gehangen, wäre ich vielleicht aufgestanden, hätte den Weg dorthin zähneklappernd zurückgelegt und das gute Stück geläutet, um meinen heißen Kaffee und den Donut abzuholen. Aber ich tat es nicht.
    Entweder war ich zu stur, um aufzugeben, oder einfach nur zu faul zum Aufstehen. Sie können es sich aussuchen.
    Ich hatte alle möglichen Gründe, nicht aufzugeben. Ich erinnerte mich an jede einzelne Person, die mir zuvor prophezeit hatte, ich würde das BUD/S-Training ohnehin nicht schaffen. Indem ich durchhielt, würde ich ihnen beweisen, dass sie Unrecht gehabt hatten. Der Anblick all der Schiffe, die vor der Küste vor Anker lagen, war ein weiterer Anreiz: Ich fragte mich selbst, ob ich jemals auf einem solchen Dampfer landen wollte.
    Auf keinen Fall.
    Die Höllenwoche begann an einem Sonntagabend. So gegen Mittwoch begann ich langsam zu glauben, dass ich sie schaffen konnte. Zu jenem Zeitpunkt wollte ich nur noch eines: wach bleiben. (Ich hatte bis dahin etwa zwei Stunden geschlafen, und das nicht einmal am Stück.) Die körperlichen Belastungen hatten inzwischen nachgelassen und waren einer eher geistigen Herausforderung gewichen. Viele

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