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Sniper

Sniper

Titel: Sniper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Kyle , Scott McEwen , Jim DeFelice
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konnte. Sobald ich dazu in der Lage war, musste ich den Ausbildern zur Hand gehen, mein tägliches Trainingspensum absolvieren und mit einer Klasse Weißhemden (die in der ersten Phase waren) Laufrunden drehen, während sie ordentlich fertiggemacht wurden.
    2
    Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich für mein Leben gerne Tabak kaue.
    Schon als Jugendlicher fing ich damit an. Mein Vater erwischte mich zum ersten Mal beim Tabakkauen, als ich noch in der Highschool war. Er hielt nichts davon und hatte sich vorgenommen, mir diese Angewohnheit ein für allemal auszutreiben. Deshalb zwang er mich eines Tages dazu, eine ganze Dose Tabak mit Minzaroma zu kauen. Auf einmal, versteht sich. Bis heute kann ich nicht einmal mehr Zahnpasta benutzen, die nach Pfefferminz schmeckt.
    Andere Geschmacksrichtungen stehen allerdings auf einem anderen Blatt. Heutzutage ist Copenhagen meine Lieblingsmarke.
    Als SEAL-Anwärter darf man während des BUD/S-Trainings keinen Tabak besitzen. Aber als Zurückgestellter dachte ich, würde ich damit durchkommen. Eines Tages steckte ich mir etwas Copenhagen in den Mund und schloss mich einer Gruppe für die tägliche Laufeinheit an. Ich hielt mich mitten im Pulk und war überzeugt, dass niemand auf mich achten würde. Falsch gedacht.
    Ehe ich mich versah, kam einer der Ausbilder zu mir und fing an, mich in ein Gespräch zu verwickeln. Sobald ich den Mund aufmachte, sah er, dass ich Tabak kaute.
    »Runter!«
    Ich verließ die Formation und ging in den Liegestütz.
    »Wo ist Ihre Dose?«, wollte er wissen.
    »In meinem Strumpf.«
    »Her damit.«
    Ich musste natürlich in der Liegestützposition bleiben, während ich das tat, also griff ich mit der Hand nach hinten und holte sie hervor. Er öffnete die Dose und stellte sie vor mir ab. »Aufessen.«
    Immer wenn ich für den Liegestütz nach unten kam, musste ich einen Bissen von dem Copenhagen nehmen und herunterschlucken. Ich hatte im Alter von 15 Jahren angefangen und hatte meinen Tabak schon öfter heruntergeschluckt, wenn ich fertig war, weshalb das für mich nicht ganz so schlimm war, wie es vielleicht klingt. Es war auf jeden Fall nicht so schlimm, wie es sich mein Ausbilder erhofft hatte. Wäre es Minze gewesen, hätte es vielleicht anders ausgesehen. Er war verärgert, weil ich mich nicht erbrach. Also bearbeitete er mich mehrere Stunden mit allen möglichen Übungen. Ich übergab mich auch fast – aber nicht wegen des Copenhagens, sondern vor Erschöpfung.
    Schließlich ließ er von mir ab. Von da an kamen wir gut miteinander aus. Es stellte sich heraus, dass er selbst Tabak kaute. Er und ein anderer Ausbilder aus Texas fanden mich gegen Ende des BUD/S sogar ganz sympathisch, und im Laufe des weiteren Kurses lernte ich noch enorm viel von den beiden.
    Viele Menschen staunen, wenn sie hören, dass Verletzungen nicht zwingend dazu führen, dass man aus dem Auswahlverfahren für die SEALs fliegt, es sei denn, sie sind so gravierend, dass sie der Karriere in der Navy ein Ende setzen. Das ergibt jedoch Sinn, weil es in der Ausbildung zum SEAL mehr um Willens- als um Körperkraft geht. Sofern man also die mentale Stärke besitzt, eine Verletzung zu überwinden und das Programm zu beenden, hat man eine echte Chance, ein guter SEAL zu werden. Ich persönlich kenne einen SEAL, der sich in der Ausbildung seinen Oberschenkel so unglücklich brach, dass ihm ein künstliches Hüftgelenk eingesetzt werden musste. Er musste anderthalb Jahre bis zu seiner Genesung warten, schaffte dann aber das BUD/S.
    Man hört immer wieder, dass Anwärter nur deshalb durch die BUD/S-Ausbildung fallen, weil sie mit ihrem Ausbilder in Streit geraten und ihn verprügeln. Wer auch immer so etwas berichtet, lügt wie gedruckt. Niemand legt sich mit dem Ausbilder an. Das macht man einfach nicht. Glauben Sie mir, selbst wenn man es probieren würde, kämen sofort mehrere seiner Kollegen herbeigeeilt und würden einen so dermaßen verprügeln, dass man nie wieder einen Fuß vor den anderen setzen könnte.
    Marcus
    Man freundet sich im BUD/S zwar mit seinen Kameraden an, versucht aber trotzdem eine gewisse Distanz zu wahren, zumindest solange die Höllenwoche noch nicht abgeschlossen ist. Denn dort werden sehr viele Anwärter ausgesiebt. Aus meinem Kurs schafften es zwei Dutzend Männer bis zum Ende; weniger als zehn Prozent der ursprünglichen Zahl an Anwärtern.
    Ich war einer von ihnen. Ich hatte mit dem Kurs Nummer 231 angefangen, aber durch die Zurücksetzung beendete ich meine

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