So coache ich
unkollegial ehrgeizig und die Dritten kompliziert – immer wieder müsse sie sie »zusammenstauchen«, damit sie mehr leisteten. Mir fällt ihre harte Stimme und die abwertende Art auf, wenn sie auf ihre Mitarbeiter zu sprechen kommt. Und das stört mich zunehmend.
Zwischendurch kommt sie mit großer Begeisterung auf ihre beiden Hunde zu sprechen. Der eine, ein Rassehund, wird immer wieder einmal auf Zuchtschauen mit Preisen bedacht. Den anderen Hund habe sie vor einigen Jahren aus dem Tierheim geholt, der sei auch sehr nett, erzählt sie.
Ich greife dieses Bild auf und frage sie, ob sie den Hund aus dem Tierheim dafür verachte, dass er kein Prachtexemplar sei und man keine Auszeichnungen mit ihm gewinnen könne.
»Aber natürlich nicht«, sagt sie entrüstet. Der habe ja andere Qualitäten, der sei sehr zutraulich, verspielt, kuschle gerne und sei einfach richtig lustig. Sie lächelt versonnen.
Ich mache Angelika auf die unterschiedliche Betrachtungsweise ihrer Mitarbeiter und ihrer Haustiere aufmerksam. »Bei den einen verachten Sie die Unterschiedlichkeit, bei den anderen schätzen Sie sie. Was fällt Ihnen dabei auf?«
»Dass ich Tiere mehr liebe als Menschen?«, fragt sie zögerlich.
»Ist es so?«, frage ich zurück.
»Ja, kann schon sein. Auf Tiere kann man sich wenigstens verlassen.«
Das wäre ein Weg zum Weiterfragen: »Warum haben Menschen Sie enttäuscht?« »Leben Sie deswegen allein?« Sehr schnell kämen wir damit in die Psycho-Ecke. Aber diesen Weg gehe ich nicht mit ihr, denn es gibt eine konkrete Aufgabenstellung des vereinbarten vierstündigen Coachings – und die lautet »Berufliche Zufriedenheit«. Deshalb möchte ich auf etwas anderes hinaus. Ich gebe uns eine halbe Stunde, um etwas aus ihrer Hundeliebe und Menschenskepsis zu machen, was zu mehr Jobzufriedenheit führen könnte.
»Wenn Sie Ihre Mitarbeiter mit Hunden vergleichen würden, wie würden Sie jeden von ihnen beschreiben? Und was würden Sie an jedem dieser Hunde mögen?«
Sie lacht. Ja, diese Übung macht ihr Spaß.
»Also, der Heiner ist ein ganz normaler Straßenköter. Nicht besonders attraktiv, aber auf allen Straßen zu Hause. Der konnte sich in allen Situationen durchbeißen, auch wenn er jetzt ein bisschen alt geworden ist. Der hat schon viel erlebt, manchen Kampf bestanden. Manchmal fehlt ihm jetzt der aggressive Biss.«
Aus ihrer Beschreibung spricht Wertschätzung und Kritik. Ich konzentriere mich auf die Wertschätzung. Deshalb frage ich sie: »Was mögen Sie an ihm?«
»Heiner kann ich zu den schwierigsten Kunden schicken. Mit seiner Erfahrung und seiner Gelassenheit wirkt
er sehr vertrauenswürdig. Er ist schon seit über 20 Jahren im Team.«
Ihre Stimme ist jetzt sehr viel weicher als vorher: »Von seiner Erfahrung könnten die anderen viel profitieren.«
»Okay, der Nächste?«
»Jutta ist eine hoch talentierte, aber sehr nervöse Hündin. Sie hat zwei Junge, um die sie ständig herumwieselt. Sie ist deshalb oft sehr abgelenkt. Immer wieder müssen wir wegen der Kleinen, also wegen der Welpen, Rücksicht auf sie nehmen. Das nervt oft.«
»Was schätzen Sie an ihr?«
»Hm, sie hat immer wieder supergute Ideen, für Aktionen zum Beispiel. Also, sie ist sehr kreativ. Aber als Chefin macht sie mich wahnsinnig. Ständig hat sie private Termine …«
»Was schätzen Sie an ihr?«, wiederhole ich.
»Ja, eben ihre Kreativität. Sie bringt richtig Schwung ins Team. Verlässt eingefahrene Wege, macht Dinge anders als früher und ist dabei ziemlich erfolgreich. Wenn sie nicht …«
»Stopp!« Ich schreibe die positive Einschätzung von Jutta neben die von Heiner.
»Zur Nächsten.«
»Inken ist noch ein junger Hund. Oft noch zu verspielt. Sie muss noch viel lernen, hat aber auch Spaß daran. Wenn ich mehr Zeit hätte, würde ich sie mehr trainieren. Eine Hundeschule würde ihr richtig guttun. Also, gutes Hunde-Material, ausbaufähig …«
»Ein zukünftiges Prachtexemplar?«
Angelika lacht. »Ja, kann ich mir durchaus vorstellen. Wenn ich mehr Zeit fürs Training mit ihr hätte. Müsste ich mir irgendwie freischaufeln …«
»So, zum Nächsten.«
»Michael ist ein ziemlich aggressiver Hund, sagen wir mal, ein verzogener Boxer. Er beißt andere Hunde weg, lässt niemanden an sich heran. Sein Charme erschließt sich erst
auf den zweiten Blick. Er versteht sich nicht besonders mit den anderen Hunden in meinem Team. Der typische Einzelgänger.«
»Was schätzen Sie an ihm?«
»Puh, der gibt nicht
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